Aus für Raucherclubs?

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hält in einer Entscheidung den "erkennbaren" Vereinszweck einer umdeklarierten Gaststätte für unzulässig im Sinne der Ausnahmeregelung des Nichtraucherschutzgesetzes

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In Nordrhein-Westfalen gilt seit 2008 ein Gesetz zur Verbesserung des Nichtraucherschutzes, das Rauchen in "Gebäuden und sonstigen vollständig umschlossenen Räumen, [die nicht] ausschließlich der privaten Nutzung vorbehalten sind" verbietet. Darunter fallen nach § 2 Nummer 7 explizit auch "Schank- und Speisewirtschaften", und zwar "unabhängig von der Betriebsart, Größe und Anzahl der Räume". Allerdings erlaubt § 3 Absatz 2 die Einrichtung von gekennzeichneten Raucher-Nebenräumen.

Weil die Raucherräume nach § 4 nur einen "untergeordneten Teil der Betriebsfläche in Anspruch nehmen" dürfen, stützten sich viele kleinere Gaststätten in der ehemaligen preußischen Rheinprovinz, in Westfalen und im Lipperland stattdessen auf den Absatz 7 des § 3, der das Rauchen auch in "Räumlichkeiten von Vereinen und Gesellschaften" erlaubt, "deren ausschließlicher Zweck der gemeinschaftliche Konsum von Tabakwaren ist".

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen befand in der Vergangenheit, dass das Nichtraucherschutzgesetz "keine Aussagen [...] zur Gründung von Raucherclubs" mache, weshalb "das Vereinsrecht entsprechend heranzuziehen" sei. Voraussetzung für einen Raucherclub war danach, dass Namen und Adressen aller Mitglieder erfasst wurden, dass es "regelmäßige Einlasskontrollen" gab und dass die Mitgliedschaft nicht nur durch Lösen einer Eintrittskarte erworben wurde.

Nun legte das in Münster angesiedelte Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 4. April 2011 (Az.: 4 B 1771/10) die Hürden für die Umwandlung einer normalen Gaststätte in einen Raucherclub weitaus höher: In einem Verfahren um einstweiligen Rechtsschutz bestätigte es eine Entscheidung der Stadt Köln und mit ihr die Geltung des Rauchverbots in einer Gaststätte, die von der Inhaberin nach dem Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes zum Raucherclub umdeklariert worden war.

Dabei hob der Vierte Senat des OVG unter anderem hervor, dass der vom Grundgesetz besonders geschützte Zweck des Gesetzes, die körperliche Unversehrtheit, eine enge Auslegung der Ausnahmevorschrift erforderlich macht. Unter diesem Maßstab prüfte es zunächst die Vereinssatzung, in der es hieß, dass der Raucherclub die "Förderung" des gemeinsamen Tabakkonsums bezweckt. Weil der § 3 Absatz 7 des Nichtraucherschutzgesetzes vom "gemeinschaftlichen Konsum" und nicht von der "Förderung" spricht, geht der in der Satzung genannte Vereinszweck nach Ansicht des Gerichts über den in der Ausnahmevorschrift alleinig aufgeführten hinaus und ermöglicht es auch Nichtrauchern, Vereinsmitglied zu werden, die wiederum am einzigen zulässigen Zweck nicht teilnehmen können.

Wäre dieser Mangel noch relativ einfach durch eine Änderung der Vereinssatzung zu beheben, so könnte ein anderer vom Gericht hervorgehobener Punkt das Aus für viele der 33.000 Raucherclubs in Nordrhein-Westfalen bedeuten - wenn die Hauptsacheentscheidung nicht ganz anders ausfällt als der jetzige Beschluss, was jedoch unwahrscheinlich ist:

Weitere tatsächliche Vereinszwecke, so das OVG, seien nämlich die Erhaltung der Gaststätte "in der vor Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes bestehenden Form" und die Förderung des Absatzes von Getränken und Speisen, auf den die Inhaberin angewiesen ist. Dass diese Vereinszwecke nicht in der Vereinssatzung stehen, macht den Münsteraner Richtern zufolge nichts, weil sie "erkennbar" sind. Aufgrund solcher "tatsächlichen Umstände" muss es eine Behörde dem Gericht nach "regelmäßig" als "unzulässige Umgehung des gesetzlichen Rauchverbots" werten, "wenn eine Gaststätte im Wesentlichen oder sogar ausschließlich den Mitgliedern eines Rauchervereins zur Verfügung gestellt" wird.

Die seit dem letzten Jahr amtierende nordrhein-westfälische Sozialministerin Barbara Steffens von den Grünen begrüßte die Entscheidung und kündigte eine Novellierung des Nichtraucherschutzgesetzes an, in der es weitere "notwendige Korrekturen" zur Eindämmung von "Missbrauch" geben werde. Unter anderem will man zukünftig auch das Rauchen in Sporthallen und bei Kinderkarnevalsumzügen verbieten.

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