Oil-Business auf Rechtskurs

Die Energie- und Klimawochenschau: Von rechten Allianzen und schweren Dürren, von einträglichem Kohlegeschäft und mörderischen Konflikten sowie von fallenden Fotovoltaik-Erlösen

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Ein Blick auf die Favoriten der ersten Testwahlen, die die US-Republikaner am Wochenende für den kommenden Präsidentschaftswahlkampf im Bundesstaat Iowa abhielten, kann einem das Gruseln lehren. Die Siegerin Michele Bachmann (28,6 Prozent) ist nicht nur seit den letzten Wahlen Kongressabgeordnete für Minnesota, sondern auch eine der Frontfiguren der sogenannten Tea-Party-Bewegung.

Auch die nächstbesten Kandidaten Ron Paul (27,7 Prozent), Tim Pawlenty (13,6 Prozent) und Rick Santorum (9,8 Prozent) gehören zum äußersten rechten Rand ihrer Partei. Zu den wichtigsten Sponsoren der republikanischen Testwahlen gehörte übrigens das Iowa Energy Forum, das 100.000 US-Dollar springen ließ.

Auf der Wahlveranstaltung hatte es einen klimatisierten "Iglu" aufgebaut, berichtet das alternative Magazin Mother Jones. In diesem wurde unter anderem für "gas fracking" geworben, eine in den USA um sich greifende Methode der Erschließung sogenannter unkonventioneller Erdgasvorkommen. Weil dabei viel mit allerlei Chemikalien versetztes Wasser in den Untergrund gepresst wird, mehren sich die Vorfälle von Trinkwasserverschmutzung oder zumindest von dessen Gefährdung. Entsprechend regt sich inzwischen Widerstand (USA: Skepsis gegenüber dem Erdgas-Hype) gegen diese Form der Erdgasförderung. Auch hierzulande werden, wie berichtet (Erdgas wird schmutziger), bereits erste Projekte geplant. Die Behörden wickeln entsprechende Anfragen bisher nach dem Bergrecht ab, was die Mitspracherechte der Bürger und Kommunen praktischer Weise stark einschränkt.

Aber zurück zu dem Energie-Verein aus Iowa mit der dicken Brieftasche. Auf seiner Homepage macht er außer für Fracking, Propaganda für Ölsand aus Kanada (Der kanadische Ölsand-Komplex) vermehrte Offshore-Förderung vor den US-Küsten und nicht zuletzt gegen eine Erhöhung der im Vergleich zu anderen Industriestaaten niedrigen Energiesteuern der USA. Der Verein gibt sich als "eine Gemeinschaft besorgter Bürger" aus. Im Kleingedruckten, ganz am unteren Rand der Homepage findet der Leser den Hinweis, dass die Gruppe vom American Petroleum Institute gefördert wird, der größten Lobbyorganisation der US-Ölindustrie. Nicht unbedingt verwunderlich, aber doch erhellend, was den Zusammenhang zwischen christlichem Fundamentalismus, Rechtsextremismus und den Interessen der großen Energiekonzerne angeht.

Ernteausfälle

Unterdessen verschlimmert sich im Süden der USA die schwere Dürre, von der bereits in der letzten Wochenschau berichtet worden war. Auch der Mittlere Westen, darunter die Mais-Staaten South Dakota, Iowa, Illinois und Indiana, ist inzwischen betroffen. Die Temperaturen würden oft im dreistelligen Fahrenheit-Bereich liegen, also über 37,8 Grad Celsius. Nur hier und da habe es vereinzelte Niederschläge gegeben.

Das Zentrum der Trockenheit sei weiter Texas, das die schlimmste Dürre seit 100 Jahren erlebe und seit Januar ein Niederschlagsdefizit von 60 Prozent aufweise. Landesweit habe es bereits Schäden an Ernten und Viehbestand in Höhe von mehreren Milliarden US-Dollar gegeben. Der ausbleibende Regen werde von den Meteorologen mit dem periodisch auftretenden Phänomen La Niña in Verbindung gebracht, dem kalten Gegenstück von El Niño, der diesem gewöhnlich folgt. Das allein würde jedoch noch nicht das ungewöhnliche Ausmaß der diesjährigen Dürre erklären.

Same old story

Texas ist auch einer der wichtigsten Standorte der US-Windenergie-Branche, der es derzeit nicht besonders gut geht. Seit Jahren schon leidet sie unter einem ständigen Auf-und-Ab, das eine Folge der Kurzfristigkeit der jeweiligen Förderprogramme ist. 2009 hatte der US-Markt mit rund 10 Gigawatt (GW) neu installierter Leistung geglänzt, im darauffolgenden Jahr wurden nur noch etwa halb so viele Anlagen errichtet.

Für das erste Halbjahr 2011 berichtet nun der US-amerikanische Windenergieverband AWEA eine Erholung gegenüber 2010. Mit 2,15 GW sei wesentlich mehr Leistung als im ersten Halbjahr 2010 hinzugekommen (auch in den USA gibt es offensichtlich mehr Installationen im zweiten als im ersten Halbjahr). Allerdings ist der Verband nur vorsichtig optimistisch. Im nächsten Jahr laufen die Steuerrabatte schon wieder aus. Werden diese nicht erneuert, so könne der Markt erneut zusammenschrumpfen.

Projektpläne für 2013 und danach seien selten, heißt es bei der AWEA, weil die künftigen Bedingungen unklar seien. Entlassungen und Firmenzusammenbrüche bei Herstellern und Zulieferern seien daher möglich. Sollte der Kongress die Steuerrabatte auslaufen lassen, würde sich diese Situation noch verschlechtern. Dennoch zeigte sich eine Verbandssprecherin optimistisch. Die Förderprogramme hätten Unterstützer in beiden Parteien und eine Verlängerung sei daher wahrscheinlich.

Am 1. Juli seien 7,354 GW neuer Leistung im Bau gewesen. Insgesamt sind in den USA inzwischen Windkraftanlagen mit einer elektrischen Leistung von 42,432 GW am Netz. Nur in China stehen mehr. Angesicht der sich verschlimmernden Dürre in Texas, wo mehr als 25 Prozent der Windräder stehen, machte eine Sprecherin des Verbandes darauf aufmerksam, dass Windkraftanlagen im Gegensatz zu Atom-, Kohle- und Gaskraftwerken so gut wie kein Wasser benötigen.

Die AWEA ist anders als sein deutsches Gegenstück, der Bundesverband Windenergie, in dem vor allem Betreiber von Windanlagen zusammengeschlossen sind, ein Unternehmensverband. Ihr gehören 2500 Hersteller von Windanlagen und diversen Komponenten an.

Unterdessen geht der europäische Windenergieverband EWEA in einem neuen Szenario davon aus, dass sich die EU-weite Stromproduktion der Windräder bis 2020 von heute 182 auf 581 Terawattstunden (Milliarden Kilowattstunden) erhöhen und dann 15,7 Prozent des Bedarfs abdecken wird. Bis 2030 könne der Anteil auf 28 Prozent steigen. 190 Milliarden Euro würden in den kommenden zehn Jahren investiert werden. Die Annahme, dass bis 2020 230 GW installiert sein werden, bezeichnete der Verband als konservativ. In den nationalen Aktionsplänen der EU-Mitgliedsländer würden ähnliche Ziele vorgegeben.

Enger Markt

Die Aussichten für die Solarindustrie sind hingegen eher durchwachsen. Reuters berichtet von einer neuen Marktanalyse, die davon ausgeht, dass die Erlöse der Branche von 64,4 Milliarden US-Dollar im Jahre 2010 auf 56,9 Milliarden in 2012 zurück gehen werden.

Für den Ausbau der Fotovoltaik müssen das aber noch keine schlechten Nachrichten sein, denn die Kontraktion des Marktes ist allein eine Folge stark fallender Preise. Oder mit anderen Worten: Für weniger Geld werden mehr Anlagen verkauft. Die Erwartung der Autoren, wonach die Industrie 2016 Anlagen für lediglich 65,4 Milliarden US-Dollar absetzen wird, erscheint dennoch etwas pessimistisch. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Produktionskapazitäten bis 2016 von 15,8 GW auf 37,5 GW in 2016 oder um 15,5 Prozent pro Jahr wachsen werden. "Die Nachfrage wird sich mehr nach Asien und Nordamerika verlagern und weiter wachsen, aber der Erlös stagniert da der Preisverfall schneller als das Wachstum sein wird", werden die Autoren zitiert.

Mörderische Konflikte

Thailand gehört eigentlich zu den besonders für Fotovoltaik geeigneten Ländern. Das sehr bescheidene Ziel, die 35 MW solarer Leistung von 2007 bis 2022 auf 500 MW auszubauen, dürfte schon bald übertroffen werden. Auch ein solarthermisches Kraftwerk mit fünf MW Leistung gibt es bereits.

Aber für den Augenblick spielt die Kohle noch eine Rolle und scheint offensichtlich ein richtig großes Geschäft zu sein. Das lässt zumindest das Kopfgeld vermuten, das Unbekannte auf den Tod von Thongnak Sawekchinda ausgelobt hatten. 10.000 US-Dollar zahlten sie an sieben Killer, die den Umweltaktivisten am 28. Juli per Kopfschuss auf offener Straße ermordeten, berichtet das in Bangkok redigierte Internetmagazin Asia Times Online. Fünf Jahre lang hatte Sawekchinda zuvor Proteste gegen die Umweltverschmutzungen durch die Verbrennung und Transporte von Kohle in seiner Heimatregion organisiert. In der Küstenprovinz Samut Sakhon unweit von Bangkok haben über hundert Betriebe kleine Kohlekraftwerke oder Heizkessel für Prozesswärme. Einige der im örtlichen Kohlegeschäft involvierten Unternehmen sind an der Bangkoker Börse notiert.

Sawekchinda sei einer von 27 Umweltaktivisten gewesen, die in Thailand in den vergangenen 16 Jahren ermordet worden. Nie sei einer der jeweiligen Hintermänner vor Gericht gestellt worden. Nur selten würden die großen Medien des Landes über die Morde berichten und das Klima der Straffreiheit würde Dorfgemeinschaften einschüchtern, die es nur selten wagen, sich gegen große Wirtschaftsinteressen zu wehren.

"Die Menschen in den Provinzen fühlen sich nicht sicher, wenn sie protestieren", wird Chariya Senpong zitiert, der für Greenpeace Thailand arbeitet. "Sie kennen die Geschichten von Umweltschützern, die getötet werden, ohne dass deswegen etwas unternommen würde." Unter den jüngsten Opfern, so Asia Times Online, sei unter anderem der buddhistische Mönch Supoj Suvajoe gewesen, der versucht habe, ein Immobilienprojekt zu verhindern, und Pakvipa Chalermkin, der erschossen wurde, weil er gegen Sandtransporte protestierte.