Die HSH-Nordbank und kein Ende der Intrige

Eine Fast-Pleite-Bank, vier Skandale und wenig Aufklärung

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Spitzel, Intrigen und Schlammschlachten. Die HSH-Nordbank kommt nicht zur Ruhe. Nun erreichen die bislang nur zwischen den Managern der Bank geführten Verleumdungsattaken auch den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) in Hamburg. Dieser hat zwar eigentlich die Aufgabe, die Gründe der katastrophalen finanziellen Schieflage der hamburgischen und schleswig-holsteiner Landesbank zu untersuchen. Derzeit sieht es jedoch eher danach aus, als sollten nicht zu viele Informationen über die Geschehnisse um die HSH-Nordbank an die Öffentlichkeit kommen. Denn dem PUA-Mitglied Joachim Bischoff von der Linken Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft droht der Ausschluss aus dem Gremium. Der Grund dafür ist die angebliche Weitergabe geheimer Informationen an die Presse.

Den Anlass für den Versuch Bischoff von der Mitarbeit im PUA HSH-Nordbank auszuschließen, lieferte eine Pressekonferenz am 21. Oktober diesen Jahres. Dort präsentierte der Finanzexperte der Linken in der Hamburger Bürgerschaft sein neues Buch mit dem Titel: "Tatort HSH Nordbank". Dazu legte Bischoff der Presse ein Dossier vor, in dem seine vorbereiteten Fragen über die HSH-Nordbank an den ehemaligen Finanzsenator der Hansestadt, Michael Freytag (CDU), zu lesen sind. Diese beiden Tatsachen reichten offensichtlich völlig aus, um den Vorsitzenden des PUAs, Harald Krüger (CDU), dazu zu bewegen, eine Untersuchung gegen Bischoff einzuleiten.

Der Fall Bischoff

Bischoff selbst scheint mit dieser Attacke nicht gerechnet zu haben. Gegenüber Telepolis sagte er, dass er für sein Buch nur öffentlich zugängliche Akten benutzt habe. Gleichwohl sieht Bischoff durchaus eine Chance, dass man ihn aus dem Gremium entfernen könne. „Das Gesetz, das in Hamburg die Untersuchungsausschüsse regelt, ist sehr rigide“, sagt er. Derzeit wird der Anfangsverdacht noch geprüft. Sollte es jedoch tatsächlich zu einem Ausschluss kommen, würde seine Fraktion „vor dem Hamburger Verfassungsgericht Klage einlegen“.

Das Büro des PUA-Vorsitzenden, Harald Krüger, versucht, Abstand zur Sache zu halten. Auf die Anfrage, wie es denn zu diesem Vorwurf gegen Bischoff gekommen sei, heißt es nur lapidar: „Krüger ist nur der Vorsitzende, der einen solchen Vorgang auf die Agenda heben muss.“ Er selbst sei jedoch nicht der Ursprung. Möglicherweise sieht man bei der CDU zwar ebenfalls die Chance, das unliebsame Mitglied Bischoff entfernen lassen zu können. Gleichwohl möchte sich die Partei jedoch auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Denn sollte dieser Versuch nicht gelingen, würde dies die Glaubwürdigkeit der CDU-Mitglieder im PUA deutlich unterhöhlen.

Für das Grünen-Mitglied (GAL) Andreas Waldowsky ist die Sache jedoch klar und eindeutig. „Bischoff hat offensichtlich vertrauliche Akte benutzt“, sagte er gegenüber Telepolis. Für den PUA stellt dies aus seiner Sicht ein großes Problem dar. Denn die Zeugen würden nur dann entsprechende Angaben machen, wenn sie davon ausgehen könnten, dass ihre Aussagen auch vertraulich behandelt würden. Ein erstaunliches Argument, wenn man bedenkt, dass der PUA ursprünglich eingerichtet wurde, um die Verantwortlichen des Desasters um die HSH-Nordbank ausfindig zu machen und zur Verantwortung zu ziehen.

Der Fall Roth

Derzeit scheint es jedoch immer mehr darauf hinauszulaufen, sie davon kommen zu lassen. Denn um die politischen Rahmenbedingungen für eine Aufklärung steht es nicht zum Besten.

Für das Management der HSH-Nordbank, unter dem Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher, ist diese Sache sicherlich wichtig. Denn was in den vergangenen Monaten über die Bank durch die Presse an die Öffentlichkeit gebracht wurde, lässt die Vermutung aufkommen, dass dort noch wesentlich mehr aufzuklären wäre.

