"Rock gegen Grün"

In Ulm machen acht Wirte mit einer ungewöhnlichen Aktion auf die Rauchverbotspläne der Großparteien aufmerksam

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Am 27. März wird in Baden-Württemberg gewählt. Anlässlich dieses kurz bevorstehenden Ereignisses schlossen sich acht Wirte aus Ulm zur Aktion "Rock gegen Grün" zusammen. Sie soll "für Sonne, Wind und Wasser, für bunte Wiesen und Wälder, gegen Grüne Pädagogik und das von den Grünen geplante totale Rauchverbot" stehen. Denn die Wähler, so die Wirte, würden von der Partei getäuscht, die in den Medien viel über Themen wie das Weltklima spreche, aber "so gut wie nie von den Tempolimits, den Steuererhöhungen, den Zwangsrenovierungen und natürlich dem totalen Rauchverbot".

Solch ein "totales Rauchverbot" habe jedoch "verheerende Folgen für die Gastronomie", wie ausbleibende Gäste und Ärger mit Anwohnern, was man im benachbarten bayerischen Neu-Ulm, wo es solch ein absolutes Rauchverbot bereits gibt, gut beobachten könne. Das aktuell in Baden-Würtemberg geltende Modell erlaubt Kneipen und Clubs unter bestimmten Bedingungen die Einrichtung separater Raucherräume, sodass Gäste zum Tabakkonsum nicht nach draußen gehen müssen. Dieses Modell wollen die Wirte beibehalten und fordern deshalb dazu auf, bei der Landtagswahl nicht für die Grünen zu stimmen.

Veranstaltungsflyer

Jürgen Filius, der Ulmer Direktkandidat der Grünen, räumte ein, dass seine Partei für ein Rauchverbot nach bayerischem Vorbild sei, nachdem er von der Augsburger Allgemeinen auf die Aktion angesprochen wurde. Aber, so Filius, auch die SPD und große Teile der CDU lägen ganz auf dieser Linie. Und gerade die Ulmer Direktkandidatin der Union, die Sozialministerin Monika Stolz, habe sich einen Namen als entschiedene Befürworterin einer "Null-Toleranz-Regelung" gemacht. Außerdem werde durch ein in Ulm und Neu-Ulm gleichermaßen geltendes umfassendes Rauchverbot das "Gleichgewicht zwischen den beiden Städten" wieder hergestellt.

Die Methode, mit der die Wirte den Ulmern ihr Anliegen vermitteln wollen, mutet allerdings etwas ungewöhnlich an: Konkret handelt es sich um drei Veranstaltungen: "Jürgen Trittins Lieblingsplatten" am 18. März im Cabaret Eden, eine "Claudia Roth Party" am 25. März im Home und eine "Wahlparty des politischen Liedes" am 26. März in der Olgabar. Beim Abend mit Jürgen Trittins Lieblingsplatten, die man offenbar seinem Facebook-Profil entnahm, sollen unter anderem Depeche Mode, Franz Ferdinand und Johnny Cash laufen.

Ob man damit wirklich Wähler davon abschreckt, den Grünen ihre Stimme zu geben? Auf der "Claudia Roth Party", für die sich Ton Steine Scherben und Bruce Springsteen aufdrängen, böte sich immerhin noch die Möglichkeit, Wähler mit YouTube-Videos der Politikerin zu beeinflussen. Das würde einer Idee von Reinhard Jellen nahekommen, der fordert, nicht nur Zigarettenschachteln, sondern auch Wahlzettel mit Horrorbildern zu den möglichen Folgen oder wenigstens mit Politikerfotos auszustatten.

Tatsächlich abschreckende Wirkung haben könnte die "Wahlparty des politischen Liedes". Zumindest kann man sich das dann vorstellen, wenn häufig genug "Sonne statt Reagan" von Joseph Beuys gespielt wird. Aber auch im Süden der Republik gilt die norddeutsche Weisheit: "Wat den een sien Uhl, is den annern sien Nachtigal". Und auch hier werden der oder die Musikunterhalter möglicherweise der Versuchung nicht widerstehen können, den Abend mit Werken wie Rocko Schamonis "CDU" aufzulockern. Wie viele Stimmen den Grünen die drei Musikabende direkt kosten, dürfte deshalb eher offen sein. Allerdings spekulieren die nicht für Stellungnahmen erreichbaren Wirte vielleicht auch gar nicht damit, sondern mit viel Medienaufmerksamkeit für die Rauchverbotspläne der baden-württembergischen Großparteien und höheren Umsätzen an den drei Musikabenden.

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