Fukushima und die Folgen

Japan und seine ABC-Abwehr

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Nach den Explosionen in drei Atomkraftwerken und dem Brand in einem vierten Reaktor besteht Hoffnung, dass sich die Lage in Fukushima allmählich verbessert. Allerdings weitet sich die Verstrahlungszone immer mehr aus. Mittlerweile ist nicht nur die Gegend um die Reaktoren verstrahlt, auch das Trinkwasser und die Lebensmitteln sind kontaminiert. Selbst im günstigsten Fall stehen die japanischen ABC-Abwehrkräfte vor enormen Herausforderungen.

Fukushima am 18. März. Bild: Digital Globe

Aufgaben der ABC-Abwehr

Bisher konnte ein Super-GAU vermieden werden, noch hält die Wand der Reaktordruckbehälter aus 15 cm Spezialstahl 316 L. Nur ein winziger Bruchteil des in den vier Reaktorruinen vorhandenen Nuklearinventars wurde tatsächlich freigesetzt. Die Menge, die durch die Überdruckventile der Druckbehälter der drei Reaktoren F I-I, F I-II und F I-III in die Umwelt gelangte, reichte dennoch aus, um mehrere tausend Quadratkilometer zu verstrahlen. Eine Woche nach dem Erdbeben ist die radioaktive Wolke bis an die Ostküste der USA vorgedrungen.

Zwar werden (mittlerweile) ständig Strahlenmesswerte veröffentlicht, aber über die Isotopenzusammensetzung schweigen sich die Behörden weiterhin aus. Nach der Wasserstoffexplosion des Reaktor F I-II am 15. März wurde ein Spitzenwert von 8,217 Millisievert pro Stunde gemessen, aber diese Dosis war zeitlich und örtlich begrenzt. Im Allgemeinen soll die Strahlenbelastung keine gesundheitsgefährdenden Werte erreichen, behaupten die Behörden. Aber die Zivilbevölkerung ist gleich mehrfach einer erhöhten Strahlenexposition ausgesetzt: Zusätzlich zur Ganzkörperbestrahlung durch die natürliche Radioaktivität kommt die Gefahr einer Inhalation radioaktiver Partikel in die Lunge durch vom Wind verwehte Partikel und die Gefahr einer Ingestion radioaktiver Partikel in den Magen-Darm-Trakt durch das radioaktiv verstrahlte Trinkwasser aus Oberflächengewässern und durch den Verzehr von landwirtschaftlichen Lebensmittelprodukte und Fischen. Durch diese kumulative Belastung können an sich "tolerable" Messwerte in der Summe doch eine Gesundheitsgefährdung begründen.

Sollten die vier AKW-Meiler stabilisiert werden, müssen sie - sobald wie möglich - durch Sarkophage versiegelt werden, um eine weitere Emission radioaktiver Partikel zu verhindern. Anschließend müssen die Atomruinen – soweit möglich – saniert werden, um die Gebäudestabilität dauerhaft zu gewährleisten. Diese Arbeiten können nur Spezialfirmen übernehmen. Daneben müssen alle Gebäude auf dem Kraftwerksgelände und in seiner weiteren Umgebung abgewaschen werden. Der Boden muss entweder zubetoniert oder abgetragen und gelagert werden. Dazu sind entsprechende (End-)Lagerorte festzulegen. Geringer verstrahlte Bodenflächen können aus Zeit- und Kostengründen einfach umgepflügt werden, allerdings ist dies auf Dauer keine ausreichende Lösung. Solche Arbeiten fallen in die Zuständigkeit der ABC-Abwehr-Einheiten, da die ausführenden Arbeiter gegen die Staubentwicklung entsprechend geschützt sein müssen.

Soweit es sich dabei um Agrarflächen handelt, müssen die Bauern enteignet und entschädigt werden. Alle Lebensmittelprodukte aus der Region und ihrer weiteren Umgebung müssen durch die japanischen Gesundheits- und Landwirtschaftsbehörden dauerhaft radiologisch kontrolliert werden. Änderungen an der Trinkwasserversorgung durch einen verstärkten Rückgriff auf Tiefenbrunnen dürften kaum möglich sein. Die Personen, die jetzt schon verstrahlt sind oder noch verstrahlt werden, müssen durch die Nuklearmediziner zumindest symptomatisch behandelt werden. Sollte sich die schlechte Versorgungslage in den Notunterkünften der 500.000 Obdachlosen nicht bald bessern, ist angesichts der Wintertemperaturen von bis zu 20 Grad Minus mit einer Grippe-Epidemie zu rechnen, so dass die medizinischen ABC-Kräfte auch hier tätig werden müssten. Allerdings dürfte es schwierig werden die Patienten in Notunterkünften zu isolieren, da sie sich ja schon in einem Notlager befinden. Nicht zuletzt müssen die Atomruinen dauerhaft bewacht und radiologisch überwacht werden.