Zwei Fälle sind es dabei, die den Hamburgern den tiefen moralischen Fall ihrer Landesbank vor Augen führen. So wurde im April 2009 dem HSH-Nordbank-Vorstand Frank Roth fristlos gekündigt. Wie sich einige Zeit später jedoch herausstellte, wurde er durch einen ehemaligen privaten Sicherheitsberater der Bank ausgespäht. Dieser gab gegenüber der Staatsanwaltschaftschaft in Kiel an, das Büro von Roth verwanzt zu haben. Ebenfalls gab er dort zu Protokoll, er habe Dokumente in Roths Privatwohnung manipuliert.

Diese Dokumente seien es dann auch gewesen, die zur fristlose Kündigung Roths geführt haben. Denn durch die manipulierten Dokumente konnte die Bank den Verdacht konstruieren, Roth habe Bankinterna an die Presse weitergegeben. Offensichtlich hatte die HSH-Bank jedoch nicht mit der Staatsanwaltschaft gerechnet. Als sie damit begann, den Fall zu untersuchen, wurde sehr schnell klar, dass es sich um eine Verleumdungskampagne handelte. Ende Juni stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Roth ein und begann mit Ermittlungen gegen den ehemaligen Arbeitgeber Roths, die HSH-Nordbank.

Der Fall K.

Doch damit war ein Ende der Skandale innerhalb der Landesbank noch nicht erreicht. Denn auch in New York saß ein Manager, dem Nonnenmacher nicht traute. K. war einer von drei Leitern des Büros in den USA. Am 17. September 2009 bekam K. unerwarteten Besuch in seinem Büro aus der Zentrale in Hamburg. Sofort begannen die HSH-Mitarbeiter das Büro zu durchsuchen. In einem Bilderrahmen der Tochter K.s fand sich ein Aufkleber mit einer E-Mail-Adresse und einem Passwort.

Schnell wurde der verdächtige Account gefunden und darin Mails mit kinderpornografischen Bildern. K. wurde umgehend gekündigt und die Sache der New Yorker Staatsanwaltschaft übergeben. Diese sprang jedoch auf den Fall nicht so an, wie geplant. Denn bald wurden auch dort Zweifel an der vorgeblichen Version erhoben. Der mit dem Fall betraute Staatsanwalt begann demzufolge auch nicht gegen K., sondern vielmehr gegen die HSH-Nordbank zu ermitteln. Wie ein Bericht der Anwaltskanzlei WilmerHale laut Spiegel darlegt, „spricht vieles dafür, dass die Kinderporno-Spur gezielt gelegt wurde“.

Das Verfahren, in dem K. anschließend die HSH-Nordbank verklagte, wurde kürzlich mit einem Vergleich beendet. K. wurden angeblich 7,5 Millionen Euro Abfindung und Schadenersatz gezahlt. Dass neben den geschilderten Fälle auch in Hamburg gegen Nonnenmacher wegen des Verdachtes auf Untreue und Bilanzfälschung ermittelt wird, fällt dabei nicht mehr weiter ins Gewicht.

Der Fall Nonnenmacher

Derzeit halten sich vehement Gerüchte, wonach Nonnenmacher durch eine Privatdetektei FDP-Politiker ausspähen habe lassen. Weder Bischoff noch Waldowsky wollte jedoch dazu Stellung nehmen. Vieles deutet daraufhin, dass Nonnenmacher so etwas wie einen "privaten Geheimdienst" um seine Person errichtet hat. Denn bei allen bekannten Fällen taucht immer das gleiche private Sicherheitsunternehmen, die Prevent AG auf (siehe dazu "Identifizierung der besonders auffälligen Blogger, Poster etc.").

Ob es dem PUA in Hamburg wirklich darum, geht das Desaster um die HSH-Nordbank aufzuklären, scheint vielen fraglich. Möglicherweise ist Nonnenmacher nun zu weit gegangen zu sein. Es sieht ganz danach aus, als ob die Unterstützung für den Vorstandsvorsitzenden zunehmend brüchiger wird. Der vorläufige Schaden, den die Landesbank durch ihre Aktivitäten an den internationalen Finanzmärkten den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein bislang verursacht hat, beläuft sich auf 8,5 Milliarden Euro. Diese Summe könnte jedoch auf bis zu 32,5 Milliarde Euro anwachsen. Denn derzeit gibt es immer noch Garantien der Länder und des Bankenrettungsfonds (SoFFin) von bis zu 24 Milliarden Euro.