Comeback der erneuerbaren Wärme

Die Energie- und Klimawochenschau: die Geothermie kehrt zurück, Konzeptlosigkeit bei der Sonnenwärme und Mieter sollen energetische Sanierungen zahlen

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Lange war es still geworden um die Erneuerbaren und die Wärme. Das große Potential der regenerativen Wärmeversorgung wurde völlig verkannt. Weil sie zu wenig konzernrelevant ist? Dabei macht Wärme drei Viertel des Energieverbrauchs in Gebäuden aus.

Stattdessen hatten systemstützende Maßnahmen wie Abwrackprämie, Laufzeitverlängerung und Pläne zur EEG-Demontage absoluten Vorrang. Anfang des Jahres wurde die Förderung der regenerativen Wärme gleich ganz gekappt. Doch mit der Perspektive auf baldige Machtwechsel kehren kommunal und auf Bundesebene die Initiativen für eine regenerative Wärmeversorgung und effiziente Wärmenutzung zurück.

Die 18 Millionen Gebäude in Deutschland verbrauchen für Heizung und Kühlung etwa 40% der gesamten Endenergie und verursachen damit fast 20% des gesamten CO2-Ausstoßes. Ein lohnendes Feld also für den Umstieg auf regenerative Energieträger und einen verantwortungsvollen Umgang mit Energie.

Geothermie macht Dampf

Die Erdbeben von Basel schockten lange Zeit die Geothermiebranche, doch letzte Woche wurde im oberbayerischen Kirchweidach der Bohrmeißel für das bisher größte deutsche Geothermiekraftwerk angesetzt. Zwei Bohrungen werden bis in 4.000 Meter vorgetrieben. Aus dem Untergrund soll dann heißes Wasser mit 130 Grad Celsius an die Oberfläche gefördert werden. Das poröse Kalkgestein wird dabei wie ein Wärmetauscher funktionieren, durch den das Heizwasser gepresst wird. Über Tage wird es ein Dampfkraftwerk mit einer elektrischen Leistung von rund 8 MW antreiben. Die Stromproduktion soll pro Jahr bei rund 60 Mio. Kilowattstunden (kWh) liegen, genug für 20.000 Durchschnittshaushalte.

Bis Ende Mai 2011 sollen die beiden Bohrungen niedergebracht sein. Im April 2011 beginnt dann der Bau der oberirdischen Anlagen. Das große Plus der Tiefen-Geothermie ist, dass sie kontinuierlich zur Verfügung steht. Ihr großes Minus sind die immer noch hohen Bohrkosten und ein Restrisiko bei der Fündigkeit. Das führt dazu, dass Geothermie mit einer weltweit installierten Leistung von rund 30 Gigawatt immer noch zu den kleinen erneuerbaren Energielieferanten gehört. In Deutschland sind zur Zeit 30 Geothermiekraftwerke über 2 MW mit zusammen 105 MW in Betrieb.

Bisherige große Geothermieprojekte in Deutschland, wie das der Gemeinde Unterhaching oder in Landau, wurden kommunal oder von kommunalen Energieversorgern gebaut. Anders in Kirchweidach. Das neue Projekt wird von einem Finanzinvestor aus Großbritannien realisiert. Das Projekt rechnet sich für die Investoren aufgrund des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG). Wermutstropfen des Projekts: Die Nutzung der Restwärme als Heizenergie findet nicht statt, denn in der Umgebung des zukünftigen Geothermiekraftwerks gibt es zu wenige potenzielle Abnehmer. Das Projekt wird so vorläufig ein Stromkraftwerk bleiben.

