IWF denkt über die Ablösung des Dollars als Leitwährung nach

Nach den Angriffen auf den Dollar wird die Einführung einer Weltwährung erwogen

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Die Angriffe der BRIC-Staaten auf den US-Dollar als Leitwährung haben deutliche Spuren hinterlassen. Nahezu unbemerkt blieb bisher, dass der IWF in einer Studie durchgespielt hat, den Dollar als Leitwährung durch eine noch zu schaffende Währung abzulösen. Gesprochen wird dabei vom "Bancor", den einst John Maynard Keynes als Weltwährung vorgeschlagen hatte. Die Überlegungen gehen über die chinesischen und russischen Vorschläge hinaus, den Dollar durch Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu ersetzen. Einher gehen die Überlegungen mit dem wachsenden Einfluss von China, dessen Stimmrechte im IWF deutlich wachsen werden. Das Land wird zu Japan auf den zweiten Platz aufschließen, wird bereits berichtet.

Der unaufhaltsame Aufstieg von China drückt sich auch immer deutlicher in den internationalen Organisationen aus. Nach der Neugewichtung der Stimmrechte in der Weltbank, wo China seinen Einfluss vergrößern und Deutschland vom dritten Rang verdrängen konnte, steht im Herbst auch die Reform im IWF an. Das japanische Wirtschaftsblatt "Nikkei" hat dazu bereits gemeldet, dass der chinesische Einfluss in der Washingtoner Organisation auf das derzeitige japanische Niveau ansteigen soll. Das wären 6%. Angesichts der Tatsache, dass China inzwischen schon Japan den Rang als zweitgrößte Volkswirtschaft abgelaufen, ist das durchaus wahrscheinlich.

Auch die Anteile anderer BRIC-Schwellenländer (Brasilien, Russland, Indien und China), dürften sich vergrößern, die über die Stimmrechte im IWF entscheiden. Sie hatten gemeinsam schon mehr Gewicht in einer neuen Weltwirtschaftsordnung angemahnt. Der Bericht nennt hier vor allem Brasilien, aber auch die Anteile von Indonesien und Südkorea sollen vergrößert werden. Die westliche Vormachtstellung im IWF wäre damit aufgebrochen. Wenn China und andere Länder mehr Gewicht erhalten, verlieren andere an Einfluss. Japan dürfte unter 6% fallen und China würde damit hinter den USA auf den zweiten Platz vorstoßen, die ebenfalls Stimmrechte einbüßen dürften. China würde Deutschland, Frankreich und Großbritannien überspringen, die derzeit auf dem dritten, vierten und fünften Platz liegen. Großbritannien läuft Gefahr, nicht mehr zu den erlesenen fünf Ländern zu gehören, die, weil sie die meisten Stimmrechte haben, die fünf Ratsmitglieder bestimmen.

Wird den Forderungen Chinas und der BRIC-Staaten insgesamt nicht entsprechend ihrer Wirtschaftkraft Rechnung getragen, wird wohl auch das Reich der Mitte wieder stärkere direkte Angriffe auf den Dollar als Leitwährung starten, die vom letzten BRIC-Gipfel nicht erneut ausgegangen sind. Schon jetzt bringt China aber immer klarer seinen Renminbi gegen den Dollar in Stellung und hat auch seine Politik in Bezug auf die US-Staatsanleihen geändert, die in großem Umfang abgestoßen. Das dürfte auch eine Drohgebärde sein, um den Angriffen aus den USA zu begegnen.

China und USA weiter auf Kollisionskurs

Denn in Washington wartet man immer wieder mit dem Vorwurf auf, dass Peking den Yuan künstlich billig halte, um seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den amerikanischen Unternehmen zu stärken. Vor den Kongresswahlen in den USA und der Herbsttagung des IWF verschärft sich der Ton wieder. So klagte der US-Präsident Barack Obama erst gestern, in China werde "nicht alles getan, was getan werden muss". Dabei wurde auf Druck der USA im Juni die Koppelung des Yuan an den Dollar gelöst. Mit gut 6,7 Yuan wird ein US-Dollar derzeit gehandelt, das sind 1,6% mehr als im Juni. Aber das reicht den USA längst nicht.

In China sieht man sich aus den USA zum "Sündenbock" für Probleme gemacht, mit denen die USA versuchen, von ihren massiven Problemen abzulenken. China warnte die USA, eine Aufwertung des Yuan werde die amerikanischen Probleme nicht lösen. Die Sprecherin des Außenministeriums Jiang Yu drohte indirekt, dass man damit "sogar die Sache verschlimmern" könnte. Jeglichen Druck wies sie von sich. "Die Reform des Devisenkurses des Landes wird nur im Einklang mit wirtschaftlichen Bedingungen und der Balance internationaler Zahlungen vorwärtsgetrieben", erklärte sie. Man erinnert in Peking die USA auch gerne daran, dass Washington bei der Volksrepublik heftig in der Kreide steht. Dass China der größte Gläubiger der USA sei, habe kurioserweise nichts daran geändert, dass die USA weiter ein Mammutstaat seien. Ganz im Gegenteil werde die riesige Schuldenlast nun sogar dazu eingesetzt, "um einen effektiven Mechanismus aufrechtzuerhalten und die jahrzehntelange Finanzhegemonie des Landes über die Welt zu erweitern", kommentierte die China Daily.

