Portugal debattiert über "Ausschluss aus dem Euro"

In Lissabon wird ein Flächenbrand der Irland-Krise erwartet, der Portugal den Euro kosten könnte

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Das erneut erhöhte Haushaltsdefizit Griechenlands und der bevorstehende Absturz von Irland ins EU-Rettungsnetz (EU bereitet Rettung von Irland vor) schüren große Ängste in Portugal. Lissabon befürchtet, das Land am Rande der iberischen Halbinsel könnte im Strudel mitgerissen werden. Dass in den letzten Wochen im Rahmen der Irland-Krise auch die Zinsen für portugiesische Staatsanleihen stark gestiegen sind (Die Angst vor Staatspleiten wächst), macht das deutlich. Es half Portugal dabei wenig, dass das Land vor den Ratingagenturen eingeknickt ist und seinen ursprünglich ausgewogenen Sparkurs aufgegeben hat. Dabei führte dieser Kurs dazu, dass das Land sein Wachstum im 3. Quartal sogar auf 0,4% steigern konnte, gegenüber 0,2% im Vorquartal, während Griechenland erneut tief in die Rezession geschickt wurde.

Der neue Sparkurs der sozialistischen Regierung ist der übliche Weg, den Brüssel und der Internationale Währungsfonds (IWF) vorantreiben, der vor allem die einfache Bevölkerung zur Kasse bittet. Statt Militärausgaben zu kürzen, die Steuern auf hohe Einkommen und Kapitalerträge zu erhöhen, werden Löhne im öffentlichen Dienst gekürzt, Renten eingefroren und die Mehrwertsteuer deutlich erhöht.

Doch genau an diesem Weg reibt sich die Opposition weiter. Zwar haben sich die konservativen christlich geprägten Sozialdemokraten (PSD) nach langem Ringen mit den Sozialisten (PS) unter Ministerpräsident José Sócrates auf eine abgespeckte Variante des Sparplans geeinigt, doch der muss mit dem Haushalt für 2011 noch durch das Parlament gebracht werden. Und offensichtlich tobt das Gezerre im Hintergrund so heftig, dass die Regierung zu drastischen Worten greift, um sich die Zustimmung der großen Oppositionspartei zu versichern.

Am Sonntag erhöhte Außenminister Luis Amado über die Wochenzeitschrift "Expresso" den Druck auf die PSD deutlich: "Uns droht der Ausschluss aus dem Euro, wenn kein parteiübergreifender Konsens für den Sanierungskurs gefunden wird", erklärte er im Interview. Nur eine "Große Koalition" könne die gegenwärtige Situation meistern, sagte Amado. Ansonsten könne Portugal der "Ausstieg aus dem Euro" aufgezwungen werden. Er hofft darauf, dass sich die Partei von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso ausreichend unter Druck setzen lässt, um der Versuchung zu widerstehen, über den Haushalt die Regierung zu stürzen und vorzeitige Neuwahlen zu erzwingen. Denn dann würden sie erneut die Macht übernehmen, wie Meinungsumfragen zeigen. Nach einer Umfrage des Expresso stürzen die Sozialisten um 5 Prozentpunkte ab. Sie können demnach nur noch 30% der Stimmen hinter sich bringen. Die PSD unter ihrem neuen Vorsitzenden Pedro Passos Coelho würde aber fast 37% kommen.

Der portugiesische Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos hält inzwischen das Risiko für besonders hoch, dass sich sein Land angesichts der Entwicklung in Irland ebenfalls unter den 750 Milliarden Euro schweren EU-Rettungsschirm flüchten muss. Gegenüber der "Financial Times" erklärte er, das Risiko sei deshalb so hoch, weil Portugal nicht nur vor einem nationalen Problem stehe: "Diese Sache hat mit der Euro-Zone und der Stabilität der Euro-Zone zu tun, und deshalb ist eine Ansteckung in diesem Rahmen wahrscheinlich." Doch auch er fügte an, wie in Irland gebetsmühlenhaft erklärt wird, das Land bereite derzeit keinen Hilfsantrag vor. Nicht ausgeschlossen wird inzwischen aber, dass die Finanzminister der Eurogruppe, die sich heute in Brüssel treffen, die Bedingungen für Irland-Nothilfe ausarbeiten, dessen Bankenrettung das Haushaltsdefizit 2010 auf 32% explodieren lässt.

Wegen der Ansteckungsgefahr wird auch die Nervosität in Spanien immer größer. Zentralbankchef Miguel Angel Fernandez Ordonez forderte Irland indirekt auf, die Nothilfe zu beantragen. Dublin müsse sich schnell entscheiden, sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Lage an den Finanzmärkten habe sich deshalb so negativ entwickelt, weil es keine endgültige Entscheidung aus Irland gäbe. Er vertraue darauf, dass Irland eine "angemessene Entscheidung" über seine Rettung trifft, um "unbegründete Beunruhigungen" zu zerstreuen.

Dass über einen Dominoeffekt auch Spanien bedroht wird, hat mit den Verflechtungen der Banken untereinander zu tun. So hatte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel im Juni veröffentlicht, dass Spanien noch vor Irland (402 Milliarden Euro) der größte Kreditnehmer in Europa ist. Zudem haben spanische Banken fast die Hälfte der Gesamtkredite an Portugal (244 Milliarden Euro) vergeben. Würde der Dominoeffekt nach Portugal auch den spanischen Nachbarn treffen, träfe er wieder Frankreich und Deutschland besonders. Zwei Drittel der etwa 600 Milliarden Euro, die europäische Banken den Spaniern an Krediten gewährt haben, stammen nach Angaben der BIZ aus Frankreich (205 Milliarden Euro) und Deutschland (167 Milliarden Euro).