Führungsorganisation

Die "politische Verantwortung" für die Nuklearkatastrophe in Fukushima liegt beim japanischen Premierminister Naoto Kan von der Demokratischen Partei (DPJ), der die Wahlen am 11. Juli 2010 (überraschend) gewonnen hatte. Allerdings hat die DPJ kaum Regierungserfahrungen sammeln können, da von 1955 bis 2009 die mafiöse Liberal-Demokratische Partei (LDP) die Regierung stellte. Dieses Defizit musste sich angesichts der Herausforderungen an das Krisenmanagement in der gegenwärtigen Gefahrensituation negativ auswirken.

Oberste Behörde für die Zivilverteidigung ist der "Central Disaster Management Council", der unter dem Vorsitz des Premierministers tagt. Dem zentralen Gremium arbeitet das "Cabinet Office for National Security and Crisis Management" zu, das erst seit wenigen Jahren auch über einen ABC-Beauftragten verfügt; dies ist z. Zt. Dr. Tetsu Okumura. Allerdings scheint es gerade zu Beginn der Nuklearkrise erhebliche Probleme bei der Lageführung gegeben zu haben. Der AKW-Betreiber Tokyo Electric Power Company (TEPCO) hat die japanische Regierung offensichtlich nur unzureichend über die Situation und das Gefahrenpotential in Fukushima unterrichtet. So beschwerte sich Premierminister Naoto Kan, er habe von der zweiten Knallgas-Explosion erst durch das Fernsehen erfahren. Erst danach ordnete der Premierminister die Bildung eines gemeinsamen Lagezentrums von Regierung und TEPCO an. Geleitet wird das Zentrum vom Sonderberater Goshi Hosono.

Im japanischen Behörden-Dschungel liegt die Überwachung der Atomkraftwerke bei der Nuclear Industry and Safety Agency (NISA). Ihre "Nuclear Emergency Preparedness Division" ist für die Ausarbeitung von Notfallplänen zuständig. Die NISA hat am 11. März ihr "NISA Emergency Preparedness Headquarters" in Tokyo in Betrieb genommen. Für die radiologischen Messungen ist wiederum das Ministry of Education, Culture, Sports, Science, and Technology (MEXT) zuständig, das über das landesweite Messnetz verfügt.

Für den Zivilschutz im Allgemeinen ist die Fire and Disaster Management Agency (FDMA) zuständig. Dazu hat die Behörde Zivilschutzpläne ausgearbeitet. Offensichtlich hat man sich dabei zu sehr auf die guten architektonischen Präventionsmaßnahmen gegen Erdbeben verlassen und die logistischen Probleme einer umfassenden Nachsorge vernachlässigt.

Da die zivilen Kräfte nicht ausreichen, hat Verteidigungsminister Toshimi Kitazawa den Einsatz von 100.000 Soldaten angeordnet. Die Einsatzleitung obliegt dem Vorsitzendes des "Joint Staff" General Royoichi Oriki und seinem J-3-Operationsleiter. Das Militär ist durch zwei Offiziere im gemeinsamen Lagezentrum der Regierung vertreten: Oberst Yoshino und Oberst Nose. In Fukushima vor Ort leitet der Kommandeur der "Nordöstlichen Armee" General Eiji Kimizuka, den Hilfs- und Unterstützungseinsatz. Sein Hauptquartier befindet sich in Sendai, ihm sind u. a. folgende Verbände direkt unterstellt: die 6. Heeresdivision in Jinmachi und die 9. Heeresdivision in Aomori, dazu die 2. Pionierbrigade in Funaoka.

Für den Fall einer Nuklearkatastrophe gibt das "Special Measures Law on Nuclear Disaster Countermeasures" den Behörden weitreichende Vollmachten. Unter Berufung auf Artikel 15 dieses Gesetzes verhängte Premierminister Kan am 11. März den atomaren Notfall. In welchem Umfang Notstandsmaßnahmen zwingend werden, hängt zum einen von der Entwicklung der radiologischen Lage und zum anderen von der Bewältigung der Versorgungsprobleme für die 500.000 Obdachlosen und die zahllosen Binnen-Flüchtlinge ab.

