USA: Hohe Geldstrafe für Monsanto

Dem Saatgutriesen wird vorgeworfen, dass er unerlaubt gentechnisch veränderten Baumwollsamen verkauft hat

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Es ist eine Strafe in Rekordhöhe, was solche Fälle anbelangt, und Beobachter erkennen darin sogar, ein Zeichen für eine politische Wende der US-Regierung in ihrem Verhalten gegenüber dem Industrieriesen: Die amerikanische Umweltschutzbehörde EPA hat den weltgrößten Saatgutkonzern und Monopoljäger Monsanto mit einer Geldstrafe von 2,5 Millionen Dollar belegt. Das Unternehmen hatte zwischen 2002 und 2007 trotz widersprechender gesetzlicher Regelungen (Federal Insecticide, Fungicide and Rodenticide Act - FIFRA) gentechnisch veränderte Baumwollsorten in Texas verkauft, ohne die Käufer wissen zu lassen, dass das Saatgut gegen örtliche Pestizid-Bestimmungen verstößt.

Die Saatgutsorten Monsanto Bollgard und Bollgard II enthalten laut Angaben von Monsanto „ein gentechnisch induziertes, im Bodenbakterium Bacillus thuringiensis (B.t.) natürlich vorkommendes Protein“, das ein Bt-Toxin produziert. Es soll Schutz vor der Schädlingen („Tabakeule“, Baumwollkapselwurm und Baumwollbohrer) bieten. Die gentechnisch veränderte Baumwollsaat ist allerdings umstritten. Zum einen argumentieren Kritiker damit, dass das Toxin gleichermaßen gegen Schadinsekten wie Nützlinge vorgehe und auch nur begrenzt gegen Schädlinge wirke:

GMO-Baumwolle verursachte bereits drastische Ertragsausfälle in den USA, aber auch in Indien und China und veranlasste Monsanto zu Entschädigungszahlungen. Es sollte nicht publik werden, daß Bt-Baumwolle plötzlich ihre Kapseln abwirft oder sich besonders anfällig gegenüber Pilzkrankheiten zeigt.

Zum anderen verweist man auf Seiten der Kritiker auf die bei gentechnisch verändertem Saatgut typische Problematik der Einkreuzung und der möglichen schädlichen Wirkungen des Bt-Toxins „auf Nutzinsekten und andere pflanzen- oder insektenfressende Tiere“. Zu den fatalen unerwünschten Wirkungen rechnet man aber besonders die zum Teil katastrophalen Folgekosten für die Bauern:

Eine Studie des Landwirtschaftsministeriums des Bundesstaates Maharashtra zeigt, dass sich die Produktionskosten pro Hektar beinahe verdoppeln, wenn GVO-Baumwollsorten angebaut werden, in deren DNA ein Gen des Bakteriums Bacillus thuringiensis (Bt) eingefügt wurde. Hinzu kommt, dass der Nettoertrag von Bt-Baumwolle nur der Hälfte dessen entspricht, was der Anbau organischer Baumwolle erwirtschaftet.

Die Wochenzeitung, Januar 2010

In Indien wird seit 2002 großräumig gentechnisch veränderte (GVO) Baumwolle angebaut. Was von wissenschaftlichen Experten als Beitrag zur Armutsminderung beurteilt wird, sehen Kritiker anders. Für sie steht die Welle von Selbstmorden unter Kleinbauern in Zusammenhang mit dem Anbau von gentechnisch verändertem Baumwollsaatgut:

Eine Studie des Tata-Instituts für Sozialwissenschaften im Auftrag des Obersten Gerichts von Bombay zeigt, dass siebzig Prozent der BäuerInnen, die sich das Leben nahmen, Bt-Baumwolle angebaut hatten. Grund für die vielen Selbstmorde war die zunehmende Verschuldung der BäuerInnen wegen der steigenden Produktionskosten sowie aufgrund der immer stärkeren Abhängigkeit von aufwendigen Bewässerungssystemen, Kunstdünger und Pestiziden.

Im Fall der Strafe der US-Behörde gegen Monsanto wurde damit argumentiert, dass Schädlinge Resistenzen gegen die Pflanzenschutzmittel im Erbgut der Saat entwickeln können. In Indien soll es mittlerweile solche derart mutierten Schädlinge geben, nicht aber in den USA, so das Argument von Monsanto.

Die Strafe für Monsanto gilt für Vergehen in der Vergangenheit. Die Regelung wurde inzwischen aufgehoben. Solange Monsanto deutlich etikettiert, dass das gentechnisch veränderte Saatgut B.t. enthält, darf der Konzern offensichtlich weiter Bollgard-Baumwollsaatgut verkaufen. So bleibt denn auch die Freude des französischen Anwalts für Umweltschutz, Arnaud Gossement, der das Urteil als wegweisend wertet, vor allem auf Hoffung gegründet:

Ich behaupte nicht, dass man von den Flitterwochen zur Scheidung übergegangen ist, aber es gibt eine Veränderung in den Beziehungen zwischen der amerikanischen Regierung und diesem Unternehmen (Monsanto, Einf. d. A.) - innerhalb eines Kontextes, der von der BP-Ölpest und Vertrauensverlust gegenüber den Versprechungen großer Konzerne geprägt ist.

Monsanto hat in die Entscheidung der EPA ohne Widerstände eingewilligt; die 2,5 Millionen Dollar Strafe sind zu verkraften.