Geothermiekraftwerk. Bild: GEOenergie Bayern

Diese Auslegung ist einerseits eine Folge der Vernachlässigung der Kraft- Wärme-Kopplung in der Energiepolitik. Hängt aber auch mit dem Baustopp des Geothermieprojekts bei Basel zusammen, es hatte im Untergrund, der unter Spannung steht, Erdstöße ausgelöst. Die Folge war ein Abrücken der Geothermie von den Städten und damit leider auch von den möglichen Abnehmern der Wärme in Nahwärmenetzen. Das süddeutsche Molassebecken mit den Geothermiekraftwerken Unterhaching und Kirchweidach ebenso wie der norddeutsche Raum sind hingegen tektonisch ruhige Zonen und so bestehen gute Chancen, dass zukünftige Geothermieprojekte direkt in den Städten entstehen und so Strom u n d Wärme liefern - denn Tiefengeothermie macht vor allem als urbane Energiequelle Sinn.

Sonnenwärme – in der Abseitsfalle

Es zeigt sich, dass das Jahr 2010 für die erneuerbare Wärme-Branche ein Desaster war. Obwohl auf dem Papier solare Wärme quasi als Standard gefordert wird (in der Energieeinsparverordnung EnEV), wurde ihr von der Politik gleichzeitig die Unterstützung entzogen, sowohl finanziell als auch konzeptionell. Mit Hinweis auf "die Krise" wurde das Marktanreizprogramm für solare Wärme im Mai abrupt gestoppt. Nach monatelangen Protesten aus der Branche wurde es dann zwar eingeschränkt wieder zugelassen.

Allerdings fehlt es nicht nur an verlässlichen Zusagen, sondern auch an politischer Ideenlosigkeit in Sachen regenerative Wärme. Solaranlagen für die Trinkwassererwärmung und kleine Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung (Mini-KWK) sind ganz rausgefallen, seit die Koalition sich auf die Restaurierung der zentralisierten Energieversorgung und Großkraftwerke fokussiert. Folgerichtig sollen nun auch noch neue Kohlekraftwerke einen Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus erhalten.

Stefan Söhnle vom Solarenergie Kompetenzzentrum in Fürth urteilt: "Die Aussetzung der Förderung solarthermischer Anlagen nach dem Marktanreizprogramm MAP im Frühjahr dieses Jahres war für uns absolut kontraproduktiv." Das Beratungszentrum sollte eigentlich als bundesweite Kampagne den Bau großer solarthermischer Anlagen für Mietshäuser mit drei bis zwölf Wohneinheiten voranbringen, sie machen in Deutschland rund 90 Prozent der Mehrfamilienhäuser aus und beherbergen 80 Prozent aller Mietwohnungen.

Doch die sogar zu 50 % vom BMU geförderte, Kampagne funktioniert nicht. Es werde mit Rücksicht auf die beteiligten Hersteller so getan, als ob der Kollektorertrag die Einsparung sei. Das ist die zentrale Botschaft der gesamten Imagekampagne. Je mehr Kollektorfläche auf dem Dach installiert werden, desto besser. Deutlich wird nicht, dass die Höhe der Investitionen sich an der Höhe der daraus folgenden Modernisierungsumlage zu richten hat und darin bzw. in der Mietobergrenze eines Mietspiegels ihre Begrenzung findet. Solaranlagen für Heizung und Warmwasser müssen stattdessen per Umlage aus den Einnahmen der Nettokaltmiete refinanziert werden – mehr ökologische Sanierung wird also Auswirkungen auf die Mieten haben.

Bild: Bundesverband Solarwirtschaft

Mieter, Vermieter, Allgemeinheit – Wer zahlt die ökologische Sanierung?

Bisher war klar: Hohe Energiekosten in ungedämmten Häusern zahlen die Mieter. Aber wer soll Dämmmaßnahmen und bessere Heizungen finanzieren, wer von den dann niedrigeren Energiekosten profitieren? Um die Kosten der energetischen Sanierung ging es letzte Woche auf der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen, die in Freiburg stattfand. Die Forderung nach der sogenannten Warmmietenneutralität stand zur Diskussion.

