Vier Bundesländer wollen Zahlungen an Kirchen verringern

Als Druckmittel für Vertragsänderungen könnten die umfassenden Steuerbefreiungen für Religionsgemeinschaften dienen

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Vor den im Juni beschlossenen Sparplänen der Bundesregierung war kaum jemandem bekannt, dass jenseits der Kirchensteuer Milliardenbeträge aus der Staatskasse in die Taschen der staatlich privilegierten Religionsgemeinschaften fließen. Unter anderem bezahlen die Bundesländer fast 500 Millionen für Gehälter und Pensionen von Kardinälen, Bischöfen, Pfarrern, Küstern und anderen Kirchenangestellten.

Alleine der nach etlichen Skandalen aus dem Amt gedrängte ehemalige Augsburger Bischof Mixa kassiert monatlich eine Staatsapanage in Höhe von über 5.400 Euro. Berücksichtigt man die bundesweite Verteilung, kommen etwa zwei Drittel dieser Summe aus den Einkommen protestantischer und konfessionsloser Steuerzahler.

Nun hat der schleswig-holsteinische FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki angekündigt, solche Zahlungen in seinem Bundesland um 10 bis 15 Prozent verringern zu wollen. Die niedersächsische FDP hat laut Fraktionschef Christian Dürr Ähnliches vor. Im Saarland und in Brandenburg äußerten Grünen- beziehungsweisen Linken-Vertreter entsprechende Absichten. Dazu will man die gut 200 Jahre alten Verträge mit den Kirchen neu aushandeln. Ein insofern problematischer Weg, als für eine Vertragsänderung die Zustimmung von mindestens zwei Parteien vonnöten ist.

Wolfgang Kubicki. Foto: Λοũκας. Lizenz: CC-BY-SA.

Allerdings könnte ein Einlenken der katholischen und lutherischen Bürokratien zu einer Senkung der Zahlungen (wenn dies wirklich politisch gewollt ist) auf relativ einfache Weise erreicht werden - denn bei Weitem nicht alle Zuwendungen an und Vergünstigungen für die Kirchen gründen auf Verträgen. Sehr leicht einseitig ändern ließen sich beispielsweise die zahlreichen Steuerbefreiungen, aus denen dem Fiskus Mindereinnahmen in erheblicher Höhe entstehen.

Alleine durch einen Wegfall der Grundsteuerbefreiung könnte der Staat den Kommunen auf einen Schlag riesige Mittel zuführen - denn mit einer Fläche von zusammengerechnet mehr als Hälfte Schleswig-Holsteins sind die Kirchen in Deutschland die größten privaten Grundbesitzer.

Die Aufhebung der Befreiung von der Zinsabschlags-, der Kapitalertrags- und der Körperschaftsteuer würde dagegen Bund und Länder bei der Haushaltssanierung ein gutes Stück weiter bringen. Denn den Religionsgemeinschaften gehören nicht nur Grundstücke, sondern auch Wirtschaftsunternehmen wie Banken und Brauereien. Durch die Steuerbefreiungen ist die genaue Vermögensmenge allerdings nicht bekannt. Als der Spiegel bei den katholischen Bistümern unlängst eine Rundfrage dazu durchführte, verweigerten 25 von 27 Angaben mit Begründungen wie "Das ist einfach so" und "Ich habe keine Lust, darüber mit Ihnen zu sprechen."

Weitere Einnahmen entgehen dem Staat dadurch, dass Kirchensteuerausgaben anders behandelt werden als Spenden an gemeinnützige Vereine. Letztere sind nämlich, im Gegensatz zur Kirchensteuer, nur begrenzt von der Einkommensteuer absetzbar. Alleine diese unbegrenzte Absetzbarkeit als Sonderausgabe kostete dem Subventionsbericht der Bundesregierung zufolge im letzten Jahr 2,94 Milliarden Euro.

Für das Einziehen der Kirchensteuer durch die Finanzämter erhält der Staat zwar eine Ausgleichszahlung - allerdings entspricht diese Kritikern zufolge bei Weitem nicht den Summen, welche die Religionsgemeinschaften ohne diese Hilfsleistung aufwenden müssten. Zudem könnte der Gesetzgeber Unternehmen für die kostenlose Buchhaltungsarbeit, die sie zum Kirchensteuerabzug aufwenden müssen, einen Erstattungsanspruch gewähren.

Von den Kirchensteuern werden nach Recherchen des Augsburgers Gerhard Rampp vom Bund für Geistesfreiheit nur etwa acht Prozent für soziale Zwecke ausgegeben. Dass gemeinhin geglaubt wird, dieser Anteil läge wesentlich höher, liegt zu einem großen Teil daran, dass formell von den Kirchen getragene Einrichtungen häufig zu 90 Prozent und mehr aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert werden. Würden Bund, Länder und Kommunen das Geld stattdessen für eigene Schulen, Kindergärten, Altersheime und Armenspeisungen ausgeben, hätten die Kirchen wahrscheinlich einen erheblichen Imageverlust zu verzeichnen.