Vom Mann zur Frau und von der NPD zur Linkspartei

Im baden-württembergischen Wahlkreis Emmendingen tritt eine ungewöhnliche Kandidatin an

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Monika Strub tritt bei der Landtagswahl am 27. März im badischen Emmendingen als Direktkandidatin der Linkspartei an. Die 35-jährige Abendschülerin, die Mitglied der Gewerkschaft Verdi ist, war, wie die Süddeutsche Zeitung herausfand, früher nicht nur ein Mann, sondern bis 2001 auch NPD-Mitglied Nummer 79879.

Auf einem alten Foto, das die Bild-Zeitung ausgrub, sieht man Monika Strub, die damals noch Horst hieß, mit Bomberjacke und Stoppelfrisur. Horst, so heißt es in dem Blatt, sei ein "polizeibekannter Schläger" gewesen und "mehrfach aktenkundig" geworden. Überprüfen lässt sich das nicht, weil die Linkspartei Strub mittlerweile vor Medienvertretern abschirmt.

Zu dem Thema, so Pressesprecher Hanno Harnisch, sei "alles gesagt, was man da sagen muss" und die Kandidatin habe ihren Gesinnungswandel in einer Erklärung am Samstag "glaubhaft dargelegt". In dieser Telepolis vorliegenden Email gibt die Politikerin an, sie sei unter anderem über die Schule in ihr damaliges Umfeld "hineingeraten" und schäme sich heute dafür. Mit der "Ideologie und Gesinnung" der NPD habe sie gebrochen, weil sie nun wolle "dass jeder Mensch das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, auf ein menschenwürdiges Leben hat, egal welche Nationalität er hat".

Der Badischen Zeitung sagte Harnisch, dass die Linkspartei von der politischen Vergangenheit Strubs "immer gewusst" und sie in deren Kenntnis aufgenommen und als Direktkandidatin aufgestellt habe: "Wenn jemand", so der Pressesprecher, "radikal mit seiner Vergangenheit bricht und von der NPD weggeht, dann sollten wir alle uns darüber freuen. [...] Es gibt leider viel zu wenige Aussteiger aus der rechten Szene."

Dass Personen mit bräunlicher Vergangenheit politische Ämter bekleiden, hat in Baden-Württemberg Tradition. Hans Filbinger, von 1966 bis 1978 Ministerpräsident und von 1971 bis 1979 CDU-Landesvorsitzender, war bis 1945 NSDAP-Mitglied und verantwortete als Marinerichter Todesurteile gegen Deserteure. Als ihn Rolf Hochhuth Ende der 1970er in der Wochenzeitung Die Zeit kritisierte, wollte Filbinger den Schriftsteller mundtot machen und verklagte ihn wegen einiger seiner Formulierungen. Im darauf hin folgenden Prozess wurde allerdings so viel über Filbingers Vergangenheit bekannt, dass er schließlich seinen Hut nehmen musste.

Anfangs hatte der Ministerpräsident versucht, diesen Enthüllungen dadurch zu begegnen, dass er nur scheibchenweise zugab, was ohnehin schon an die Öffentlichkeit gedrungen war und weitere Taten bestritt. Nachdem aber immer weitere Fälle ans Licht kamen, berief sich der CDU-Politiker auf sein angeblich schwaches Gedächtnis und den langen Zeitraum, der seit dem Zweiten Weltkrieg vergangen war. Eine Entschuldigung bei der Familie eines wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilten Matrosen verweigerte Filbinger mit Hinweis auf die formale Rechtmäßigkeit der damaligen Entscheidung.

Hans Filbinger. Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F054633-0026 / Engelbert Reineke / CC-BY-SA.

Als Filbinger 2007 starb, veranstaltete das Land Baden-Würrtemberg ihm zu Ehren einen Staatsakt, an dem unter anderem Wolfgang Schäuble und der damalige Ministerpräsident Günther Oettinger teilnahmen. Die in der Trauerrede getätigte Einschätzung Oettingers, Filbinger sei "kein Nationalsozialist" gewesen, kritisierten Historiker als Geschichtsfälschung.

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