Um jede vierte Sonne kreist eine Erde

Illustration eines extrasolaren Planeten, Bild: NASA/JPL

Da ist viel Raum für mögliches Leben in den Weiten des Weltraums, denn es gibt viel mehr Planeten, als bislang angenommen

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Die Suche nach Expoplaneten läuft extrem erfolgreich. Jetzt haben sich Astronomen in der ganz engen Umgebung von sonnenähnlichen Sternen genau umgesehen. Eine extrem heiße Region, die bislang eher als Wüste galt. Erstaunlicherweise tummeln sich dort aber jede Menge Planeten, vor allem viele kleinere. Nach den Hochrechnungen der Wissenschaftler bedeuten diese neuen Erkenntnisse, dass wahrscheinlich um ungefähr 23 Prozent der unserer Sonne ähnlichen Sterne erdähnliche Planeten kreisen.

Seit jeher späht der Mensch in den Himmel, fasziniert vom Licht der Sterne. Dass viele dieser Lichtpunkte stellare Feuerbälle wie unsere Sonne sind, ist seit Jahrhunderten bekannt, aber die um die fernen Sterne kreisenden extrasolaren Planeten verbargen sich lange vor den menschlichen Augen. Da sie dunkel sind, blieben sie bis in die 1990er Jahre unsichtbar.

Erst 1995 entdeckten Michel Mayor und Didier Queloz von der Universität Genf den ersten Exoplaneten im Sonnensystem 51 Pegasi. Seither geht es Schlag auf Schlag, aktuell listet der Katalog der Exoplaneten 493 Planeten auf, die um Sonnen in anderen Systemen wandern.

Anfangs gelang es den Astronomen nur, riesige Begleiter von Sternen aufzuspüren, Gaskugeln wie Jupiter (oder noch wesentlich größere). Erst durch verfeinerte und neue Methoden konnten sie in den letzten Jahren aber immer mehr kleine Planeten nachweisen, darunter 2009 auch den kleinsten und sehr felsigen – aber leider extrem heißen – CoRot b (siehe Europäisches Weltraumteleskop entdeckt steinigen Exoplaneten).

Alle warten auf die Nachricht, dass endlich der erste bewohnbare Planet irgendwo im Weltraum aus der Dunkelheit auftaucht. Ein fester Himmelskörper mit einem passenden Abstand zu seiner Sonne, die das Vorkommen von flüssigem Wasser auf der Oberfläche ermöglicht. Nicht zu heiß, nicht zu kalt. Kurz: Eine zweite Erde mit der Potenz für Leben.

Nach der spektakulär angekündigten Entdeckung des ersten potenziell Kandidaten Ende September (vgl. Newly discovered planet may be first truly habitable exoplanet), gibt es inzwischen starke Zweifel, ob Gliese 581 g (es handelt sich um den sechsten Planeten rund um den roten Zwergstern Gliese, 20 Jahre Lichtjahre von der Erde entfernt) tatsächlich existiert. Einer Forschergruppe, die sich seit Jahren mit dem System beschäftigt, hält die Entdeckung schlicht für einen Messfehler. In Sonnensystemen mit mehreren Planeten ist es besonders schwierig, die Signaldaten genau den einzelnen Begleitern zuzuordnen.

Illustration eines erdähnlichen Planeten – hier Gliese 581 g, dessen Existenz inzwischen bezweifelt wird, Bild: NASA/ Lynette Cook

Viele Systeme wie das unsere im All

Unser Sonnensystem, gelegen auf einem der äußeren Arme unserer Galaxie, der Milchstrasse, ist nach den neuesten Forschungsergebnissen vielleicht doch durchschnittlicher, als bisher bekannt. Um ein Zentralgestirn, dessen Art im Universum durchaus gewöhnlich ist, laufen acht Planeten auf Umlaufbahnen: Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Pluto wurde nach längerer Diskussion vor einigen Jahren zum Zwergplaneten degradiert (vgl. Zwölf Planeten).

Unser Sonnensystem, Bild: The International Astronomical Union/Martin Kornmesser/DLR

In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science berichten Andrew Howard von der University of California in Berkeley und Kollegen von anderen Institutionen in den USA und Japan über ihre Langzeitbeobachtung des Lichts von 166 Sternen.

Die Astronomen suchten sich im Umkreis von bis zu 80 Lichtjahren von der Erde entfernt Sterne, die der Sonne ziemlich ähnlich sind. In der stellaren Klassifizierung sind das die gelben G-Sterne und die etwas kleineren orange bis roten K-Zwerge (vgl. Hertzsprung-Russell-Diagramm). Das Team um Howard nahm fünf Jahre lang mit dem W.M. Keck Observatorium auf Hawaii diese Sterne ins Visier, um mittels der Radialgeschwindigkeitsmethode ihren Begleitern auf die Spur zu kommen.

Das ist bis heute der am häufigsten genutzte wissenschaftliche Weg, um die Anzahl, Masse und den Abstand zur Sonne der unsichtbaren Himmelskörper zu bestimmen. Durch die Schwerkraft der Planeten „wackelt“ oder „eiert“ der Stern ganz leicht. Diese winzigen Bewegungen können gesehen werden und erlauben mit heutiger Technik den Nachweis von entsprechend großen, bzw. sehr nahen Planeten, die ein Zittern ihres Sterns in der Größenordnung von einem Meter pro Sekunde verursachen.

So konnten die Astronomen Gasriesen mit bis zu drei Mal der Masse von Jupiter, oder sehr viel kleinere Objekte wie die so genannten Super-Erden (mit drei bis zu zehn Mal der Masse der Erde und damit die kleinsten bislang nachweisbaren) in einem Abstand von bis zu einem Viertel Astronomische Einheit (AE = der mittlere Abstand zwischen Erde und Sonne, entspricht 150 Millionen Kilometern) von dem jeweiligen Zentralgestirn ausfindig machen. Von 166 beobachteten Sternen haben 22 derartige Planeten, zusammen insgesamt 33. Zwölf weitere Planeten konnten in der Studie nicht lückenlos nachgewiesen werden, es wäre aber möglich, dass innerhalb dieses Zensus sogar insgesamt 45 Planeten um 32 Sterne laufen.

Je kleiner, desto häufiger

Nach statistischen Bereinigungen berechneten die Forscher, dass 1,6 Prozent der in den Fokus genommenen Sonnen von Gasplaneten wie Jupiter umkreist werden, 6,5 von mittleren Exemplaren mit zehn bis fünfzehn Erdmassen (ungefähr wie Neptun oder Uranus), aber fast 12 Prozent von sehr viel kleineren Begleitern, sprich Super-Erden. Falls dieser Trend (je kleiner, desto mehr) sich bestätigt, dann müssten 23 Prozent dieser Sterne planetare Gefährten in der Größe der Erde haben. Andrew Howard fasst zusammen:

Wir haben Planeten mit verschiedenen Massen untersucht – als würden wir Felsblöcke, Gesteinsbrocken und Kiesel in einem Canyon zählen – und wir fanden mehr Felsblöcke als Brocken, und mehr Brocken als Kiesel. Mit unserer Technologie auf der Erdoberfläche können wir die Sandkörner, die Planeten in der Größe der Erde, noch nicht sehen, aber wir können ihre Anzahl abschätzen. Planeten in Erdgröße sind unserer Galaxis wie Sandkörner an einem Strand – sie sind überall.

Grafische Darstellung der Häufigkeitsverteilung der Planeten, Bild: NASA/JPL & Caltech/UC Berkeley

Die neuen Ergebnisse stellen zudem die gängigen Modelle zur Entstehung von Sonnensystem in Frage. Denn eigentlich sollte sich in diesem Abstand von ein Viertel AE rund um einen Stern weitgehend Wüste befinden. Schon andere extrasolare Planeten hatten ähnliche, bislang unbeantwortete Fragen aufgeworfen (vgl. Der Todesplanet und Turnaround in der Exoplaneten-Forschung).

Die Astrophysiker werden ihre Theorien in Frage stellen müssen, zumal bald wohl sehr viel mehr Exoplaneten bekannt sein werden. Die Forscher setzen große Hoffnungen speziell auf die Kepler-Mission, ein Weltraumteleskop, das sich 2009 auf die Suche nach bewohnbaren Welten gemacht hat.