Also: energetische Sanierung ja bitte, aber nur, wenn die Einsparungen der Heizkosten die Modernisierungsumlage von Beginn an finanziell ausgleichen. Eine andere Position vertritt Franziska Eichstädt-Bohlig, die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Berliner Grünen. Ihr Motto: "Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif." Stattdessen sollten sich Hauseigentümer, Mieter und die öffentliche Hand die Kosten für Wärmedämmung und Solaranlagen teilen. Für Mieter mit geringem Einkommen soll ein "Klimawohngeld" kommen.

Kreuzbergs grüner Bürgermeister Franz Schulz sprach sich gegen Pläne aus die Warmmietenneutralität erst nach fünf Jahren zu fordern. Das hieße bei Mietern mit geringem Einkommen, dass sie fünf Jahre lang eine Miete zahlen sollen, die sie nicht zahlen können. Und: "Würden wir eine Warmmietenneutralität fordern, bedeutete dies, dass die Eigentümer immer nur schrittweise sanieren." Statt dessen soll je nach Einkommenssituation nicht die ganzen Kosten auf die Mieter umgelegt werden.

Bild: Matthias Brake

Als Finanzierungsmodell ist ein Energiesparfonds in Höhe von 3 Mrd. Euro angedacht, der einkommensschwachen Haushalten bei Sanierungs- und Einsparungsmaßnahmen zu Gute kommen soll. Außerdem solle es eine Mietrechtsnovelle geben, die die Rechte der Mieter bei zu hohen Energiekosten stärkt, andererseits aber auch Vermieter bei energetischen Baumaßnahmen fördert. Unisono sprachen sich die Grünen dafür aus, dass der Gebäudebestand in den kommenden 30 bis 40 Jahren komplett energetisch saniert werden soll. Das entspräche dann ~ 3 % des Gebäudebestands pro Jahr – zur Zeit liegt die Quote noch bei knapp über einem Prozent.

Im derzeitigen Umfragehoch schmieden die Grünen auch schon weitergehende Energie-Pläne für Regierungsbeteiligungen in Berlin und perspektivisch auch bundesweit. In der Stadt soll die Kraft-Wärme-Kopplung ein Schwerpunktthema werden. Und zwar nicht wie bisher über Heizkraftwerke, sondern dezentral, indem große öffentliche Gebäude in Zukunft mit ihren Blockheizkraftwerken auch die umliegenden Stadtteile mit Wärme versorgen. Dazu sollen KWK-Anlagen mehr, länger und ohne Deckelung mit einem KWK-Bonus gefördert werden. Außerdem soll die in der bisherigen KWK-Novelle geplante Förderung von Kohlekraftwerken gestoppt werden. Ein Reizthema in der Region, denn der Osten ist Vattenfall-Territorium und der schwedische Energiekonzern setzt hier besonders auf Braunkohlekraftwerke.

Auch die Berliner SPD gibt sich derzeit in Sachen Energie erstaunlich modern. Sie fokussiert sich auf die Rekommunalisierung der Stadtwerke. Der Parteitag stimmte gerade dafür, die Energienetze für Gas, Strom und Fernwärme den Betreibern Gasag bzw. Vattenfall nach dem Auslaufen der Konzessionsverträge 2013 (Gas) und 2014 (Strom) zu entziehen und wieder kommunal oder zumindest in einem "Berlin Energie" genannten gemeinsamen Unternehmen zu betreiben.

Welch ein Gesinnungswandel im Vorwahlkampf, hatte doch die SPD Ende der 90er Jahre noch den Verkauf der Berliner Gasag und der Bewag mitgetragen. Aber auch handfeste ökonomische Argumente überzeugten die Delegierten. Einige Redner rechneten nämlich vor, das die Gewinne aus den Versorgungsnetzen, die in den letzten Jahren den privaten Betreibern teils sogar garantiert wurden, sich doch für das Land und damit die Allgemeinheit viel besser rechnen.