Der Weg zum Kommunismus wird weiter beschritten

Auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz gibt sich die Bundesvorsitzende Gesine Lötzsch kämpferisch

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Der Auftritt von Gesine Lötzsch auf der diesjährigem Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin stand unter keinem günstigen Stern. Ihr Artikel über "Wege zum Kommunismus" in der Jungen Welt hat ihr nicht nur scharfen Gegenwind aus Medien und vom politischen Gegner eingebracht, auch in ihrer eigenen Partei werden kritische Stimmen laut. Und dann sorgten noch vor Beginn der Podiumsdiskussion die Reservierung der ersten Sitzreihe für Lötzschs Angehörige sowie die Ankündigung von Ulla Jelpke (Linke), dass Lötzsch an der Diskussionsrunde nicht teilnehmen werde, für Unmut unter dem kommunistischen Ideen eigentlich aufgeschlossenen Publikum in der Berliner Urania.

Hintergrund von Lötzschs Fehlen bei der Diskussionsrunde sei, dass sie nicht nur von den Medien, sondern auch in ihrer eigenen Partei unter Druck gesetzt werde, so Jelpke. Dass der Artikel eine derartige Hysterie ausgelöst hat, kann sich Jelpke nur damit erklären, dass "den Herrschenden das Wasser bis zum Hals" steht. Die Auslöserin dieses Rauschens im Blätterwald, die Parteivorsitzende, wollte der Veranstaltung jedoch auch nicht ganz fern bleiben, und erklärte in einem bissigen Vortrag ihre Position.

Gesine Lötzsch. Foto: Silvio Duwe

Trotz der Startschwierigkeiten schafft es Lötzsch, das Publikum sofort mitzureißen. "Wer bin ich?", fragt sie in die Runde, um gleich darauf zu antworten: "Ich bin Gesine Lötzsch." Damit ist sofort klargestellt, dass sie ihre Position keinesfalls räumen will. Wenn jemand der Meinung sei, sie, Gesine Lötzsch, sei keine Demokratin, die auf dem Boden des Grundgesetzes stünde, dann sei das eine "Unverschämtheit". Besonders von Politikern, die völkerrechtswidrige Angriffskriege gegen den Willen der Bevölkerung beschlossen hätten, wolle sie sich die Demokratie nicht erklären lassen.

Sie selbst sei entsetzt darüber, wie Union und FDP mit dem demokratisch gewählten Bundestag umgingen. Tatsächlich kritisierte jüngst selbst Bundestagspräsident Lammert (CDU), dass die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke im Eiltempo durch den Bundestag gebracht worden war.

Doch auch an ihrer eigenen Partei, namentlich an Gregor Gysi, übte Lötzsch Kritik. Dieser nannte Lötzschs Artikel missverständlich. Wenn man den Begriff Kommunismus verwende, müsse man auch auf die Verbrechen hinweisen, so Gysi. "Wenn die Menschen bei dem Begriff Kommunismus an Stalinismus und die Mauer denken", dann müsse man Aufklärungsarbeit leisten, so Lötzsch. Trotzdem nutzte sie erneut die Gelegenheit klarzustellen, dass die Linke Terrorismus zur Erreichung ihrer Ziele ablehnt.

Die Forderungen, aufgrund des Artikels von Lötzsch die Linkspartei zu verbieten oder zumindest die Opfer des Kommunismus zu erwähnen, sind freilich absurd. Zum Einen handelt es sich bei ihrem Beitrag lediglich um einen "Reformerbeitrag", so Jelpke, in dem so unspektakuläre Dinge wie eine dezentrale Energieproduktion, Verlagerung von Transporten auf die Schiene sowie Mindestlöhne gefordert werden. Zum Anderen fordert niemand dazu auf, bei jeder Gelegenheit an die Opfer des Kapitalismus in den ersten Fabriken, in denen auch Kinder unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten mussten, hinzuweisen.

Diese Zustände sind nicht etwa lediglich Auswüchse des Manchesterkapitalismus, vielmehr dauern sie bis heute an. Die schlimmsten Auswüchse dieser Verwertungslogik jedoch finden nicht mehr vor unserer Haustür statt, sondern für uns quasi unsichtbar in den Entwicklungsländern, an der Peripherie. Wer von der Linken fordert, bei jeder Gelegenheit die Opfer des Kommunismus zu benennen, der müsste ebenso im Zuge der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken auf die Bedingungen hinweisen, unter denen das Uran für die Brennstäbe abgebaut wird, sowie regelmäßig auf die Kinderarbeit auf den Kakaoplantagen verweisen, von der die reichen Industrienationen profitieren.

Letztlich ist auch die soziale Marktwirtschaft nicht denkbar ohne Billigprodukte, die zu Dumpinglöhnen in den ärmsten Regionen der Erde hergestellt werden. Die Existenz von Billigangeboten zweifelhafter Herkunft ist jedoch mit eingepreist, wenn Hartz-IV-Sätze neu berechnet werden. Das klar auszusprechen, wurde aber bisher noch von keiner Bundesregierung verlangt.

Für Lötzsch steht daher fest, dass "der Kapitalismus nicht das Ende der Geschichte ist", stattdessen werde der demokratische Sozialismus die Zukunft sein. Auch Jelpke gibt sich kämpferisch. "Ich hoffe, dass wir heute einen ersten Schritt auf den Weg des Kommunismus finden."

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