Droht in Russland ein Skype-Verbot?

Skype und andere chiffrierte Internet-Dienste gefährden nach Meinung hoher russischer Beamter die nationale Sicherheit

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Die Nachricht war für die kritische russische Internet-Gemeinde ein Schock. Man müsse Skype und andere Internet-Dienste ausländischer Firmen, die mit Chiffrierungen arbeiten, verbieten, erklärte am Freitag der stellvertretende russische Telekommunikations-Minister, Ilja Massuch. Der Minister berief sich dabei auf eine Bedrohungsanalyse des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, die der Telekommunikations-Experte des Geheimdienstes, Aleksandr Andrejetschkin, am Freitag auf der Sitzung der Regierungskommission Telekommunikation vorgestellt hatte. Danach sei die nationale Sicherheit durch Skype und andere ausländische Mail-Dienste wie Hotmail und GMail in Gefahr.

Dass das Internet-Telefon Skype wegen seiner Chiffrierung weder abgehört noch der Standort des Nutzers ermittelt werden kann, bereitet russischen Sicherheitsexperten offenbar zunehmend Sorgen. "Religiös-extremistische und andere Organisationen" würden diesen Umstand nutzen, erklärte FSB-Experte Andrejetschkin.

FSB: Moderne Technologie muss man unterstützen

Einen Tag nach diesen Erklärungen ruderte der russische Inlandsgeheimdienst wieder zurück. Ein Vertreter der FSB-Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit erklärte, es seien keinerlei Maßnahmen zum Verbot von Skype und GMail geplant. Im Gegenteil - so der Sprecher - die Entwicklung moderner Technologien, sei ein "natürlicher Prozess, den man unterstützen muss." Auch diese Äußerung macht Sinn. Denn eine wichtige Quelle ist und bleibt für den Geheimdienst das Internet. Wie es nun mit Skype, GMail und Hotmail in Russland weitergeht, soll eine Arbeitsgruppe mit Vertretern verschiedener Behörden klären, die bis zum 1. Oktober ihre Ergebnisse vorlegen soll.

Putin und Medwedew unterschiedlicher Meinung

Ob in Russland eine Entwicklung wie in China droht, wo der Zugang zum Internet von der Regierung immer wieder beschränkt wird, ist noch unklar. Denn der russische Präsident Dmitri Medwedew und Ministerpräsident Wladimir Putin sind zum Internet unterschiedlicher Meinung. Putins Sprecher, Dmitri Peskow, bezeichnete die Bedrohungs-Analyse des Geheimdienstes als "völlig begründet". Peskow verwahrte sich auch dagegen die Meinung eines namentlich nicht genannten Kreml-Sprechers, der FSB-Experte Andrejetschkin habe nur seine persönliche Meinung kundgetan. Persönliche Meinungen von Geheimdienstmitarbeitern gäbe es nicht, so Putins Sprecher Peskow.

Ein namentlich nicht genannter Kreml-Sprecher hatte gegenüber der Nachrichtenagentur Ria Novosti erklärt, die Forderung nach einem Verbot sei eine persönliche, keine offizielle Meinung. Die Aufgabe des FSB sei es, so der namentlich nicht genannte Kreml-Sprecher, die Sicherheit im Informationsbereich herzustellen. Dazu gehöre auch das populäre Livejournal (Russisch: Schiwoi Schurnal vor Cracker-Attacken zu schützen.

Größter Cracker-Angriff auf populäre Website

Der Hinweis auf das Lifejournal, wo auch Präsident Dmitri Medwedew einen Blog hat, kam nicht ohne Grund. Gleich dreimal in den letzten Tagen gab es auf das populäre Livejournal sogenannte DDos-Attacken, welche zum teilweisen Ausfall der Website führten. Es waren die größten Angrifft auf die Website, seit deren Bestehen. Livejournal bietet seinen 2,1 Millionen Nutzern in Russland die Möglichkeit Online-Tagebücher zu führen. Präsident Medwedew äußerte sich in seinem Livejournal-Blog besorgt über die Attacken. Er forderte, dass sich die Verwaltung der Website als auch die Rechtsschutzorgane mit den Attacken beschäftigen müssen.

Auch die Website der Kreml-kritischen Novaya Gazeta wurde letzte Woche durch einen Cracker-Attacke lahm gelegt. Angesichts dieser Vorfälle fürchten kritische Bürger eine Entwicklung wie in China, wo die Regierung den Zugang zum Internet beschränkt. (Nachrichtensendung des kritischen Internet-Fernsehens Doschd über das drohende Skype-Verbot) Trotz der angespannten Situation um das Internet kamen zu einer Protestkundgebung gegen die Cracker-Attacken am Freitag in Moskau nur etwa 20 Personen.

Aufwendige Rechtshilfe-Verfahren

Die Behauptung, Skype lasse sich in Russland nicht kontrollieren, ist nach Meinung von Kreml-kritischen Internet-Experten übertrieben. Tatsächlich können Staatstrojaner, die auf den Computern verdächtiger Nutzer installiert werden, Gespräche schon abhören, bevor sie von Skype chiffriert werden.

Außerdem kann der russische Geheimdienst bei ausländischen Firmen, die Internet-Dienste anbieten, um Rechtshilfe bitten. Ein Weg, der als umständlich empfunden wird. Wenn der russische Geheimdienst Auskunft über verdächtige russische Skype-Nutzer erhalten will, muss er eine Anfrage an den CIA stellen, zitiert der Moskauer Kommersant den russischen Internet-Experten Anton Nosik.

Auskunftsanfragen von Sicherheitsbehörden anderer Länder würden entsprechend der gegenseitigen Rechtshilfe-Abkommen beantwortet, erklärte die Vertreterin der russischen Googel-Vertretung, Alla Sabrowskaja, gegenüber dem Blatt.

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