Merkel brüskiert Spanien, Portugal und Griechenland

Wieder einmal bemüht die angeschlagene Bundeskanzlerin populistisch das Bild von den "Faulen" im Süden, auch wenn dort deutlich länger gearbeitet wird

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Die Bundeskanzlerin führt sich erneut wie der berühmte Elefant im europäischen Porzellanladen auf und zerschlägt heftig Geschirr. Angela Merkel wärmt populistisch die Geschichte von den "faulen Griechen" auf, weitet aber ihre Vorwürfe nun aber auch auf Portugal und Spanien und "andere" aus.

Ungewöhnlich scharf fällt deshalb der Ton im öffentlich-rechtlichen spanischen Fernsehen auf die Forderungen von Merkel aus, die Menschen im Süden sollten länger arbeiten und weniger Urlaub machen.

"Es geht nicht nur darum, dass wir keine Schulden machen, sondern dann geht's auch darum, dass in Ländern wie Griechenland, Portugal, Spanien und anderen man nicht früher in Rente gehen kann als in Deutschland, sondern sich alle gleich anstrengen", so Merkel.

Das hat die Bundeskanzlerin am Dienstag auf einer Parteiveranstaltung im Hochsauerland gesagt. Wer deutsche Hilfe in Anspruch nehmen wolle, müsse sich halt anstrengen und dürfe nicht so viel Urlaub machen, während andere (gemeint waren Deutsche) ganz wenig Urlaub machen würden. Dass das im krassen Gegenzug dazu steht, dass es vor allem bei der Nothilfe für Griechenland, Irland und Portugal um das Geld von deutschen Banken und Rentenversicherungen geht, wie Merkel gerade zur Portugal-Nothilfe zugegeben hat, sei nur am Rande angemerkt (Souveränität Portugals ist Geschichte).

Zu Recht wehrt man sich in Spanien gegen das Bild, das Merkel von faulen Südländern zeichnet. Das mit der frühen Rente stimmte schon in Griechenland nicht. Denn Merkel verwechselt in ihrem gefährlichen Populismus bewusst, mit dem sie offenbar die schwere Niederlage in Baden-Württemberg wettmachen will, das reale Rentenalter und das gesetzliche Renteneintrittsalter. Denn schon vor den Reformen in Griechenland ging man dort mit 62 Jahren in die Rente, nur im öffentlichen Dienst lag der Durchschnitt bei 58. Daher stammt die Mär von der griechischen Frührente. Nun geht man in Griechenland durchschnittlich etwa zur gleichen Zeit (mit 61,4 Jahren) in die Rente wie in Deutschland (61,7), aber deutlich später als in Frankreich (59,3).

Würde es also um die Rente gehen, wäre ein Warnschuss nach Paris angesagt. Anders als Frankreich hat Spanien aber auch noch die unsinnigsten Forderungen aus Berlin artig umgesetzt. Das Renteneintrittsalter wurde schon auf 67 angehoben, während es in Frankreich nun bei 62 liegt. Dabei übertrifft Madrid sogar Berlin beim Zeitplan zur Umsetzung. Schon jetzt geht man in Spanien durchschnittlich später als in Deutschland mit 63 in die Rente. Doch Merkel weiß, dass die planlosen Sozialdemokraten in Madrid vollziehen werden, nachdem sie sich in der Öffentlichkeit brüskiert gezeigt haben. Nachdem auch der Kündigungsschutz geschliffen und Sozialleistungen gekürzt oder gestrichen wurden, wird man sicher auch die Renten weiter kürzen, nachdem man die Löhne, wie von Merkel ebenfalls gefordert, an die Produktivität angepasst hat. Allerdings bildet sich nun auch in Spanien, angesichts der Politik, die das Land in den Abgrund und weite Teile der Bevölkerung in die Misere führt, wachsender Widerstand aus.

Ein schlechter Witz ist auch, dass Spanier mehr Urlaub hätten oder weniger arbeiten würden. Nach einer Studie der OECD arbeitet man in Deutschland im Durchschnitt am Tag 7 Stunden und 25 Minuten. Die Franzosen arbeiten eine Minute mehr und Spanier kommen auf fast 8 Stunden, wobei sie mit unbezahlter Arbeit noch deutlich über den Durchschnitt liegen. Sieht man sich die durchschnittlich gearbeiteten Stunden eines Beschäftigten pro Jahr an, dann müssen wohl die Deutschen demnächst deutlich länger arbeiten. Denn es sind gerade 1.389.7 Stunden. Dagegen arbeitet ein Grieche im Durchschnitt 2.119.3 Stunden, also reichlich mehr. Und das gilt auch für Portugal (1.719) oder Spanien (1.653.8).

Damit braucht man nicht mehr darauf einzugehen, dass die Südländer längeren Urlaub hätten. Es zeigt sich, welch billigen und gefährlichen Populismus sich Merkel hier leistet, denn solch klare Daten können sogar ihr nicht verborgen bleiben.