Secundum Movens

Kung Fu Rider

Mit dem "Move"-Controller-System schickt Sony seine bewegungssensitive Spielsteuerung ins Rennen

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Die im Vergleich mit Microsofts und Sonys Konkurrenz-Konsolen der dritten Generation stets etwas rückständig wirkende „Nintendo Wii“ hat ihre Marktführerschaft allein durch die bislang unikale Bewegungssteuerung mittels „Wii-Mote“ behaupten können. Nun schicken sich jedoch beide Widersacher an, ihre Systeme durch ähnliche Controller zu ergänzen. Sonys „Move“ macht dabei den Anfang.

Ab dem 15. September sind die „Move“-Controller als Steuerung für die PlayStation 3 im Handel. Zusätzlich zum Haupteingabegerät („Move Motion“) wird es einen nicht-bewegungssensitiven Analog/Digital-Steuerungsstick („Move Navigation“) für die zweite Hand geben. Die Übermittlung der Steuerungsdaten vom „Move“-Controller an die Konsole geschieht mittels interner Bewegungs- und Beschleunigungssensoren, als Bluetooth-Signale an die PS3 gefunkt, sowie eines optischen Systems.

„Move“-Controller und die ergänzende "Move Navigation"

Für das Steuerungssystem benötigt die Steuerung eine „PlayStation Eye“-Kamera, die die Leuchtsignale des „Move“-Controller-Kopfes empfängt. Dabei wird der sich je nach Verschiebung im Raum in der (scheinbaren) Größe verändernde Leuchtpunkt ausgewertet und gleichzeitig seine Bewegung gemessen. Für jeden Spieler wird die Steuerung neu (und sehr schnell) kalibriert. Damit ist das „Move“-System wesentlich präziser als die kombinierte Infrarot- und Funk-Steuerung von „Wii-Mote“ und „Nunchuk“. Nun müssen die Spiele beweisen, dass die Steuerung innovativ eingesetzt werden kann.

Aus Alt mach Neu

Zusammen mit der Testversion des „Move“-Controllers hat Sony Vorabversionen von einigen Spielen ausgeliefert, die das neue Steuerungskonzept in seinen Besonderheiten ausloten sollen. Die Eyepet Move Edition ist dabei ein früher Stellvertreter für all jene Games, die qua Software-Update für die neue Steuerung kompatibel gemacht werden sollen. Das Eyepet-Spiel war bereits 2009 für die PS3 erschienen. Es handelt sich dabei weniger um ein Spiel als um ein Spielzeug: Ein virtuelles Tier muss ausgebrütet, gepflegt und bespaßt werden, wobei sich die von der PS3 erzeugte Grafik mit dem durch die „Eye“-Kamera aufgenommenen Bild des realen Raums vermischt und auf diese Weise eine augmented reality generiert wird.

Anders als bei der herkömmlichen Steuerung wird der „Move“-Controller hier dazu eingesetzt, verschiedene Gadgets zu simulieren, mit denen das Tierchen bearbeitet werden kann. Dabei verwandelt sich das Gerät in der Hand zu einer Computergrafik, die bewegungs- und neigungsgenau mit der Hand mitgeführt wird. Das Spiel, das sicherlich für Kinder eher geeignet ist als für Erwachsene, zeigt die verblüffenden Möglichkeiten, die die Kopplung von „Move“-Controller und Kamera bietet; der Spaß hält sich – beim Tester - angesichts des recht kitschigen und infantilen Sujets jedoch in Grenzen.

Die Party geht los!

Ganz anders dagegen Start the Party!, das ein Set von Geschicklichkeitsspielen bietet, die ebenfalls mit der Generierung einer augmented reality arbeiten. In etwa zehn verschiedenen Disziplinen hat der Spieler dabei Insekten mittels virtueller Fliegenklatsche zu erledigen, Menschen mit einem Hubschrauber von Hochhäusern vor Godzilla zu retten, Fallschirmspringer mit einem Fächer vor gefräßigen Haien auf sichere Flöße zu wehen und Ähnliches. Der Spielspaß wird dabei durch die Verbindung absurder und witziger Grafiken mit den zeitweise recht hektischen Bewegungsmanövern erreicht.

Eines der Minispiele zeigt eine recht innovative Einsatzmöglichkeit des Controllers: Bei der Geisterjagd dient er als virtuelle Taschenlampe, deren Licht in bestimmten Augenblicken verdeckt werden muss, um nicht vom bösen Boss-Geist gesehen zu werden. Dazu muss der Spieler den leuchtenden Kopf des Controllers abdecken. Die Konsole erkennt dann, dass der Leuchtpunkt erloschen ist und verdunkelt das Bild. Das technische Konzept der Steuerung wird so auf gewitzte Weise „missbraucht“ und einigermaßen sinnvoll in die Spielhandlung integriert.

