Angebot und Nachfrage statt Kirchensteuer

Der Papstbesuch in Großbritannien wird unter anderem durch Eintrittsgelder finanziert

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Von 16. bis 19. September macht Papst Benedikt XVI., der Herrscher des Vatikan, einen Staatsbesuch in Großbritannien. Zuerst trifft er im schottischen Edinburgh die englische Königin, dann reist er weiter nach Glasgow, wo er eine Messe im Bellahouston Park liest. In London besucht er das St Mary's University College, hält eine Abendandacht im Hyde Park und spricht mit Premierminister Cameron, dessen liberaldemokratischem Stellvertreter Clegg, dem Vorsitzenden der oppositionellen Labour Party und dem Erzbischof von Canterbury. Außerdem wird er im Birminghamer Cofton Park dem Konvertiten John Henry Newman seligsprechen.

Eingeladen wurde der Papst noch vom Ex-Labour-Premier Gordon Brown - und die seit 11. Mai amtierende neue Regierung machte bisher nicht immer den Eindruck, dass sie mit dem teuren Ereignis ganz zufrieden ist. Immerhin muss sie alleine für den Staatsbesuchsanteil des viertägigen Ereignisses nach Presseschätzungen bis zu 12 Millionen Pfund zusätzlich einer unbekannten Summe für Polizeieinsätze aufwenden, was in den Medien und der Bevölkerung auf scharfe Kritik stößt. Für den rein religiös bedingten Teil der möglicherweise deutlich mehr als 20 Millionen Pfund Gesamtkosten soll die katholische Kirche selbst aufkommen.

Benedikt XVI. Foto: Fabio Pozzebom. Lizenz: CC-BY-2.5

Die kassiert jedoch im Vereinigten Königreich (anders als in Deutschland, Österreich und Teilen der Schweiz) keine Kirchensteuer, sondern muss sich vorwiegend aus Spenden finanzieren. Bis Anfang Juli kamen nur etwa 5 Millionen Pfund an freiwilligen Zuwendungen für den Papstbesuch zusammen. Allerdings sollen zu den "Events" im September ausschließlich Besucher mit "Pilgerpässen" zugelassen werden, für deren Erhalt wiederum besondere "Spenden" verlangt werden, über deren Höhe die katholische Kirche ganz konkrete Vorstellungen hat:

So soll ein Pilgerpass für die Seligsprechung, zu der 70.000 Teilnehmer erwartet werden, 25 Pfund kosten. Billiger ist die Abendandacht im Hyde Park, für die man 10 Pfund verlangt und an der 130.000 Zuhörer teilnehmen sollen. Kirchensprecher wollten diese Summen gegenüber der Presse nicht als Zugangsgebühr sehen und meinten, dass kein Gläubiger zahlen müsse, wenn er dies nicht könne. Außerdem rechtfertigten sie den Preis der Pilgerpässe mit Informationsbroschüren, einer CD und Berechtigungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, die man anderswo freilich deutlich günstiger erwerben könnte.

In Großbritannien gibt es unter etwa 62 Millionen Einwohnern knapp 5 Millionen Katholiken, wobei der Anteil in Schottland ungefähr doppelt so hoch liegt wie in England. In großen Teilen der Bevölkerung sieht man das Kommen des Pontifex eher kritisch: Unter anderem gab es eine Petition gegen den Besuch und der Evolutionsbiologe Richard Dawkins, der Publizist Christopher Hitchens sowie der Anwalt Geoffrey Robertson regten unter großer Medienaufmerksamkeit an, Josef Ratzinger wegen des Verdachts der Vertuschung von Kindsmissbrauch festzunehmen und vor ein britisches Gericht zu bringen.

Darauf hin kündigte Justizminister Ken Clarke kurzfristige Gesetzesänderungen an, die es erschweren sollen, im Ausland begangene Taten wie Kriegsverbrechen, Folter und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Vereinigten Königreich zu ahnden. Die BBC nutzte die Aufmerksamkeit, die das Vorhaben erregte, zur Produktion der Fernsehsendung The Pope on Trial, in welcher Benedikt XVI. fiktional vor Gericht gestellt wird. Sie soll während des Besuchs im September ausgestrahlt werden.