Frankreich verbietet das F- oder das T-Wort

Fernseh- und Rundfunksender sollen nicht mehr Facebook oder Twitter erwähnen dürfen, wenn sie ihre Zuhörer oder Zuschauer auf ihre sozialen Netzwerkseiten locken wollen

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Frankreich, die Grande Nation, kämpft um den Erhalt ihrer Identität, die vor allem die gegenüber der Weltsprache Englisch an Bedeutung verlierende Sprache betrifft. Seit 1994 wird versucht, die vor allem auch durch die digitalen Technologien (Don Quijote in Frankreich) den nationalen Sprachdamm überflutenden Worte aus dem Englischen möglichst nicht in den Sprachgebrauch der Franzosen eindringen zu lassen.

Der sprachlichen Überwachung und Regulierung liegt ein Gesetz zugrunde, das unter Androhung von empfindlichen Geldstrafen die Verwendung der französischen Sprache im Inland für Werbung, Beschriftung und Bedienungsanleitung aller in Frankreich angebotenen Produkte und Dienstleistungen sowie im Fernsehen und im Rundfunk und für schriftliche Publikationen verpflichtend werden lässt. Die Verwendung anderer Sprachen ist nicht verboten, aber der französische Text muss zumindest "ebenso lesbar, hörbar und verstehbar" sein.

Für das sprachliche Immunsystem wurde als zentrale Stelle die Sprachüberwachungsbehörde Délégation générale à la langue française (DGLF) geschaffen, die Worte fernhalten und ansonsten die Sprachevolution steuern soll, weil man sich ja nicht ganz dem Neuen verschließen kann. Hier kann man auch sehen, welche französischen Worte anstatt der englischen verwendet werden sollen. So ist ein Internetprovider eben ein fournisseur d'accès à l'internet, wobei immerhin auffällt, dass das Wort Internet anstatt des eigentlich national korrekten Worts toile geduldet wird, was manchem Deutschnationalisten nicht gefallen würde, der lieber vom Weltnetz spricht. Bei Cloud Computing ist man aber wieder streng, d.h. französisch korrekt informatique en nuage, ein Blog muss bloc genannt werden (Im Kampf mit der Globalisierung der Sprache).

Man kann durchaus annehmen, dass man mit dieser Bürokratie zu tun hat und ständig nach kreativen Lösungen suchen muss, wie man neue Worte in das alte Französisch übersetzt, um einen freien Sprach- und Wortmarkt zu verhindern oder ein sprachliches Monopol zu erhalten. Der Conseil supérieur de l'audiovisuel (CSA), die französische Regulierungsbehörde für Fernsehen und Rundfunk, ist nun auf eine neue Idee gestoßen und hat verboten, Facebook und Twitter zu nennen. Das sei nämlich eine "heimliche Werbung", die nach einem Gesetz aus dem Jahr 1992 verboten ist.

Soziale Netzwerke, pardon: les réseaux sociaux, seien heute für einen wichtigen Teil der Bevölkerung zur Kommunikation alltäglich geworden, sagt die Behörde. Auch für die Medien sei es heute normal geworden, ihre Zuschauer oder Zuhörer zur Teilnahme an den von ihnen angebotenen sozialen Netzwerken einzuladen. Wenn man deren Namen nicht nennt, sei das ganz in Ordnung, aber einen Namen zu nennen, bedeute, für ein Unternehmen und eine Marke zu werben. Daher müssten Fernseh- und Radiosender es unterlassen, von ihren Twitter- oder Facebook-Seiten zu sprechen oder diese schriftlich anzuzeigen. Es soll also aus sein mit Aufforderungen am Schluss von Sendungen wie "devenez notre fan sur Facebook", "retrouvez-nous sur Facebook" oder "suivez-nous sur Twitter". Dafür gibt es nur noch: "suivez-nous sur les réseaux sociaux" oder so. Aber natürlich nennt die Anweisung des CSA keine Namen, weil die ja des Teufels sind.

An der Argumentation ist etwas dran, aber sie ist natürlich trotzdem kurios, weil bestimmte Funktionen von sozialen Netzwerken zumindest noch mit bestimmten Unternehmen und deren technischen Systemen verbunden sind, auch wenn es den übergreifenden Begriff der sozialen Netzwerke gibt. Allerdings müsste man dann auch iPhone oder Android nicht mehr verwenden dürfen. Und wie ist es mit googeln? Allerdings sollen die Medien durchaus in der Berichterstattung Twitter, Facebook und Co. namentlich erwähnen dürfen.