Homegrown's all right with me

Wie Suchtbekämpfung und allgemeine Handlungsfreiheit unter einen Hut gebracht werden könnten

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Seit den 1950er Jahren wurde nach und nach (und gegen erheblichen Lobbydruck) bekannt, dass manche der über 40.000 Substanzen, die beim Verbrennen von Tabak freigesetzt werden, für Lungenkrebs und andere Krankheiten verantwortlich sind. Seitdem gibt es verschiedenste Ideen dazu, wie man mit diesem Wissen umgehen sollte.

Die in Deutschland und anderen Ländern in den letzten Jahren eingeführten Rauchverbote für bestimmte Orte haben Nichtrauchern zwar eine gewisse Erleichterung verschafft, führten aber nur zu einem relativ geringen Rückgang der Massenabhängigkeit. In Island sollen Zigaretten deshalb zukünftig nur noch in Apotheken und auf Rezept abgegeben werden – an Personen, die Ärzte als unheilbar suchtkrank einstufen. Radikale Prohibitionisten fordern mittlerweile sogar, den Besitz von Tabak zu verbieten. Ein anderer Ansatzpunkt, gegen die Massenabhängigkeit vorzugehen, läge dort, wo sich die abhängigkeitsökonomischen Anreize befinden: bei der Zigarettenindustrie.

Die älteste bekannte Darstellung eines Rauchers

Es ist ein sehr schwerer Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit, wenn der Besitz oder der Konsum von etwas verboten wird. Wesentlich geringer ist der Eingriff, wenn es einer natürlichen oder juristischen Person untersagt ist, aus der Sucht anderer Leute Geld zu schlagen. Da die Methode, ein Geschäft nicht direkt zu verbieten, aber die staatliche Hilfe beim Eintreiben des Kaufpreises zu verweigern, die Nebenwirkung hat, dass sich private Geldeintreiber etablieren, die wenig förderungswürdige Sitten und Gebräuche mit sich bringen (wie Erfahrungen in den Bereichen Glücksspiel und Prostitution zeigen), scheint ein Verbot des Geschäftsmodells das in der Praxis vielversprechendste Vorgehen.

Bei solch einer Regulierung wäre der Anbau von Tabakpflanzen zum Eigenbedarf oder zur unentgeltlichen Abgabe erlaubt, der gewerbliche jedoch verboten. Dadurch müssten die Konsumenten zwar möglicherweise eine gewisse Umgewöhnung hinnehmen, aber keineswegs ganz auf Tabak verzichten, der in Deutschland seit über 400 Jahren gut wächst.

Noch heute wird auf landwirtschaftlichen Flächen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und anderen Bundesländern Tabak angebaut. Dass die Produktion von früher einmal 30.000 auf knapp 5.000 Hektar zurückging, hängt weniger mit der Qualität, als mit der Arbeitsintensität und den damit verbundenen hohen Kosten zusammen. Die Sorten Geudertheimer und Friedrichstaler fanden sogar in Zigarren Verwendung.

Freilich hat nicht jeder deutsche Raucher einem Garten zur Verfügung, in dem er Tabaksamen aussäen kann. Doch Tabakpflanzen gedeihen auch auf einem Balkon, solange die dafür verwendeten Töpfe etwa einen halben Meter hoch sind. Über die Zucht unter Kunstlicht weiß man mangels Bedarf bisher noch relativ wenig. Erfahrungen mit anderen Pflanzen deuten jedoch darauf hin, dass sich mit entsprechendem Aufwand sogar noch bessere Ergebnisse erzielen lassen als auf Balkons.

Welche Erde man zum Anbau verwendet und wie häufig man gießt, hängt von der Tabaksorte ab: Virginia und Burley bevorzugen viel Wasser und mittelschwere Böden, wie sie in Deutschland häufig vorkommen. Orient-Tabake mögen es dagegen trockener und sandiger. Sie haben den Vorteil, dass Pflanzen wie Blätter relativ klein sind.

Tabak wird nach der Ernte nicht gleich geraucht, sondern erst getrocknet, bis der Wassergehalt in den dann gelben oder braunen Blättern bei ungefähr 15 Prozent liegt. In den meisten Fällen kommt auch eine Fermentierung hinzu. Die genauen Verfahren hängen dabei ebenso von der Sorte ab wie die Wahl des Bodens, haben jedoch gemein, dass sie zusätzlich Platz benötigen. Raucher stünden deshalb möglicherweise nicht nur wegen der Anbauflächen vor der Wahl, ihren Konsum einzuschränken, oder aufs Land zu ziehen (beziehungsweise dort Gärten anzumieten), was der zunehmenden Entvölkerung solcher Gebiete entgegenwirken würde.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.