Volksbegehren gegen Studiengebühren

Die bayrische Piratenpartei will die unsozialen Gebühren mithilfe direkter Demokratie abschaffen

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In einer Pressekonferenz hat am Mittwoch die Piratenpartei im Münchner Presseclub ihr "Volksbegehren Studiengebühren" der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Landesvorsitzende der Piratenpartei Bayern, Stefan Körner, verwies darauf, dass in sämtlichen Bundesländern bis auf Niedersachsen und Bayern die Erhebung von Studiengebühren bereits wieder eingestellt wurde. Ministerpräsident Seehofer hatte eine Überprüfung der Gebühren auch in Bayern ebenfalls angekündigt, bevor er von der FDP gestoppt wurde.

Studiengebühren versperren den Weg zur Hochschule. Die Piraten verweisen in diesem Zusammenhang auf eine HIS-Studie, wonach die unsoziale Gebührenpflicht im Jahr 2006 rund 18.000 junge Menschen daran gehindert hat, ein Studium zu beginnen, beziehungsweise dieses fortzusetzen. Einerseits klagen Politiker über den wachsenden Fachkräftemangel und stellen die Wichtigkeit der Bildung für die Zukunft dieses Landes heraus, andererseits, so Körner, werde aber der Zugang dazu weiter erschwert.

Deswegen habe die Piratenpartei beschlossen, dem bayerischen Ministerpräsidenten unter die Arme zu greifen und ein Volksbegehren gegen die Studiengebühren vorzubereiten. 25.000 Unterschriften benötigt man, damit ein Antrag im bayerischen Landtag zur Abstimmung gebracht werden kann. Für ihre Aktion Volksbegehren planen die Piraten Info-Stände, Plakate und Flyer; man gab sich zuversichtlich, diese Hürde in wesentlich kürzerer Zeit nehmen zu können.

Allein in München seien ja 68.000 Studenten eingeschrieben, wie ein Seniorenstudent auf der Pressekonferenz zu Bedenken gab. In zwei Wochen könnte man eine Prognose abgeben, wann ungefähr die erforderlichen Stimmenanzahl erreicht wäre. Die "freiheitlich-soziale Bürgerrechtspartei", die zum ersten Mal auch zur bayerischen Landtagswahl antreten wird, habe für dieses Vorhaben verschiedene potentielle Bündnispartner kontaktiert, die sich eine zukünftige Teilnahme offen gehalten hätten.

Später 950.000 Unterzeichner nötig

Spätestens wenn der Antrag vom Landtag abgeschmettert würde, müsste man für das Volksbegehren binnen zwei Wochen 950.000 Unterzeichner (also zehn Prozent der bayerischen Bevölkerung) in die hiesigen Amtsstuben lotsen, was ein breiteres Bündnis contra Studiengebühren erforderlich macht. Entsprechend plant man, die Aktion nicht nur auf die bayerischen Universitäten zu beschränken, sondern eine größere Öffentlichkeit zu erreichen.

Als zusätzliches Argument wurde vorgebracht, dass, was die Geldmittel für die Universitäten betrifft, im Sommer ein Überschuss von 99 Millionen Euro erzielt wurde, der auf Bankkonten gehortet werde, weswegen die Aufrechterhaltung der Studiengebühren, die pro Semester 500 Euro betragen, rational schwerlich zu begründen sei.

Angesprochen auf die jüngsten massiven Krawalle in Großbritannien erklärte der Pressesprecher der bayerischen Piratenpartei, Aleks Lessmann, dass diese den vorläufigen Endpunkt einer neoliberalen Entwicklung des Landes markierten, die von Thatcher begonnen und von Blair und Cameron fortgesetzt worden wäre.

In den sozialen Spannungen, die sich in England derzeit in flächenbrandartiger Randale Luft machen, sieht er auch Anknüpfungspunkte zur Aktion der Piraten gegen die Studiengebühren, weil letztere in Deutschland gleichfalls die gesellschaftliche Kluft merklich beförderten.