EIKE-Konferenz in Berlin: Das Treffen der Dinosaurier

Interesse bestand vor allem bei älteren Teilnehmern. Bild: S. Duwe

Liberales Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung ist Mitveranstalter des internationalen Treffens der Leugner einer anthropogenen Klimaerwärmung

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Während im mexikanischen Cancún Diplomaten aus aller Welt über den Klimaschutz verhandeln, fand im winterlichen Berlin eine Gegenkonferenz statt. Eingeladen zur Internationalen Energie- und Klimakonferenz hatten die Leugner der anthropogenen Klimaerwärmung vom EIKE-Institut, doch auch die Friedrich-Naumann-Stiftung der FDP findet sich auf der Einladung unter den Veranstaltern. Nicht das Klima, sondern Wirtschaft und Freiheit seien bedroht – und zwar durch Umweltaktivisten, so der Tenor auf der Konferenz. Zudem könne man das Klima ohnehin nicht beeinflussen.

Dem IPCC ginge es nicht um das Klima, sondern um Vermögensumverteilung, begrüßt der EIKE-Vorsitzende Holger Thuss die größtenteils älteren Zuhörer. Es geht den Veranstaltern nicht nur um eine Kritik an der Klimapolitik, es geht vor allem um die Wirtschaft, die EIKE durch diese Politik gefährdet sieht.

Der EIKE-Vorsitzende Holger Thuss. Bild: S. Duwe

Das verwundert kaum, handelt es sich bei den Partnern, mit denen EIKE die Konferenz veranstaltet, um wirtschaftsnahe Einrichtungen. So stand der Mitveranstalter CFACT, der sich mit EIKE ein Postfach in Jena teilt, in der Kritik, weil er in der Vergangenheit immer wieder Spenden unter anderem vom Ölkonzern Exxon erhalten hat. Auch der Mitveranstalter Berlin Manhatten Institut (BMI), personell eng verbunden mit dem Institut für Unternehmerische Freiheit (IUF), gibt sich betont wirtschaftsliberal. Oliver Knipping, sowohl im Vorstand des IUF als auch des BMI vertreten, ist Autor beim Ökonomenblog, einer Plattform der von der Metall- und Elektroindustrie finanzierten Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Der ebenfalls in den Vorständen von IUF und BMI vertretene Charles Beat Blankart ist wissenschaftlicher Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium.

Für die Referenten auf dem EIKE-Kongress ist der Klimawandel zwar existent, jedoch keinesfalls menschengemacht oder gar bedrohlich. Klimaveränderungen gebe es schon immer, daher seien sie auch nicht beeinflussbar. Ein großer Teil der Erderwärmung ginge ohnehin auf die Sonnenaktivität zurück – ein Argument, welches unter anderem vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) zurückgewiesen wird.

Die Pläne zur CO2-Verringerung seien lediglich teuer und brächten keine Ergebnisse, erklärte der bekannte Klimaerwärmungsskeptiker Fred Singer in einer Audiobotschaft an die Konferenz. Singer begrüßte, dass der neue Kongress in den USA nun von Klimaskeptikern dominiert sei, dies werde Auswirkungen haben. Der Bundestag sei jedoch stark von den Grünen beeinflusst, erklärte Singer und fand damit Zustimmung sowohl bei den übrigen Referenten als auch im Publikum.

Dabei ist Singer selbst mittlerweile im Bundestag angekommen. Eine kleine Gruppe Parlamentarier um den FDP-Wirtschaftspolitiker Paul Friedhoff und die umweltpolitische Sprecherin der CDU, Marie-Luise Dött lud Fred Singer im September zu einer Gesprächsrunde mit Wissenschaftlern und Managern in den Bundestag ein.

Dött, die mit dem EIKE-Fachbeirat Friedrich-Karl Ewert befreundet iyt, hat dabei ein Ziel: Sie will in der Umweltpolitik "Schlimmeres" vermeiden, habe sich bei ihrer Wahl deshalb "gegen alle Gutmenschen durchsetzen" müssen. Das seltsame Treffen der Parlamentarier hatte auch die Grünen auf den Plan gerufen, die daraufhin in einer kleinen Anfrage von der Bundesregierung wissen wollten, ob sie wissenschaftlich publizierte und per Peer Review geprüfte Arbeiten kennt, die den vom Menschen gemachten Klimawandel in Frage stellen – was diese verneinte.