Die Heeresstreitkräfte

Nach den Erfahrungen mit dem japanischen Militarismus im Zweiten Weltkrieg hat Japan in Artikel 9 seiner Verfassung festgelegt, dass man auf den Besitz von Streitkräften verzichtet. Dennoch verfügt Japan heute über eine so genannte Self-Defence Force (SNF) von rund 241.000 Mann, damit ist die SNF genau so umfangreich wie die deutsche Bundeswehr.

Das Heer (Nihon Rikujyo Jieitai) stellt mit 148.000 Mann die größte Teilstreitkraft. Zu seinen Truppengattungen zählen die "Chemischen Truppen". Aus wie vielen Einheiten sind diese zusammen setzten, lässt auf Grund der beschränkten Literaturlage nicht sagen. Vermutlich handelt es sich um 2.000 bis 3.000 Soldaten.

Wichtigste ABC-Einheit ist die "101st Nuclear Biological and Chemical Protection Unit", die zur "Chemischen Schule" der Streitkräfte gehört. Außerdem wird in der Literatur eine "Cental NBC Weapons Defense Unit" erwähnt, die zur schnellen Eingreiftruppe, der so genannten "Chuo Sokuo Shudan" in Nerima bei Tokyo, gehört. Dieser Eingreifverband wird zur Zeit von Generalleutnant Josho Yamaguchi befehligt. Darüber hinaus hat anscheinend jede Division – es gibt eine Panzerdivision und neun Infanteriedivisionen - eine eigene ABC-Abwehr-Kompanie zur "Verteidigung gegen spezielle Waffen", also auch die beiden bei Fukushima dislozierten Divisionen: So ist die ABC-Abwehr-Kompanie der 6. Division unter Hauptmann Tasuku Kikudi in Higashine stationiert. Eine solche Kompanie hat wahrscheinlich eine Personalstärke von rund 140 Soldaten. Außerdem besitzen die Brigaden im Allgemeinen einen ABC-Abwehr-Zug, der einen Personalumfang von 45 Mann haben dürfte.

Im Einsatz tragen die Soldaten einen zweiteiligen ABC-Schutzanzug (6,6 kg Gewicht) mit einer ABC-Vollmaske und einem Filter ABEK2P3 oder einen roten CSA-Anzug mit umluftunabhängiger Sauerstoffversorgung ("Life Gem"). Hinzu kommen verschiedene Dosimeter und sonstiges Gerät. Zum Fahrzeugpark gehört ein Radpanzer (4 x 4) mit der Bezeichnung Typ 82 NBC Detection Vehicle. Er hat vier Mann Besatzung und ein Gewicht von 14 Tonnen. Da das Fahrzeug schon 1982 eingeführt wurde, soll es demnächst durch einen größeren Radpanzer (6 x 6) ersetzt werden, das NBC Reconnaissance Vehicle. Außerdem steht ein sechsrädriger Dekon-Lkw "Typ 3B" mit einem 2.500-Liter-Tank und ein vierrädriger Lkw zur Verfügung. Um die Personen-Dekontamination durchzuführen, stehen pneumatische Duschzelte zur Verfügung, die Gerätedekontamination erfolgt über Duschgestänge oder mit manuellen Spritzpumpen.

Zur medizinischen Versorgung von Strahlenopfern gibt es eine mobile "NBC Countermeasure Medical Unit" (NBCCBMed), die ebenfalls der schnellen Eingreiftruppe zugeordnet ist. Im April 2009 nahm die SDF ihr neues Zentralkrankenhaus im Camp Misyuku bei Tokyo in Betrieb. Das Militärhospital ist zur die Aufnahme und Behandlung von kontaminierten Patienten besonders eingerichtet.

Für die Materialentwicklung ist das "Technical Research and Development Institute" (TRDI) mit seinem "Advanced Defense Technology Center" in Tokyo zuständig. (www.mod.go.jp/trdi/en/misc/publication/mlterm/body.pdf) Zu Test- und Schulungszwecken verfügen die Heeresstreitkräfte über einen geringen Bestand an dem Nervengas Sarin.

In den National Defense Program Guidelines (NDPG) vom 17. Dezember 2010 heißt es lapidar: "The SDF will respond to large-scale and CBRN (Chemical, Biological, Radiological, Nuclear, G. P.) disaster by conducting disaster relief operations anywhere in Japan through cooperation with local governments and other organizations."

