Enteignung für den Sport

Politiker drohen für die Olympiabewerbung 2018 mit Maßnahmen, die sie in anderen Ländern kritisieren

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Im bayerischen Garmisch-Partenkirchen sollen, so haben Landes- und Kommunalpolitiker beschlossen, 2018 olympische Winterspiele stattfinden. Denen steht allerdings der Artikel 14 des Grundgesetzes im Wege. Der schützt nämlich das Eigentum. Auch das eines Landwirts, der sich bislang weigert, ein Grundstück am Zieleinlauf der "Kandahar-Abfahrt" für das milliardenschwere Subventionsprojekt zur Verfügung zu stellen.

Ein dafür von ihm ausgesprochenen Betretungsverbot sollte ursprünglich bereits für die Ski-Weltmeisterschaft vom 7. bis zum 20. Februar 2011 gelten. Deshalb drohte ihm der Garmischer Bürgermeister Thomas Schmid mit etwas, dessen leichtfertiger Einsatz in Ländern wie China gerne kritisiert wird: Der Enteignung. Mit diesem Druckmittel konfrontiert, gab der Bauer jetzt klein bei und erklärte, dass man sein Grundstück zur Ski-WM nutzen dürfe, wenn das Abfahrtsende etwas verlegt wird.

Garmisch-Partenkirchen. Bild: Patrick Scales. Lizenz: CC-BY-SA-3.0.

Für die Olympischen Spiele soll diese Teilkapitulation zwar noch nicht gelten, doch auch hier zeichnet sich ab, dass die Drohung mit dem Zwangsinstrument durchaus das Potenzial hat, Bürger zu nicht ganz freiwilligen Entschlüssen im Sinne der Politiker zu bewegen. Enteignungen sind zwar insofern zulässig, als der Absatz 3 des Artikels 14 der Verfassung sie in bestimmten Fällen "zum Wohle der Allgemeinheit" erlaubt. Inwieweit sportliche Großereignisse wie die Olympischen Spiele diesem Allgemeinwohl dienen, wird jedoch um so zweifelhafter, je kommerzieller sie werden. Zudem ist bei der Entscheidung eine Rechtsgüterabwägung notwendig - und noch ist Sport nicht als Staatsziel ins Grundgesetz aufgenommen, wie manche Politiker aus FDP, Union und SPD dies fordern.

Neben dem bereits jetzt von einer konkreten Enteignungsdrohung Betroffenen weigern sich zahlreiche weitere Garmischer, ihr Land für die Olympischen Spiele 2018 herzugeben. 58 davon haben Grundstücke, die nach derzeitigem Planungsstand tatsächlich benötigt werden. Sie lassen sich vom Münchener Verwaltungsrechts-Fachanwalt Ludwig Seitz vertreten, der das Internationale Olympische Komitee (IOC ) unlängst in einem Brief darüber aufklärte, dass die Entscheidung seiner Mandanten, "den von ihren Vorfahren geerbten Grund nicht zur Verfügung zu stellen, [...] unumstößlich" sei.

Die förmliche Bewerbung, die auch Angaben über die Flächen enthält, muss dem IOC am Dienstag vorliegen. Vorgestellt wird das 400 Seiten umfassende "Bid Book" aber bereits heute Vormittag auf einem Weißwurstfrühstück mit dem Münchener Oberbürgermeister Christian Ude. Im März schickt das IOC dann eine Evaluierungskommission nach Bayern, deren Bericht die offizielle Grundlage für die Entscheidung am 6. Juli ist.

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