Lage in den Fukushima-Reaktoren gerät immer weiter außer Kontrolle

Wasser mit einer zehnmillionenfach erhöhten Strahlung weist auch in Reaktor 2 auf einen zerstörten Druckbehälter hin

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Während in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gewählt wird, spitzt sich die Lage in den Reaktoren des japanischen Atomkraftwerks Fukushima immer dramatischer zu. Inzwischen musste auch die Arbeiten im Reaktor 2 unterbrochen werden, weil extrem radioaktiv verseuchtes Wasser mit einer zehnmillionenfach erhöhten Strahlung ausgetreten ist. Die Werte hätten 1.000 Millisievert pro Stunde (eine tödliche Dosis) betragen, sagte ein Sprecher der Betreiberfirma Tepco und sie seien im verseuchten Wasser gemessen worden, das im Turbinen-Gebäude des Reaktorblocks steht.

Daraufhin gab der Regierungssprecher Yukio Edano im japanischen Fernsehen zu, das kontaminierte Wasser stamme "fast zweifellos" aus einem Reaktorkern. Als Begründung führte Edano an, dass auch "hohe Werte von Cäsium und anderen Substanzen entdeckt wurden, die eigentlich nicht in Reaktorwasser zu finden sein dürften". Er räumte auch ein, dass mit einer "hohen Wahrscheinlichkeit" die Brennstäbe defekt seien.

Damit gibt die Regierung praktisch auch für den Reaktor 2 die Kernschmelze zu. Offenbar sind zumindest Teile der Brennstäbe wegen mangelnder Kühlung schon geschmolzen. Sinkt ein großer Teil der geschmolzenen Masse auf den Boden des Sicherheitsbehälters, kann sie sich überall durch die Wände des Reaktors fressen und setzt, wie in den Reaktoren 1 und 3 schon zu beobachten war, immer mehr Radioaktivität frei. Die wahrscheinlichste Folge wäre damit die Verseuchung des Grundwassers.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat neben Jod 134 am Reaktor 1 ebenfalls Cäsium 137 und Cäsium 134 festgestellt, wie sie am Donnerstag am Reaktor 3 registriert wurden und erneut drei Arbeiter schwer verstrahlt hatten. Anders als die kurze Halbwertzeit von Jod beträgt die Halbwertszeit von Cäsium 137, das in großen Mengen beim Super-Gau in Tschernobyl freigesetzt wurde, mehr als 30 Jahre.

Inzwischen ist auch klar, dass dem Kraftwerksbetreiber Tepco schon die hohen Strahlenwerte in Reaktor 3 bekannt waren, die am Donnerstag die Arbeiter verstrahlten. Wie stets weist Tepco aber jede Absicht zurück: "Wenn der Austausch von Informationen adäquat funktioniert hätte, ist es möglich, dass der Vorfall hätte vermieden werden können", sagte ein Tepco-Sprecher der Zeitung Yomiuri. Die Beschäftigen waren eine Strahlung von 2000 bis 6000 Millisievert ausgesetzt. Ist eine Person dieser Belastung am ganzen Körper ausgesetzt, führt das in nur kurzer Zeit zur Strahlenkrankheit und zum Tod.