Kundenbenachteiligung als Umweltschutz getarnt?

Rewe- und Penny-Filialen händigen Kassenzettel nur noch auf Wunsch aus

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Seit kurzem geben Penny- und Rewe-Supermärkte Supermärkte Kassenzettel nur noch auf vorherige Anfrage heraus. Bei der Rewe-Gruppe (zu der auch die Marke Penny gehört) begründet man das mit einer "Nachhaltigkeitswoche", seit der "der Umwelt zuliebe" auf den standardmäßigen Ausdruck eines Kassenbons verzichtet werde.

Bei manchen Kunden stößt das unter anderem deshalb auf Unverständnis, weil ihnen dies nicht in allen Filialen mitgeteilt wird und sie nach einem Bezahlvorgang teilweise auf Schwierigkeiten stoßen, den Beleg dafür einzufordern. So hängt zwar in der Penny-Filiale an der Münchener Oberländerstraße ein Plakat, dass darauf hinweist - aber in der Filiale an der U-Bahn-Haltestelle Implerstraße fehlt ein solches. Auf Anfrage meint man dazu in der Rewe-Pressestelle, dass man die Filialen zwar "angewiesen" habe, solche Plakate "mittig im Kassenbereich" aufzuhängen, dass sie aber rechtlich nicht dazu verpflichtet seien.

Penny-Plakat in eigenwilligem Deutsch.

Durch diese "Nachhaltigkeitsaktion" spart man in einer durchschnittlichen Penny-Filiale zwei Kassenrollen, von denen eine 347 Gramm wiegt. Eine Papiermenge, die im Vergleich zu der in den Supermärkten der Rewe-Gruppe verwendeten Verpackungsmengen nicht unbedingt wie eine verhältnismäßige Verbesserung wirkt. Sie hat allerdings den Nebeneffekt, dass es potenziell weniger Reklamationen wegen verdorbener Ware gibt, weil diese ohne Kassenbon nicht möglich sind.

War diese Vermeidung möglicherweise der Hauptanreiz, auf Kassenbons zu verzichten? Misstrauisch macht in jedem Fall die Tatsache, dass die Kölner Konzernzentrale die Frage, wie viele Umtausch- und Rückgabevorgänge es in einer durchschnittlichen Penny-Filiale pro Tag gibt, unbeantwortet lässt. Und nicht nur in Foren klagen Supermarktkunden häufig darüber, dass Fleisch nach der Entfernung der Folienverpackung verdorben riecht und bei Obst an der Kasse falsche Preise eingegeben werden, was sich erst anhand des Kassenzettels feststellen lässt.

Das Handelsunternehmen, das 2009 fast 15 Milliarden Euro Umsatz machte, fällt durch die Kassenbon-Umstellung in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal auf: Im Mai hatte der Radiosender NDR Info enthüllt, dass Rewe- und Penny-Kunden beim Bezahlen mit ihrer EC-Karte eine Unterschrift leisten mussten, mit der sie - oft ohne eigene Kenntnis - einwilligten, dass persönliche Daten gespeichert und an Dritte weitergegeben werden.

Problematisch war diese Regelung unter anderem deshalb, weil es durch den Zeitdruck an einer Supermarktkasse den Kunden praktisch unmöglich war, die Datenschutzerklärung vor der Unterschriftsleistung durchzulesen und sie nicht einmal einen Durchschlag des von ihnen abgezeichneten Papiers bekamen.

Als Rewe erklärte, der den Verbrauchern untergeschobene Text sei mit den Landesdatenschutzbehörden abgestimmt, widersprachen diese der Behauptung nicht nur, sondern wiesen auch darauf hin, dass mit dem Verfahren datenschutzrechtliche Auflagen verletzt würden. Thilo Weichert, der Leiter des Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) sprach sogar von Indizien, die auf die Nutzung der gesammelten Daten zur Erstellung von Kundenprofilen hinwiesen.

Nachdem viele Medien kritisch über das System berichteten, ließ das Unternehmen die zu unterschreibenden Erklärungen im Kassenbereich aufhängen und gibt sie Kunden auf explizite Nachfrage auch mit.