US-Wirtschaft mit Schüttelfrost

Der US-Immobilienmarkt gerät vom Regen in die Traufe und die FED kündigt weitere "unkonventionelle Maßnahmen" an

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Die Nachrichten aus den USA weisen immer deutlicher darauf hin, dass ein erneuter Rückfall in die Rezession nicht mehr nur ein Schreckgespenst ist. Nach neuen Daten aus dem Handelsministerium vom Freitag, ist die US-Wirtschaft im 2. Quartal deutlich schwächer gewachsen, als bisher berechnet worden war. Immer dramatischer entwickelt sich die Lage auf dem Häusermarkt, denn die Verkäufe bestehender Häuser sind im Juli sogar um über 27% eingebrochen. Die US-Notenbank kündigte nun weitere "unkonventionelle Maßnahmen" zur Stützung der Wirtschaft an.

Die Hinweise darauf häufen sich, dass die größte Volkswirtschaft der Welt wieder in die Rezession zurückfallen könnte und die Ängste vor dem "Double-Dip" werden immer stärker (Die Gefahr eines "Double-Dip" wächst). Inzwischen sorgen zum Beispiel an den Finanzmärkten die schlechten Wirtschaftsdaten sogar schon ein wenig für Erleichterung, weil sie nicht noch schlechter ausfallen. So war am Freitag ein gewisses Aufatmen an den Börsen zu verspüren, als die revidierten Daten zur Wirtschaftsentwicklung im 2. Quartal vom US-Handelsministerium bekannt gegeben wurden.

Eigentlich ist es ja ein schlechtes Zeichen, dass die US-Wirtschaft ihr Wachstum noch drastischer gedrosselt hat, als bisher schon berechnet worden war. Nach den nun revidierten Berechnungen stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 2. Quartal mit einer aufs Jahr hochgerechneten Rate nur um 1,6%. Bisher war man im Handelsministerium davon ausgegangen, dass das Wachstum zwischen April und Juni noch 2,4% betragen habe. Damit ist das BIP-Wachstum um fast 1% geringer ausgefallen, als Wall-Street-Analysten im Schnitt erwartet hatten. Die hatten allerdings wegen der schlechten Konsumlaune und den Entwicklungen am Arbeitsmarkt inzwischen sogar erwartet, dass das Ministerium das Wachstum sogar auf 1,4% reduzieren könnte, weshalb die schwachen 1,6% mit etwas Erleichterung aufgenommen wurden.

Entscheidend für die Revision nach unten war, dass die Importe im 2. Quartal extrem stark zugelegt haben. Sie waren um 32% angestiegen. Das Wachstum war zu hoch angesetzt worden, weil das Außenhandelsdefizit deutlich zu niedrig veranschlagt worden war. Die Importe fielen so hoch aus, wie zuletzt im 1. Quartal 1984 nicht mehr. Und gerade hier zeigt sich auch, warum Deutschland als Exportnation wegen des schwachen Euro im 2. Quartal ein Rekordwachstum von 2,2% hingelegt hat (Trotz Rekordwachstum keine Feierlaune). Dass deshalb trotzdem keine Feierlaune an den Finanzmärkten Börsen aufkam, obwohl deutsche Politiker den "Aufschwung XXL" herbeireden wollen, wir an den Zahlen aus den USA deutlich. Statt eines konjunkturellen Sommernachtstraums dürfte auch Deutschland eher eine japanische Entwicklung blühen. Der abbrechende Exportboom hatte in Japan schon dafür gesorgt, dass das starke Wachstum im Vorquartal auf geschätzte 0,1% im 2. Quartal eingeschnurrt ist.

Doch zurück in die USA. Dort ist man schon froh, wenn die Arbeitslosigkeit nicht noch stärker als ohnehin erwartet ansteigt. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sind leicht gesunken. Statt 500.000 wie in der Vorwoche, waren es in der letzten Woche 473.000. Gerechnet wurde damit, dass die Zahl nur um 10.000 zurückgehen würde, weshalb diese scheinbar positive Nachricht den Börsen am Donnerstag etwas Schwung verliehen hat. Doch schaut man sich den Vierwochen-Durchschnitt an, dann lag die Zahl der Erstanträge mit 486.750 so hoch wie seit neun Monaten nicht mehr. Ohnehin ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen auf einem Niveau angelangt, das seit der Großen Depression in den 1930er Jahren nicht mehr verzeichnet wurde.