Trotzdem wurde die Antwort der Bundesregierung auf der Klimakonferenz als Erfolg gewertet – offenbar überwiegt die Freude darüber, sich einen kleinen Unterstützerkreis in den Reihen der Abgeordneten aufgebaut zu haben. Denn auch die Zusammenarbeit zwischen dem Liberalen Institut, einem besonders marktliberalen Think-Tank der Naumann-Stiftung, scheint zu einer Tradition zu werden. Bereits vor einem Jahr veranstalteten das Liberale Institut und EIKE gemeinsam eine Klimakonferenz in Berlin. Die FDP musste sich daraufhin Kritik aus den eigenen Reihen gefallen lassen: Eine politische Stiftung habe politische Verantwortung, kritisierte der Bundestagsabgeordnete Horst Meierhofer (FDP) 2009 die Kooperation mit EIKE.

Die Vermutung Meierhofers, das Liberale Institut kenne sich möglicherweise mit dem Thema nicht genug aus und habe deshalb das in der Fachwelt nicht anerkannte EIKE quasi aus Versehen unterstützt, kann nach der diesjährigen Wiederholung hingegen als widerlegt gelten. Die Friedrich-Naumann-Stiftung wird sich allerdings fragen lassen müssen, wofür sie ihre Mittel einsetzt. Immerhin finanzieren sich die parteinahen Stiftungen zu einem guten Teil aus Zuwendungen der Bundesministerien – allein die Naumann-Stiftung rechnet in diesem Jahr mit Einnahmen von über 38 Millionen Euro aus den Ministerien, hinzu kommen noch die Zuwendungen der Bundesländer.

Unter einer Weltverschwörung geht es nicht

Klimapolitik sehen die "Klimaskeptiker" vor allem als eine Verschwörung ungeahnten Ausmaßes, die sich gegen Wohlstand und Demokratie richtet. Lord Christopher Monckton, eine Ikone der Bewegung, vergleicht da schon einmal Demonstranten beim Klimagipfel in Kopenhagen mit der Hitlerjugend. Wolfgang Müller, Vorstand im BMI und IUF, sieht einen "gewaltigen grün-industriellen Komplex" am Werk. Je dramatischer die Redner die Übermacht der gegnerischen Seite ausmalen, um so stärker der Beifall im Saal, mit weniger als einer Weltverschwörung versuchen es die Referenten gar nicht erst.

Am besten beherrscht der Journalist Günter Ederer das Spiel. Ederer ist ein Mann, der der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft "aus dem Herzen spricht" und der keine Probleme damit hat, sich von dort Zuschüsse für "Märchen"-Reportagen zu erhalten, die dann im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu sehen waren. Ederer betätigt sich schon länger als publizistisches Sprachrohr der Klimaleugner, platzierte 2007 sogar einen entsprechend Beitrag bei Report München, in dem er Singer zu Wort kommen ließ – ohne dessen Verbindung zur Exxon Mobil zu erwähnen.

Günter Ederer warnt vor der Gefahr einer totalen Planwirtschaft und faschistoiden Strukturen. Bild: S. Duwe

Dass Ederer "zu wissenschaftlichen Hintergründen" des Klimawandels nicht viel sagen kann, wie er zu Beginn seines Vortrags einräumt, tut seiner Beliebtheit keinen Abbruch – komplexe Fragen aus dem Publikum zur Meteorologie konnten seine Vorredner ebenfalls nicht beantworten. Stattdessen kritisierte er Herrmann Scheer als "Erfinder" des industriellen Komplexes der Erneuerbaren Energien. Von der Linkspartei bis hin zur Union seien mittlerweile alle Parteien in der Hand der EE-Lobby, die eine Umverteilung von unten nach oben durchführen und eine "totale Planwirtschaft" einführen wolle. Ederer sieht "autoritäre, faschistoide Strukturen" am Werk, die sich nicht einmal mehr tarnten und eine Gefährdung für die Zivilisation seien. Dahinter stehe eine krude Religion, die rational nicht mehr begreifbar sei.

Besser würde es nach Ederers Ansicht mit einem Strommarkt ohne Subventionen. Seiner Meinung nach würde dann Solarenergie 50 Cent kosten, während Atomstrom für 4 Cent zu haben sei – der Saal jubelt, dabei ist offensichtlich, dass in Ederers Rechnung die Nebenkosten der Atomkraft nicht enthalten sein können.

Doch gleichzeitig wachsen die Sorgen im Publikum. Der Vortrag sei bitter und notwendig, meldet sich ein älterer Herr zu Wort: "Aber er macht es schwer, einzuschlafen, wenn man zwei Diktaturen schon selbst miterlebt hat." Andere machen sich da eher Sorgen um die Altersstruktur des Publikums. Sie befürchte, dass die Klimaskeptiker bald "als Dinosaurier aussterben", sagte eine Teilnehmerin mit besorgtem Blick in die greise Runde, und machte darauf aufmerksam, dass möglicherweise der Nachwuchs fehle. "Die jüngeren werden ja alle in der Schule von den Klimaschützern indoktriniert."