Apps für Roboter gesucht

Open Source ist ein wichtiger Trend in der Roboterentwicklung. Aber wie lange hält er noch an?

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Tablet-PCs dominierten die diesjährige Consumer Electronics Show in Las Vegas. Besucher der Veranstaltung sprachen von einer regelrechten Welle neuer Geräte. Da konnte der auf einem Roboter montierte iPad am Stand der Firma iRobot leicht untergehen. Für manche war aber gerade diese unter dem Kürzel "AVA" laufende Präsentation das Glanzlicht der Show.

Frank Tobe, Herausgeber des Robot Report, berichtet in seinem Blog, wie seine Fantasie beim Anblick der Konstellation Purzelbäume schlug. Auf einer mobilen Standardplattform von iRobot war eine Säule montiert, die auf und ab gefahren werden konnte. An der Spitze dieser Säule befand sich der iPad, darunter ein Gerät ähnlich dem Kinect, das bei der Videospielkonsole Xbox die Körperbewegungen der Spieler erkennt. Ob das ein Roboter für Telepräsenzanwendungen sei, fragte Tobe. Nein, lautete die Antwort, das sei vorerst noch gar nichts weiter als ein mobiles Gerät, zusammengebaut aus billigen, nutzerfreundlichen Komponenten, das darauf wartet, dass die Nutzer Apps dafür entwickeln.

In einem Videointerview mit PC Magazine erläutert Colin Angle von iRobot die Idee: "Wer ein iPad bedienen kann, kann jetzt auch einen Roboter bedienen." Ähnlich wie iPad und iPhone ist das System offen für neue Anwendungen und Erweiterungen. Mit AVA setzt iRobot auf offene Entwicklungsumgebungen, ein Konzept, das auch die kalifornische Firma Willow Garage mit ihrem Roboter PR2 und dem Betriebssystem ROS offensiv verfolgt. Gerade erst ist ein Wettbewerb zu Ende gegangen, bei dem nach Anwendungen für die Kombination von Kinect und ROS gesucht wurde. Derzeit ist die Jury noch dabei, unter den Einsendungen die Gewinner zu ermitteln.

Der offene Austausch von Ideen erweist sich mehr und mehr als erfolgversprechende Methode, um robuste Robotersysteme zu realisieren. Open Source ist seit etwa zwei Jahren ein wichtiger Trend in der Robotik, der sich beim Forschungsprojekt Robotcub sogar auf die Hardware erstreckt: Wer das nötige handwerkliche Geschick und etwa 200.000 Euro für die erforderlichen Komponenten hat, kann sich den humanoiden Roboter iCub selber bauen. Die Pläne stehen im Internet.

iCub

Ob dieser Trend lange anhält und wohin er führt, ist allerdings offen. Herman Bruyninckx von der Katholischen Universität Leuven in Belgien, Koordinator des Robotiknetzwerks Euron und selbst an dem Open-Source-Projekt Orocos beteiligt, befürchtet, dass große Hersteller wie Apple oder iRobot in zwei bis drei Jahren genügend von dem freien Austausch profitiert haben könnten, um ihn mit ihrer Marktmacht wieder zu ersticken. Die Offenheit des Codes resultiere nicht notwendigerweise in Offenheit für den Nutzer.

In einem Beitrag zur Euron-Mailingliste hatte Bruyninckx vor zwei Monaten angeregt, die verschiedenen Open-Source-Bestrebungen der Robotik auf eine solidere Grundlage zu stellen. Er hält es für ratsam, sich zu einer "Robotics Software Foundation" zusammenschließen, dem Beispiel erfolgreicher Open-Source-Projekte wie Linux, Eclipse oder Apache folgend. Eine solche Organisation könnte über die Etablierung von Quasi-Standards und die Durchführung jährlicher Konferenzen die verschiedenen Bestrebungen besser koordinieren. Die Resonanz auf diesen Vorschlag war aber bislang sehr gering. Es habe ein paar Kommentare gegeben, so Bruyninckx, aber keine substanziellen Beiträge.

Wird der Open-Source-Roboter also nichts weiter als eine Fußnote der Geschichte, ein nützlicher Idiot, der die kommerziellen Anbieter in die Gewinnzone gelotst hat? Es sieht ganz danach aus.