Düster in der Industrie, dunkel auf dem Häusermarkt, wo die Krise begann

Trübe Nachrichten kommen aber auch aus der Industrie. Die Auftragseingänge für langlebige Güter (ohne schwankungsanfällige Transportgüter) gingen im Juli um 3,8% zurück. Das ist ein Wert, wie man ihn zuletzt am bisherigen Höhepunkt der Krise erlebt hatte, im Januar 2009. Dabei hatten die Analysten einen schwachen Zuwachs um 0,5% erwartet. Besonders fiel hier auf, dass die Aufträge für Maschinen sogar um 15% in die Knie gingen. Deutlich waren auch die Rückgänge im Bereich Computer und Elektronik.

Doch wo sich die Lage wirklich dramatisch entwickelt, ist auf dem Häusermarkt. Der bricht immer weiter ein. An der Ecke, an der die Finanzkrise einst aufgebrochen ist (Spekulationsblase in den USA platzt), ist von Erholung weiterhin nichts zu spüren. Und eines kann eigentlich nicht oft genug gesagt werden: Ohne die Stabilisierung des Immobilienmarkts in den USA wird es kein Ende der Krise geben. Die Zahlen am Häuser- und Immobilienmarkt sind extrem schlecht. Für den Juli hat der Maklerverband National Association of Realtors gemeldet, dass im Jahresvergleich gut 27% weniger Häuser verkauft wurden, obwohl die Preise weiter fallen.

Inzwischen ist eine annualisierte Rate von 3,83 Millionen Einheiten erreicht, erwartet wurde allseits, dass es fast eine Million mehr sein würden. Tatsächlich wurden nur noch gut die Hälfte der Häuser verkauft wie vor der Krise. Die Zahl der Häuser auf dem Markt stieg dagegen um 2,5% weiter an. Es sind nun knapp 4 Millionen, womit der Druck auf die Preise weiter zunimmt. Die Verkäufe neuer Häuser sanken im Juli um fast 12,5% auf 276.000. Das ist noch deutlich weniger, als die geringe Zahl von 330 000 Häuser, mit der Volkswirte allgemein gerechnet hatten. Analysten erklären, dass auf dem Häusermarkt der Double-Dip längst angekommen ist. "The U.S. housing sector is clearly double-dipping — that dive to 3.83 million units in July undercut the 'depression' low of January 2009 by 15%!"

Die Nachrichtenagentur Bloomberg stellte zu den Zahlen ernüchternd fest, dass es der Häusermarkt war, der die USA aus sieben der letzten acht Rezessionen herausgezogen hat. Deshalb steigen angesichts dieser Horrorzahlen vom Häusermarkt die Befürchtungen, dass das miese Immobiliengeschäft die USA wieder in die Rezession stürzen wird. Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Investitionen in Häuser und in die damit zusammenhängende Dienstleistungen für 15 % der gesamten Wirtschaftsleistung verantwortlich sind.

Schleusen wieder auf?

Nachdem die US-Notenbank (FED) die Notenpresse wegen der schlechten Entwicklung längst wieder angeworfen hat, wird nun erwartet, dass die FED jetzt wieder alle Schleusen öffnet. Diese Einschätzung hat denn auch FED-Chef Ben Bernanke genährt. Er hat zum Auftakt des alljährlichen Treffens der Zentralbanker am Freitag erklärt, die FED werde "alles tun was sie kann", um die Konjunktur nicht in die Rezession absinken zu lassen. Allerdings, um keine weitere Panik aufkommen zu lassen, sprach er natürlich diplomatisch davon, die "Erholung der Konjunktur zu sichern".

Dass die Schleusen sogar noch weiter als bisher geöffnet werden könnten, zeigte sich an seinen Worten, wonach die FED bereit sei, "eine weitere geldpolitische Lockerung durch unkonventionelle Schritte einzuleiten, wenn es sich als notwendig herausstellen sollte", sagte Bernanke in seiner mit Spannung erwarteten Rede. Ein Ankauf weiterer Staatsanleihen und anderer Wertpapiere sei denkbar, deutete er einige Maßnahmen an. Die FED hat ohnehin schon für Hunderte Milliarden Dollar US-Staatsanleihen gekauft. Dazu kommen gut eine Billion Dollar für Unwertpapiere, wie immobilienbesicherte Anleihen und Papiere der verstaatlichten Hypothekenfinanzierer, die in FED-Bilanz übernommen wurden.