Die Polizei

Nach den Terroranschlägen der Sekte "Aum Shinrikyo" mit dem Nervengas Sarin im März 1995 wurden die ABC-Abwehrkapazitäten der Polizei ausgebaut. Heute besitzen die Polizeipräsidien in neun größten Präfekturstädten ("Prefectural Police Department") eine eigene ABC-Einheit bei der Bereitschaftspolizei, die mit entsprechenden Fahrzeugen ausgestattet ist: Aichi, Chiba, Fukuoka, Hiroshima, Hokkaido, Kanagawa, Miyagi, Osaka und Tokyo.

So verfügt das "Tokyo Metropolitan Police Department" über eine "NBC Terrorism Investigation Unit". Diese Polizeieinheiten sind auf die Bekämpfung von Umweltkriminalität und Megaterrorismus spezialisiert. Seit 2005 führen die Streitkräfte und die Polizei gemeinsame ABC-Abwehrübungen durch

Die Feuerwehr

Anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea wurden die Feuerwehren in den größeren Städten mit zusätzlicher ABC-Standardausrüstung (Schutzanzüge, Dosimeter, Dekon-Anlagen) ausgestattet. Diese Ausstattung wurde im Jahr 2006 weiter verbessert: In der Landeshauptstadt Tokyo und in den 16 Präfekturhauptstädten wurden bei den Feuerwehren so genannte "Special Advanced Rescue Teams" eingerichtet, die mit Gerätewagen-Gefahrgut ausgestattet wurden. So verfügt das "Tokyo Fire Department" (TFD) für ABC-Einsätze über eine Sondereinheit, die so genannte "3rd Fire District Hyper Rescue". Diese Truppe ist mit einem Gefahrgut-Gerätewagen, drei Dekon-Lkws und zwei Robot-Fahrzeugen ausgestattet, hinzu kommen messtechnische Spezialgeräte wie z. B. Gas-Chromatographie-Massenspektrometer (GC-MS) und Fourier-Transform-Infrarot-Spektrometer (FTIR-Spektrometer). Parallel zu den sechzehn "Special Advanced Rescue Teams" wurden im Jahre 2006 bei den 51 Feuerwehren der größeren Städte "Advanced Rescue Teams" eingerichtet, die ebenfalls mit einer ABC-Standardausrüstung ausgerüstet wurden.

Die Feuerwehr kam in Fukushima zum Einsatz: Unter der Leitung des Chefs des TFD, Araj, sind am 18. März 160 Feuerwehrmänner und mindestens 24 Fahrzeugen (Drehleitern, Löschhilfsfahrzeugen, Gerätewagen- Gefahrgut, etc.) aus Tokyo ausgerückt, um bei den Spezialarbeiten in Fukushima zu helfen. Die Feuerwehr hat in der Stadt Iwaki Stellung bezogen. Die Feuerwehrmänner werden eingesetzt, um mit den vor Ort dislozierten Feuerwehrlöschfahrzeugen anderer Flughafen-Feuerwehren den MOX-Reaktor F I-III mit Wasser zu kühlen und das Brennelemente-Abklingbecken aufzufüllen. Dazu können die Hochleistungspumpen dieser Spezialfahrzeuge 3,8 Tonnen pro Minute versprühen. Als Ablösung bzw. Verstärkung hat das "Osaka Municipal Fire Department" seine ABC-Abwehreinheit entsandt.

Zivilschutz und Gesundheitswesen

Die Zivilschutzorganisation ist analog zur föderalen Gliederung in Staat, Präfekturen und Städte aufgebaut. Zu den Aufgaben der Zivilschutzeinheiten gehört auch die ABC-Abwehr. Dazu sind die entsprechenden Einheiten mit Tyvek-Schutzanzügen und Dosimetern ausgestattet. Allerdings hat die Fukushima-Katastrophe gezeigt, dass diese Einheiten nur bedingt einsatzfähig sind. So war die Ausstattung z. T. unzureichend, in anderen Fällen benutzten die Katastrophenhelfer die falschen Gesichtsschutzmasken. In der Regel hatten sie ihre persönliche Schutzausrüstung zudem falsch angelegt, so dass ein tatsächlicher Schutz nicht gegeben war.

