7 für die Bibel und 3 plus für den Koran

Ein Australier testet religiöse Schriften auf ihren Gebrauchswert, indem er Blätter daraus als Marihuanazigaretten verbrennt

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Manchen Religionen gilt Marihuana als "heiliges Kraut" - und auch der in christlichen Kirchen verwendete Weihrauch enthält möglicherweise psychoaktive Inhaltsstoffe. Trotzdem stieß der Test, den der australische Jurist Alex Stewart machte, bei Religionssprechern nicht auf Wohlwollen.

Stewart nahm eine Bibel und einen Koran, rollte sich aus Papier der beiden Bücher lange, große Zigaretten, und testete vor laufender Kamera, welche Buchseiten besser brennen. Für diesen "üblichen Test" nahm Stewart aus der Bibel eine Seite aus dem Johannesevangelium und kam nach dem Rauchen zu dem Ergebnis, dass sie "nützlich und wertvoll" gewesen sei, weshalb er ihr 7 von 10 möglichen Punkten gab.

Alex Stewart beim Bibelrauchen

Aus dem Koran nahm er eine Seite mit den ersten beiden Versen von Sure 23, die in der englischen Standardübersetzung lautet "blessed are the believers, who are humble in their prayers; who avoid profane talk", was ihm Gelegenheit gab, kurz über Profanität und Blasphemie zu philosophieren, wobei er zu dem Ergebnis kam, dass sowohl die Bibel als auch der Koran nur Bücher sind, weshalb jemand, der sich über deren Verbrennung aufregt, die Sache zu ernst nehme. Schließlich, so der Jurist später in Anspielung auf das Vorhaben des amerikanischen Pastors Terry Jones, würden ja keine persönlichen Exemplare und damit kein fremdes Eigentum verbrannt.

Im Ergebnis schnitt die Zigarette mit der Seite aus dem Koran, von der Stewart nach eigenen Angaben etwas übel wurde, deutlich schlechter ab (3+ von möglichen 10 Punkten), was jedoch, wie er in dem Video offen einräumt, wohl eher am Papier der Paperback-Ausgabe als an den Worten lag. Allerdings hätten beide Seiten gut gebrannt und er hätte mit beiden ein "positives Ergebnis" erzielt. Und - so Stewart augenzwinkernd über die Natur seines Experiments und den Wert seines Ergebnisses - für eine streng wissenschaftliche Bewertung hätte er vielleicht noch eine Kontrollzigarette aus Bertrand Russels gesammelten Werken drehen sollen.

Die gut 12-minütige Aufnahme stellte der 29-Jährige bei YouTube ein und erregte damit viel Aufmerksamkeit. Den Brisbane Atheists, denen er angehört, teilte er angeblich mit, dass er fürchte, nach dem Vorfall seinen Job an der Queensland University of Technology (QUT) zu verlieren, wie dies unter anderem Ikebal Patel, der Vorsitzende der Australian Federation of Islamic Councils fordert. Die Meldung, dass der Jurist bereits entlassen wurde, scheinen manche Medien allerdings etwas voreilig gebracht zu haben. Fest steht bisher lediglich, dass er zu einem Gespräch mit der Verwaltung gebeten wurde und seitdem beurlaubt ist.

Mittlerweile hat sich auf Facebook eine Solidaritätsgruppe für Stewart formiert; eine weitere ruft dazu auf, die QUT zu boykottieren. Deren Vizekanzler Peter Coaldrake hatte sich gegenüber der Presse als "obviously extremely, extremely unhappy and disappointed" gegeben und darauf hingewiesen, dass die Universität keine Zerstörung religiöser Artefakte dulde. Stewart habe den Zigarettentest aber während seiner Freizeit vollführt, weshalb dieser eine rein private Meinungsäußerung sei. Die Beurlaubung, so Coldrake, gebe dem Angestellten Zeit, über diese Meinungsäußerung nachzudenken.

Weniger Probleme als die Buchseiten verursacht bisher die grüne organische Substanz, die Stewart in die Kamera hält: In seinem Testvideo spricht er nicht davon, was sich darin befindet und was er in die Zigaretten gibt, lässt aber keine Gelegenheit aus, mit allen Mitteln zu suggerieren, dass es sich dabei um Marihuana handelt. Der Zeitung Courier Mail versicherte der Jurist jedoch, es habe sich dabei lediglich um abgeschnittene Rasenstücke gehandelt und eine Sprecherin der Polizei von Brisbane meinte ebenfalls, dass ihre Behörde in dem Film keine Anhaltspunkte für ein strafbares Handeln gefunden hätte. Das betrifft dem Präsidenten des Queensland Council for Civil Liberties zufolge nicht nur Betäubungsmittelvorschriften, sondern auch den Discrimination Act und das Blasphemieverbot, das in der damaligen Kolonie bereits 1899 aufgehoben wurde.