Globale Weltwährung mit einer globalen Zentralbank

Die gesamte Diskussion um die Leitwährung und die Rolle der USA hat nun sogar beim IWF, in dem die USA mit fast 16% Stimmrechte den Ton angeben, dazu geführt, dass in der Washingtoner Finanzorganisation über das Ende des Dollars als Leitwährung nachgedacht wird. Die spanische Tageszeitung El Mundo hat am Wochenende in einem Artikel auf eine Studie hingewiesen, die schon im April veröffentlicht wurde, aber weitgehend unbeachtet geblieben ist.

Noch im Zweiten Weltkrieg sei in Bretton Woods von den westlichen Staaten der Dollar als Leitwährung bestimmt worden, womit die Vormachtstellung der USA als wichtigste ökonomische Weltmacht zementiert worden sei, wird erinnert. Doch, so erklärt die Zeitung, "die schwere internationale Finanzkrise droht mit einer Veränderung der Spielregeln". Sie verweist dabei auf die 35seitige IWF-Studie mit dem Titel: Reserve Accumulation and International Monetary Stability.

Der Bericht von Reza Moghadam sei in Kooperation mit den "Abteilungen Finanzen, Recht, Währungs- und Kapitalmärkte und Statistik" entstanden, dazu habe es auch Konsultationen mit anderen zuständigen Abteilungen im IWF gegeben. Deshalb könne man von keiner isolierten Stellungnahme sprechen. In der Studie wird offen die Ablösung des Dollars als Leitwährung diskutiert. Moghadam geht dabei allerdings über den BRIC-Vorschlag hinaus, die IWF-Sonderziehungsrechte zu einer weltweiten Reservewährung auszubauen (Angriff auf den Dollar).

Vorgeschlagen wird die Schaffung einer Weltwährung. Der Name dafür wird auch schon genannt: Bancor. Dabei handelt es sich um eine alte Bekannte. Denn vor der Konferenz in Bretton Woods im Juli 1944 hatte der britische Ökonom John Maynard Keynes vorgeschlagenen, den Bancor als Weltwährung für den Handel zwischen Nationen einzuführen. Diese Währung sollte durch Gütertausch gedeckt und sein Wert in Gold ausgedrückt sein.

Die IWF-Studie lehnt sich ausdrücklich an diesen Vorschlag als "Ehrung" von Keynes an. Demnach solle eine solche Weltwährung keine Landeswährung (inside money) sein, sondern in einem grenzüberschreitenden Geld (outside money) wie die Sonderziehungsrechte (SDR) bestehen. Allerdings müsse die neue Währung noch über die starke Bindung der SDR an dominante Währungen hinausgehen. Die Vorteile werden folgendermaßen beschrieben: "A global currency, bancor, issued by a global central bank (see Supplement 1, section V) would be designed as a stable store of value that is not tied exclusively to the conditions of any particular economy. As trade and finance continue to grow rapidly and global integration increases, the importance of this broader perspective is expected to continue growing."

Beschrieben wird ein stabiler "risk free" Wertspeicher, der nicht mehr direkt an die Bedingungen einer oder mehrerer Volkswirtschaften gebunden ist. Die Währungsreserven der Länder würden nicht mehr gehortet, sondern stets einen Markt finden, was derzeit nicht immer gesichert sei. Es werde mehr Stabilität und Effizienz geschaffen und das Geld sowie das Kreditwesen entpolitisiert. Eine Weltzentralbank könnte in Stresssituationen als Kreditgeber in der "letzten Instanz dienen, um im Falle von schweren Erschütterungen die nötige Liquidität im gesamte System bereit zu stellen, und das automatischer als es derzeit geschieht". Diese Rolle nehme derzeit zwar die US-Notenbank (FED) ein, doch das müsse nicht immer der Fall sein. Ob es auch einen Deckung durch Gold geben soll, wie es in Bretton-Woods für den Dollar vorgesehen war, wird in der Studie offen gelassen und ist eher unwahrscheinlich.

Denn in dem angestrebten System gäbe es kein Land mehr, das seine Vormachtstellung derart wie die USA missbrauchen könnte, um die nötigen Scheinchen je nach Bedarf zu drucken, was zur Aufgabe der Golddeckung führte. Es gäbe keine Nation mehr, die eine einzigartige Position in der Weltwirtschaft hätte, so dass sie buntes Papier gegen Waren und Dienstleistungen tauschen kann, die Entwertung des Geldes aber weltweit verteilt. Das ist auch ein Grund, warum sich die USA gegen eine solche Weltleitwährung sträuben werden, weil ihre Vorherrschaft und Sonderstellung damit weitgehend beendet werden würden. Ob es sich bei dem von Moghadam vorgeschlagenen System um einen gangbaren Weg handelt, sei dahingestellt. Klar ist, dass der angeschlagene Dollar der größten Volkswirtschaft, die den Schüttelfrost nicht los wird (US-Wirtschaft mit Schüttelfrost), angezählt ist. Es ist ein deutliches Zeichen, wenn sogar im IWF schon die Leitwährung und damit die Rolle der USA ganz offen in Frage gestellt werden.