Wenn ElBaradei an die Macht kommt, müsste Israel schnell Iran angreifen

Die Neokonservativen wie der ehemalige UN-Botschafter John Bolton malen wie üblich ein Schwarz-Weiß-Bild und unterstützen das Mubarak-Regime

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Den Rechten in den USA passt die Demokratisierungsbewegung in Ägypten nicht ins Konzept, obgleich Bush seine Kriege und seine aggressive Politik gegenüber der Achse des Bösen auch damit begründete, die Tyranneien stürzen zu wollen. Den Irak wollten die neokonservativen Republikaner als US-freundliche Modelldemokratie für den gesamten Nahen Osten aufbauen und damit auch die Abhängigkeit vom ölreichen Saudi-Arabien reduzieren. Angesichts des erwarteten strahlenden Erfolgs sollten dann die anderen Staaten wie Dominos umfallen und sich nach dem Modell von Irak ebenfalls in westlich orientierte Demokratien verwandeln. Jetzt besteht die Sorge, dass nach Tunesien und Ägypten zwar ein Domino-Effekt eintreten könnte, der sich aber gegen die USA – und Israel – wenden könnte, nachdem die US-Regierungen so lange die autoritären Regimes unterstützt hatten.

Mit ElBaradei, dem Friendsnobelpreisträger und ehemaligen IAEA-Direktor (1997-2009), hatten die Neokonservativen immer Probleme, weil er nicht die politischen Vorlagen aus den USA einfach umsetzte. So bezweifelte er zusammen mit Hans Blix, seinem Vorgänger bei der IAEA, dass der Irak weiterhin Massenvernichtungswaffen besitzt oder entsprechende Programme hat, womit die Bush-Regierung den Irak-Krieg zu legitimieren suchte. Er widersprach auch der von Bush und Powell gemachten Behauptung, der Irak habe Uran aus Niger kaufen wollen. ElBaradai warnte auch stets vor einem militärischen Angriff auf den Iran. Zwar kritisierte er immer wieder den Iran, sein Atomwaffenprogramm den Inspektionen nicht ausreichend zu öffnen, verweigerte sich aber dem Druck der USA, die Existenz eines geheimen iranischen Atomwaffenprogramms zu bestätigen, und sprach sich für Verhandlungen mit dem Iran aus. ElBaradais korrekte Haltung gegenüber den angeblichen irakischen Massenvernichtungswaffen erzürnte die Bush-Regierung so, dass sie massiv versuchten, seine Wiederwahl im Jahr 2005 zu verhindern. Allerdings standen sie dabei alleine.

Besonders hervorgetan hatte sich dabei John Bolton, der zwischen 2001 und 2005 Staatssekretär für Waffenkontrolle im US-Außenministerium und ab 2005 bis 2006 UN-Botschafter der USA gewesen war. Bolton ist verbandelt mit vielen neokonservativen Netzwerken wie dem American Enterprise Institute (AEI), dem Jewish Institute for National Security Affairs (JINSA), dem Project for the New American Century (PNAC) oder dem Council for National Policy (CNP), die schon in den 90er Jahren für den Krieg gegen den Irak eintraten, die USA als Supermacht etablieren wollten und enge Verbündete Israels waren. Heute arbeitet er u.a. für den rechten Sender Fox News und machte hier auch deutlich, welche Haltung die neokonservativen Republikaner zur Revolte in Ägypten einnehmen.

Am Montag sagte er in einem Interview für Fox News erneut auf die reichlich suggestive Frage, ob Israel den Iran nicht bald angreifen müssten, wenn Mubarak abtreten oder gestürzt werden sollte, da ElBaradai als IAEA-Generaldriektor immer die Iraner unterstützt habe: "Ich glaube nicht, dass es viel Zeit zum Handeln gibt", so Bolton. "Und der Sturz einer ägyptischen Regierung, die sich dem Friedensabkommen verpflichtet hat, wird fast mit Sicherheit beschleunigen". In dem üblichen schwarz-weißen NeoCom-Weltbild gehe es in Ägypten nicht um eine Alternative zwischen einer "Jefferson-Demokratie und dem Mubarak-Regime, sondern um die zwischen der Muslimbruderschaft und dem Mubarak-Regime, was enorme Implikationen für die USA, für Israel und für uinsere Freunde in der Region hat". Bolton war auch schon früher für einen Angriff auf den Iran eingetreten. Die Beschwörung, dass die Muslimbruderschaft in Ägypten an die Macht kommen könnte, zeigt, dass das Weltbild der NeoCons auch nach Afghanistan, Irak und dem "Globalen Krieg gegen Terrorismus" weiter in Kraft ist, als ob nichts geschehen wäre.