Sportskanonen

Die Königsdisziplin für bewegungssensitive Steuerungen stellen sicherlich die Sportspiele dar. Nintendo hat mit „Wii Sports“ die Latte schon recht hoch gehängt, aber auch gezeigt, worin die Probleme der Steuerung liegen. So werden zwar Bewegungen im Raum erkannt, aber feinste Lageänderungen, etwa die Drehung des Handgelenkes, werden beispielsweise beim Tischtennis-Spiel von der Nintendo-Konsole nicht interpretiert. Hier ist Sonys Steuerung klar im Vorteil, wenngleich im Tischtennis-Modul von Sports Champions (so der Titel der sechs Sportarten umfassenden Sammlung für die PS3) die leichte Verzögerung der Datenübertragung schon ein wenig zum Tragen kommt.

Spielspaß und Bewegungsvielfalt bieten die im Spiel vertretenen Sportarten jedoch allesamt. Der Schwierigkeitsgrad nimmt bei Spielen wie „Beach Volleyball“ und „Tischtennis“ von Gegner zu Gegner und Pokalspiel zu Pokalspiel merklich zu, sodass ein Durchmarsch hier weniger leicht möglich ist als bei „Start the Party“. Besonderen Hinweis – und deshalb hat das Spiel als einziges der Testspiele eine „ab 6 Jahren“-Empfehlung von der USK, während die anderen ohne Altersbeschränkung vertrieben werden – verdient das Schwertkampf-Modul, bei dem man mit Schwert, Axt, Keule oder Speer und Schild bewaffnet gegen den Computergegner antritt und diesen in „Tekken“-Manier ins K.O. (oder wohin man nach einem Axthieb immer auch gelangt) schicken muss. Ein zweiter „Move“-Controller kann hier für die Schildsteuerung eingesetzt werden.

Sports Champions

Wie bei Wii

Das letzte Spiel in der Vorabversionen, Kung Fu Rider zeigt deutlich, wie man es nicht machen sollte, wenn man mit dem Steuerkonzept eines Mitbewerbers konkurrieren möchte: Ein in schlichter Grafik gehaltenes „Martial Arts“-Spiel, bei dem man einen Mann auf einem Bürostuhl rollend an verschiedenen Hindernissen und Gegnern vorbei manövrieren muss. Dabei lassen sich – daher der Titel – Kung-Fu-Tritte austeilen. Abgesehen von der Links-Rechts-Steuerung und dem schnellen Vorstoß mit dem Gefährt ist keine Bewegung des Controllers simultan zur Bewegung auf dem Bildschirm, sondern muss mittels Tastendruck und Tasten-Bewegungs-Kombination recht aufwändig erlernt werden. Intuitiv ist das nicht.

„Kung Fu Rider“ zeigt zudem, dass eben nicht jedes Spiel(konzept) für die „Move“-Steuerung geeignet ist; in Anbetracht der ansonsten recht „Wii“-ähnlichen Grafik des Spiels kommt schnell der Eindruck auf, das Spiel sei allein wegen der Steuerung entwickelt worden und verfügt über sonst keine Qualitäten (was es leider mit dem überwiegenden Teil der Games für Nintendos Konsole gemein hat). Anstelle diesen Weg weiter zu verfolgen und einfach das „Wii“-Konzept zu übernehmen, was angesichts der „Move“-Steuerung und der immensen Zahl an „Wii“ spielenden Casual-Gamern sicherlich verführerisch erscheint, sollte Sony sich auf die Stärken der eigenen Konsole besinnen.

Kung Fu Rider

Sieht schlecht aus, fühlt sich gut an

Und diese Stärken liegen nun einmal in der hochauflösenden Grafik und der Rechenleistung der PS3. Dem steht zumindest bei jenen Spielen, die mit augmented reality arbeiten, die vergleichsweise schlechte Auflösung der „PlayStation Eye“-Kamera mit 640x480 Bildpunkten gegenüber. Die bekannten Probleme der Kamera (etwa der fehlende Weißabgleich, der bei Kunstlicht zu gelben Bildern führt oder das enorme Bildrauschen bei Halbdunkelheit) erben solche Spiele natürlich, worunter sie „sichtbar leiden“ (etwa wenn man am Ende der gewonnenen „Sports Champions“-Meisterschaft ein Foto von sich mit virtuellem Sportutensil in der Hand aufnehmen darf). Es wäre also an der Zeit, eine Kamera herauszubringen, die die Hochauflösung der PS3 voll unterstützt – und eine echte Herausforderung für Sony, die auf der 60 Hertz basierende Steuergenauigkeit des „Move“-Controllers trotzdem beizubehalten.

Sports Champions

Eine Empfehlung für den neuen Controller kann man jetzt wohl noch nicht aussprechen, dazu müssen zunächst weitere Spiele erscheinen bzw. ein Update bekommen. Wie sich „Move“ etwa im für nächstes Jahr angekündigten „Killzone 3“ machen wird, bleibt abzuwarten; für „Resident Evil 5“ erscheint in Kürze ein Update und das Rollenspiel „Ruse“ integriert die Steuerung bereits – eher schlecht als recht, wie man in der letzten c‘t lesen konnte. Der Preis des Controllers (mit circa 30 Euro) ist allerdings vergleichsweise so niedrig, dass er Experimentierfreudige durchaus anlocken könnte – und der Mehrwert der „PlayStation Eye“-Kamera, die man in der ca. 60 Euro teuren Bundle-Box mitbekommt, ist ja zudem auch für andere Spiele nutzbar.

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