Virtuelle deutsche Panzer

Nicht nur wirkliche Waffensysteme aus Deutschland sind begehrt, sondern auch virtuelle, aber Rüstungs- und Computerspielfirmen sprechen auch darüber nicht so gern

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Die deutsche Regierung hat beschlossen, deutsche Leopard-Panzer an das saudische Regime zu verkaufen, also an ein autoritäres Regime, das die Demokratisierungsbewegung unterdrückt und Menschenrechte nicht achtet, und in ein Krisengebiet. Deutsche Waffen sind beliebt: die Bundesrepublik steht bei den weltweiten Rüstungsexporten momentan auf Platz drei und auch in der virtuellen Welt werden immer häufiger Waffensystem aus Deutschland verwendet. Darüber reden Rüstungs- und Videospiel-Industrie aber nicht gern.

Leopard-Panzer im Computerspiel Elements of Crime. Screenshot

Mitte April erschien in Deutschland das Videospiel Elements of War des russischen Spielentwicklers Lesta Studios. In dem 3D-Echtzeit-Strategiespiel stehen sich im Jahr 2022 die USA, Russland und eine "Europäische Allianz" gegenüber. Der Krieg wird dabei auch mit deutschen Waffen ausgetragen: Kampfpanzer vom Typ "Leopard 2A5" sowie Spähwagen vom Typ "Fennek" stehen für die Schlachten bereit. Beide Fahrzeuge werden in der realen Welt vom deutschen Unternehmen Krauss-Maffei Wegmann in München und Kassel hergestellt.

Auch der Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern ist mit Fahrzeugen vertreten: das modular aufgebaute "Geschützte Fahrzeugsystem", kurz "GeFas", existiert in der Realität nur als Studie, im Videospiel ist es voll einsatzbereit und sogar mit Rheinmetall-Logo versehen. Das gepanzerte Transportfahrzeug "Boxer", eine Gemeinschaftsentwicklung von Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall, wird gerade erst in die Bundeswehr eingeführt und ist in "Elements of War" ebenfalls schon spielbar. Waffen aus Deutschland sind für virtuelle Schlachtfelder beliebt. Doch wie läuft es ab, wenn Rüstungsgüter so real wie möglich in Videospielen abgebildet werden?

Krauss-Maffei Wegmann gibt an, bislang keine Videospielproduktion unterstützt zu haben: "KMW unterstützt die Hersteller von Computerspielen ausdrücklich nicht", so ein Sprecher des Unternehmens. Allerdings scheint sich die Rüstungsfirma auch nicht daran zu stören, wenn ihre Panzerfahrzeuge in Spielen dargestellt werden. Der Rüstungskonzern Rheinmetall reagierte trotz mehrerer Anfragen nicht auf Fragen zur Videospiel-Unterstützung.

Doch es sind nicht nur deutsche Panzer und Radfahrzeuge, die in Videospielen dargestellt und verwendet werden können. Besonders Schusswaffen des deutschen Rüstungsproduzenten Heckler & Koch wie die Maschinenpistole "MP5" und das Gewehr "G36" sind häufig in Videospielen zu sehen. Erst nach mehrmaligem Nachhaken antwortete der deutsche Kleinwaffen-Hersteller: "Grundsätzlich haben wir unser offizielles Logo geschützt. Die Namen unserer Waffen haben wir nur in einigen Warenkategorien geschützt", so ein Sprecher der Rechtsabteilung von Heckler & Koch zu Telepolis. Markenrechtlich geschützt seien die Waffennamen in der Warenkategorie 13 - Schusswaffen -, aber auch in der Warenkategorie 28 - Spielzeug - habe man einige wenige Markennamen schützen lassen.

Eine Kooperation mit Videospiel-Herstellern war dem Sprecher der Rechtsabteilung aber nicht bekannt, es gebe lediglich mit einem deutschen Hersteller von Soft-Air-Pistolen eine Kooperation. Dabei werden in nahezu jedem First-Person-Shooter - etwa im umstrittenen "Counter-Strike", der "Battlefield"-Reihe sowie den neueren "Call of Duty"-Shootern - Waffen des Herstellers aus Oberndorf am Neckar dargestellt und können vom Spieler genutzt werden.

Eine nur sehr allgemein gehaltene Antwort zur Kooperation mit Rüstungsherstellern gab der PR-Direktor von Electronic Arts-Deutschland, Martin Lorber ab. In Videospielen würde versucht, die Realität möglichst authentisch nachzuzeichnen, dies betreffe laut Lorber "auch die Requisiten, im Fall von (Anti-)Kriegsfilmen oder -spielen unter anderem die Uniformen, Fahrzeuge, Waffen, aber auch die Städte, die Menschen, die Landschaft". Dabei würden viele unterschiedliche Quellen genutzt: "Mögliche Urheberrechte werden natürlich stets beachtet", erläutert Lorber. Konkrete Angaben dazu, ob auch schon mit deutschen Rüstungsunternehmen kooperiert wurde oder Lizenzen zur Darstellung von deutschen Rüstungsgütern in Spielen von Electronic Arts erworben wurden, wollte Lorber nicht machen.

Eurofigher in H.A.W.X. 2. Bild: UbiSoft

Zumindest ein deutsches Rüstungsunternehmen hat nachweislich die Produktion eines Videospiels unterstützt: die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH mit Sitz in Hallbergmoos bei München. Das von der Rüstungsfirma hergestellte Kampfflugzeug "Eurofigther" ist im 2009 erschienenen Action-Flugsimulator-Videospiel Tom Clancy's H.A.W.X. 2 spielbar. Das deutsche Rüstungsunternehmen hat dem französischen Spielhersteller UbiSoft eine Lizenz zur detailgetreuen Darstellung des Flugzeugs unter Originalnamen erteilt.

Gerade Simulationsspiele setzen auf einen hohen Grad an Realismus und die detailgetreue Abbildung echter (Militär-)Technik. Computerspiele haben in der deutschen Gesellschaft, besonders wenn Gewalt und Krieg dargestellt werden, keinen guten Ruf. So verwundert es nicht, dass sich die hiesige Rüstungsindustrie bei Anfragen zu dem Thema sehr zurückhaltend verhält. Es ist nicht leicht, Auskunft zu bekommen - allerdings scheinen bisher auch nur wenige Spiele direkt von deutschen Waffenherstellern unterstützt und lizenziert worden zu sein. Auf der anderen Seite stört sich die deutsche Rüstungsindustrie aber auch nicht daran, dass ihre Panzer, Flugzeuge und Schusswaffen in unzähligen Spielen nahezu originalgetreu dargestellt werden und sie vom Videospieler auf den virtuellen Schlachtfeldern verwendet werden können. Ob dahinter System steckt - die Rüstungsindustrie die Spiele durch ihr Stillschweigen absichtlich, aber eben nur inoffiziell unterstützt, um nicht in Verbindung mit den in weiten Teilen der Gesellschaft kritisch gesehenen "Ballerspielen" zu geraten - bleibt als Vermutung zurück.