Zur "Nippon Medical School" gehört ein "Advanced Emergency Medical Centre", das mit einem mobilen ABC-Führungs- und Dekontaminations-Fahrzeug ausgestattet ist. Die medizinischen KatSchutz-Einheiten ("Disaster Medical Assistance Team – DMAT) werden auch im Umgang mit ABC-Gefahrstoffen trainiert, außerdem hat man in den letzten Jahren insbesondere die Ausbildung der Krankenschwestern in diesem Bereich forciert. Am 1. September findet jährlich eine landesweite Zivilschutzübung aller verschiedenen Einheiten statt.

Unterstützung durch ausländische Einheiten

Japan arbeitet mit seinem Verbündeten USA auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik eng zusammen. Dazu wurde ein "Security Consultativ Committee" (SCC) eingerichtet, zu dem seit 2007 auch eine "CBRN Defense Working Group" gehört. Da das US-Militär in Japan zahlreiche Soldaten stationiert hat, die durch die Atomkatastrophe in Fukushima ebenfalls betroffen sind, haben die US-Streitkräfte in Yokota ein "CBRN Control Center" zu ihrer eigenen ABC-Lageführung eingerichtet. Außerdem entsandte die US Regierung mehrere ABC-Spezialisten des "Department of Energy" (DOE) und des "Department of Defense" (DOE) nach Japan.

Die US Streitkräfte unterstützen die japanischen Behörden durch Bereitstellung ihrer Aufklärungsergebnisse. Neben der Überwachung durch Aufklärungssatelliten wurde am 13. März eine Lockheed U-2 der "5th Reconnaissance Squadron" von der Osan AB in Südkorea eingesetzt. Ihre Aufklärungsphotos wurden von der "9th Intelligence Squadron" auf der Beale AFB in Kalifornien ausgewertet und die Erkenntnisse an die japanische Regierung übermittelt. Außerdem setzte die USAF eine Drohne vom Typ Northrop Grumman RQ-4 Global Hawk des "Detachment 3" der "9th Operations Group" auf der Anderson AFB in Guam ein. Außerdem stellten die US Streitkräfte ABC-Abwehr-Material (2.000 Dosimeter, zahlreiche Wasserbehälter) und mindestens einen Wasserwerfer ihrer Fliegerhorst-Feuerwehr zur Verfügung. Allerdings haben die US Streitkräfte in Japan selbst keine ABC-Abwehr-Einheiten stationiert. In Camp Zama in Sagamihara bei Tokyo ist lediglich ein "Special Medical Augmentation Response Team – Center for Health Promotion and Preventive Medicine" (SMART-CHPPM [NBC]) stationiert, das bei Naturkatastrophen medizinische Hilfe leisten kann, aber nur bedingt für Einsätze unter ABC-Bedingungen tauglich ist. Die nächsten ABC-Einheiten sind die "71st Chemical Company" in den Schofield Barracks (Hawaii) und die "95th Chemical Company" in Fort Richardson (Alaska) Dennoch waren mehrere US-Soldaten am Reaktor F I-IV im Einsatz.

Auch die deutsche Bundesregierung hat der japanischen Regierung ihre Hilfe angeboten. Gedacht ist dabei an den Einsatz der Robot-Fahrzeuge der Kerntechnischen Hilfsdienst GmbH (KHG) in Eggenstein-Leopoldshafen (Baden-Württemberg), die 1977 von den Atomkonzernen als gemeinsamer Notfalldienst gegründet wurde. Der Hilfsdienst umfasst 24 Mann Stammpersonal, die im Einsatzfall durch 164 Mann verstärkt werden können. Zur Ausstattung der KHG zählen eine mobile Einsatzzentrale und 20 Abrollbehälter bzw. Lkw-Sattelauflieger. Um in Gefahrenbereiche vorzudringen verfügt der KHG über mehrere strahlengehärtete Roboter, darunter ein schweres Manipulatorfahrzeug (SMF), Manipulatoren MF3 und MF4, sowie eine funkgesteuerte Raupe. Außerdem soll ein für Bauarbeiten vorgesehener Betonarm nach Japan transportiert werden, um mit seiner Hilfe Wasser aus großer Höhe auf die vier Reaktorruinen zu versprühen. Um eine Verschleppung der radioaktiven Strahlung nach Deutschland zu verhindern, trifft das Bundesumweltministerium Vorkehrungen, um Passagierflugzeuge, Hochseeschiffe und Güter- und Nahrungsmittelimporte aus Japan zu kontrollieren.

Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit.