EU bereitet Rettung von Irland vor

Die EU haben "alle Instrumente bereitliegen", um notfalls zu handeln

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Dass sich Irland unter den Rettungsschirm der Europäischen Union (EU) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) begeben wird, ist nur noch eine Frage der Zeit. Erneut, wie im Fall Griechenlands, versagt Europa gegenüber Spekulanten, welche die Refinanzierungskosten für das Land in die Höhe treiben. Die wegen der Bankenrettung ausufernde Verschuldung Irlands ist längst unbezahlbar. Die Kosten für abgestürzte Banken werden dem Land 2010 ein Haushaltsdefizit von mindestens 32% einbringen.

Die Entwicklung war absehbar und man hätte längst handeln müssen. Doch wie in Griechenland im Frühjahr wird nun auch im Herbst zu Irland behauptet, das Land könnte die Lage alleine schultern. So erklärte der irische Finanzminister Brian Lenihan in Dublin, sein Land könne die Krise aus eigener Kraft in den Griff bekommen. Das ist schlicht Unsinn und das weiß auch Lenihan. Die Reissleine hätte längst gezogen werden müssen, um die Angelegenheit für alle nicht noch teurer zu machen. Ähnliches wurde auch aus Griechenland, unterstützt von vielen in der EU, erzählt. (Griechenlands Defizit ist nochmals gestiegen) Doch Lenihan will angesichts des Streits, wie Irland geholfen wird, Zeit gewinnen.

Die Zinsen für zehnjährige irische Staatsanleihen waren aber schon im Oktober über die Rekordmarke von 7% geklettert. Sie lagen also bereits vor Wochen über dem Wert, den Griechenland kurz vor der Flucht unter den Rettungsschirm im April mit 6,7% bieten musste. Inzwischen liegen die Renditen schon fast bei 9 Prozent. Damit wird auf viele Jahre die Zinslast für die steigende Verschuldung enorm hoch bleiben. Die von immer neuen und drastischeren Sparplänen gebeutelten Iren müssen sich dieses Geld viele Jahre vom Mund absparen, was auch die wirtschaftliche Erholung der gründen Insel lange Jahre belasten wird.

Wer nach dem EU-Desaster in Griechenland, woran die Bundesregierung einen erheblichen Anteil hatte, jetzt noch glaubt, dass Irland ohne EU-Hilfe auskommt, darf zumindest als naiv bezeichnet werden. Den Beruhigungsformeln, die auch vom G-20-Gipfel (Die Folgen der US-Geldpolitik) aus Seoul eintrudeln, helfen kaum. Die Parallelen zu Griechenland im Frühjahr sind mehr als auffällig, nur ist das Defizit Irlands sogar mehr als doppelt so hoch, wie das Griechenlands 2009.

Merkel-Crash?

Im Hintergrund wird aber real schon die Rettung Irland vorbereitet. So erklärte Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Seoul: "Falls es notwendig sein sollte, steht die EU bereit, Irland zu unterstützen." Man verfolge ständig die Lage und habe "alle notwendigen Instrumente zur Verfügung, um zu handeln, wenn notwendig".

Dass die Zinsen für Irland so heftig in die Höhe schießen, daran hat die Bundesregierung erneut einen erheblichen Anteil. Darauf weist auch Dublin hin. So sagte Lenihan, der Anstieg der Renditen habe damit zu tun, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem letzten EU-Gipfel einen Pyrrhussieg errungen hat. Denn die eigentlich richtige Idee, dass geordnete Staatsinsolvenzen möglich und bei der Entschuldung des Landes auch private Investoren beteiligt werden, kam zur Unzeit. Es war klar, dass daraufhin Anleger in großem Stil aus den Papieren von Problemländern aussteigen und damit die Zinsen extrem steigen werden (Die Angst vor Staatspleiten wächst), weil nun die Insolvenzrisiken eingepreist werden. So hatte sogar die konservative Tageszeitung "Die Welt" der Kanzlerin vorgeworfen, auf einen "Merkel-Crash" hinzusteuern.

Man kann aber auch mutmaßen, dass es Deutschland nicht nur darum geht, selber Zinszahlungen zu verringern. Denn die Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen steigt analog dazu, wenn Investoren aus Irland, Griechenland, Italien, Portugal und Spanien aussteigen und deutsche und französische Papiere kaufen, womit die Zinsen für diese Papiere sinken. Hinter dem Vorgehen könnte sogar die deutsche Variante des Währungskriegs stecken, gegen den sich Merkel vor dem G-20-Gipfel ja so vehement ausgesprochen hat (US-Geldpolitik schürt große Ängste).

Die neue Unsicherheit über die EU-Problemländer drückt den Euro nach unten. Das hatte dem Exportland Deutschland im 2. Quartal ein Rekordwachstum beschert. Da danach der Euro deutlich gestiegen ist, schrumpfte das Wachstum im 3. Quartal schon wieder auf 0,7% zusammen, wie das Statistische Bundesamt heute in Wiesbaden mitgeteilt hat. Das Wachstum der ersten beiden Quartale 2010 wurde nochmals "leicht nach oben korrigiert auf nun + 0,6% und + 2,3%", schreibt Destatis. Es wird zu klären sein, ob Deutschland diesen Euro-Effekt nur als positiven Nebeneffekt mitnimmt oder ob der schwarz-gelbe Schlingerkurs ganz bewusst gefahren wird, um den Euro zu schwächen und damit die deutschen Exporte zu verbilligen. Jedenfalls ist Deutschland an zwei zentralen Punkten der Nutznießer.

Juncker schlägt Ausgabe von Euro-Anleihen vor

So ist der Vorstoß des Chefs der Eurogruppe nur verständlich. Der luxemburgische Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker schlägt erneut vor, gemeinsame Euro-Anleihen auszugeben. Diese Euro-Bonds hatte auch die EU-Kommission schon einmal vorgeschlagen, um die "grenzüberschreitende Lasten" zu verteilen. Deutschland, das von der Situation profitiert, könnte damit etwas auf die Krisenländer umverteilen, indem es etwas höhere Kosten für die Refinanzierung über gemeinsame Euro-Bonds auf sich nimmt.

Doch in der Berliner Regierungskoalition gilt das weiter als unvorstellbar. Juncker setzt allerdings nach: "Wir müssen eine kluge europäische Lösung finden, die beide Interessen berücksichtigt", sagte er mit Blick auf die enormen Zinskosten der Problemländer. Aus der Union kommen aber wieder einmal die üblichen Töne. "Indiskutabel" sei der Vorschlag, erklärte stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Michael Fuchs: "Das bisherige Bail-Out-Verbot für Defizitsünder darf nicht durch Euro-Bonds umgangen werden." Doch was bitte macht der Rettungsschirm?

Auf einem ähnlichen Niveau bewegt sich auch die FDP. "Es darf nicht sein, dass fehlende Haushaltsdisziplin belohnt und eine verantwortungsvolle Konsolidierung bestraft wird", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Joachim Pfeiffer. Entweder weiß er es nicht besser oder er knüpft populistisch an die unsägliche Debatte um angeblich faule Griechen an. Es soll hier also auch noch einmal für die FDP erwähnt werden, dass die Lage in Irland deshalb so ist, wie sie ist, weil viele Milliarden in Banken versenkt werden.