Erdogan will schnell Todesstrafe wieder einführen

Der türkische Präsident will das Parlament über die Einführung der Todesstrafe abstimmen lassen

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Angekündigt hat Erdogan dies schon länger, nun schreitet er zur Tat. Angesichts der Mehrheit im Parlament ist die Umsetzung seines Anliegens ziemlich sicher. Die Einführung der Todesstrafe werde schnell kommen, sagte er: "Wir machen, was das die Nation verlangt."

Damit rückt die Türkei nochmals ein Stück weiter von Europa ab. Denn dies würde ziemlich wahrscheinlich bedeuten, dass die Aufhebung der Visumspflicht für türkische Staatsbürger sowie der EU-Beitritt der Türkei vom Tisch sind. Wie Merkel nun die Aufrechterhaltung des Flüchtlingsdeals weiterhin rechtfertigen wird, darauf darf man gespannt sein.

Dass das türkische Militär Kriegsverbrechen begeht, kann nun unmissverständlich belegt werden: In den sozialen Medien kursiert ein Video, aufgenommen von einem beteiligten türkischen Soldaten in den Bergen im Südosten. Darauf ist zu sehen, wie zwei Frauen mit mehreren Schüssen hingerichtet werden. Nach der Exekution sagt einer der Soldaten: "Jetzt ist genug. Stoppen wir." Dies berichtet das Onlinemedium Gundemnews.com, das sich auf einen Tweet von Celalettin Özdemir beruft:

Weitere Schikanen nur an einem einzigen Tag, am Samstag, den 29.10.2016:

  • Am heutigen Nationalfeiertag wurden in Cizre Geschäftsleute vom eingesetzten Statthalter gezwungen, die türkische Fahne aufzuhängen. Dies erinnert an die Fahnenpflicht im 3. Reich.
  • Gegen die HDP-Ko-Vorsitzende und Parlamentsabgeordnete Figen Yüksekdağ wurde heute wegen angeblicher "Fluchtgefahr" ein Ausreiseverbot ausgesprochen. Außerdem muss sie sich nun regelmäßig bei der Polizei melden.
  • Nach einer Meldung des Kommunikationswissenschaftlers Kerem Schamberger wurden u.a. die türkische Nachrichtenagentur DIHA (Dicle Haber Ajans), die Zeitung Yüksekova Haber und die letzte kurdischsprachige Tageszeitung Azadiya Welat verboten. Auch die weltweit einzige Nachrichtenagentur JINHA, die von Frauen für Frauen gemacht wird und nur über Frauenthemen berichtet, wurden verboten.
  • Schamberger veröffentlichte auf Facebook eine Liste der verbotenen Medien. Nun gibt es endgültig keine unabhängigen Medien mehr in der Türkei.
  • Schamberger berichtete darüber hinaus, dass in Genç bei Bingöl die Vorstände der HDP und DBP festgenommen wurden. Heute wurde das Büro der beiden Parteien von Polizisten und Dorfschützern abgebrannt.
  • Weitere 10.158 Staatsangestellte und Beamte wurden entlassen, darunter auch 1267 Akademiker.

Seit der Verhaftung von Kisanak (Oberbürgermeisterin von Diyarbakir) gibt es in fast allen kurdischen Gebieten kein Internet. Damit werden nicht nur Informationen unterdrückt, sondern das hat auch Auswirkungen auf den Alltag der Bürger. Weil kein Datenabgleich per Netz möglich ist, können die Menschen kein Geld am Geldautomaten abheben, keine Überweisungen mit Geldkarte tätigen, nicht mit Kreditkarten bezahlen, was in der Türkei weit verbreitet ist.