Mit dem Geldkoffer zurück aus Tripolis

Die Enthüllungen über den Waffenhändler Ziad Takieddine werfen ein grelles Licht auf die Nahost-Politik Sarkozys

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Luxusvillen, Yachten, Privatjets. Minister und führende Politiker am privaten Gästetisch. Ein Privatvermögen in Höhe von rund 100 Millionen Euro, ohne einen Cent Steuern zu bezahlen. Ominöse "Vermittlertätigkeiten" in - für den notorischen Humanismus ihrer Regimes bekannten - Ländern wie Libyen, Syrien und Saudi-Arabien. Ein Mordversuch. Dies alles klingt nach einem Kriminalroman, einem Spionagefilm, vielleicht nach John Le Carré. Doch was seit nunmehr einem Monat Stück für Stück ans Tageslicht zu kommen begann, ist materielle Wirklichkeit im Jahr 2011 in Frankreich.

Und die Enthüllungen, die maßgeblich von der Internetzeitung Médiapart ausgingen, sind derzeit noch nicht zu Ende. Sie lassen auch das französische militärische Engagement in Libyen vor einem etwas anderen Hintergrund erscheinen, als er offiziell dargestellt wird. Und sie könnten Präsident Nicolas Sarkozy, acht Monate bevor er sich wiederwählen lassen möchte, politisch gefährlich werden.

In ihrem Zentrum steht ein französischer Waffenhändler libanesischer Herkunft, Ziad Takieddine. Er war seit dem vergangenen Jahr allmählich ins Gerede gekommen, nachdem im Mai 2010 das Buch Le Contrat (Der Vertrag) erschien. Takieddine hatte sein Erscheinen gerichtlich zu verhindern versucht, doch war er mit seinem Anliegen kläglich gescheitert.

Die auf so genannte Pressestraftaten wie Verleumdung, üble Nachrede oder Beleidigung spezialisierte Strafkammer des Pariser Gerichts schmetterte seinen Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung als offensichtlich unbegründet ab. Takieddine und seine Anwälte gäben ja nicht einmal genau an, welche Passagen des Buches ihrer Auffassung nach rechtswidrig seien und welche Gesetze genau sie angeblich verletzten, so lautete die Begründung des Gerichts.

Affäre Karatschi - der Name Ziad Takieddines fällt 41 mal

Gegenstand des Buches waren Enthüllungen über die Hintergründe eines U-Boot-Geschäfts mit Pakistan, an dessen Ende ein Attentat auf französische Ingenieure und Werftarbeiter in der pakistanischen Metropole Karatschi mit vierzehn Toten stand. Seitdem ermittelt ein "Kollektiv von Familien der Opfer", das sich mit den ursprünglich verbreiteten offiziellen Darstellungen der Hintergründe nicht zufrieden gibt.

Der Bombenanschlag auf den Bus, in dem die Franzosen fuhren, fand im Mai 2002 statt. Damals war er zunächst offiziell radikalen Islamisten in die Schuhe geschoben waren. Alsbald kamen jedoch Zweifel an dieser Version auf. Langjährige Ermittlungen setzten ein, bei denen jedoch nach und nach etwas völlig Anderes herauskam: Das Attentat hatten demnach pakistanische Militärs verüben lassen, die darüber unzufrieden waren, dass "Kommissionszahlungen" - die unter dem Tisch den U-Boot-Deal begleiteten - durch die französische Regierung gestoppt worden waren.

Das klingt auf den ersten Blick wie eine Verschwörungstheorie, ist aber keine, sondern eine seriöse Annahme, die inzwischen auch die Justiz beschäftigt. Ein Anti-Terror-Untersuchungsrichter, Mark Trevic, und zwei Untersuchungsrichter für Finanzkriminalität namens Renaud Van Ruymbeke und Roger Le Loire rollen den Fall seit Jahren in peniblen Ermittlungen auf.

Auch eine parlamentarische Untersuchungskommission zum Thema wurde eingesetzt, in deren vorläufigem Abschlussbericht der Name Ziad Takieddines 41 mal fällt. Auch deshalb hielten die Pariser Richter ihn im Mai 2010 für manifest unglaubwürdig, als der Franco-Libanese beteuerte, er habe - Hand aufs Herz - mit der ganzen Angelegenheit überhaupt nichts zu tun.

Geld für den Wahlkampf

Die Affaire Karachi war in den letzten zwei Jahren ein immer wieder aufflackernder Dauerbrenner in der französischen Innenpolitik (vgl. auch hier), da vielfach angenommen wurde, dass die Enthüllungen auch Präsident Nicolas Sarkozy bedrohen.

Ihr Hintergrund war nämlich, dass allgemein davon ausgegangen wird, dass französische Politiker und pakistanische Militärs sich die zig Millionen Euro "Kommissionszahlungen" - welche aus den Einnahmen der damaligen französischen Staatswerft DCN (heute DCNS und teilprivatisiert) abgezweigt wurden - unter sich aufteilten. In Frankreich profitierte davon das politische Lager rund um den konservativ-wirtschaftsliberalen Premierminister Edouard Balladur, der von 1993 bis 1995 regierte und daraufhin zur Präsidentschaftswahl antrat.

Sein Wahlkampf soll teilweise aus diesen Geldern illegal finanziert worden sein. Sein Regierungssprecher, Haushaltminister und spätere Wahlkampfleiter hieß Nicolas Sarkozy. Doch Balladur unterlag bei der Wahl zum Staatsoberhaupt im Mai 1995 gegen einen Konkurrenten aus dem bürgerlichen Block, Jacques Chirac. Sarkozy wurde für die nächsten sieben Jahre politisch kaltgestellt. Und, vor allem, Chirac ließ die Kommissionszahlungen an Pakistan ab dem Sommer 1996 stoppen. Daraus resultierten weiterschwelende Konflikte, die mutmaßlich später zu dem Attentat von Karatschi führten.

Mit 1,5 Millionen in bar zurück aus Tripolis

So weit war dies dem französischen Publikum zum Teil seit dem vorigen Jahr bekannt. Neu ist, dass offenkundig ganz ähnliche politische Mechanismen auch im staatlichen Verhältnis zu Saudi-Arabien, Syrien, dem Libanon und zu Libyen griffen. Bis in die Mitte des vergangenen Jahrzehnts war dabei offenkundig die Rivalität zwischen den beiden bürgerlichen Seilschaften um Chirac einerseits und um Sarkozy sowie die früheren Balladur-Anhänger andererseits ein wichtiges, ja zentrales Element.

Takieddine tauchte - erstmals außerhalb der "Karatschi-Affäre" - zu Anfang 2011 wieder im Licht der Öffentlichkeit auf: Am 5. März dieses Jahres wurde er kurz nach dem Ausstieg aus seinem Privatjet am Flughafen von Le Bourget bei Paris durch den Zoll festgenommen. Er kam soeben aus Tripolis zurück und hatte 1,5 Millionen Euro in bar bei sich.

Die Staatsanwaltschaft im Pariser Vorort Bobigny leitete Ermittlungen wegen Geldwäsche ein, die bislang festzustecken scheinen. Takieddine drohte telefonisch dem Sarkozy-Vertrauten Thierry Gaubert, so schreibt es nun Médiapart, dass er "die Regierung hochgehen lassen" könne, falls es eng für ihn werde.

Thierry Gaubert ist ein früherer Mitarbeiter Sarkozys während seiner Amtszeit als Bürgermeister im Pariser Millionärsvorort Neuilly-sur-Seine, der später eine neue Laufbahn im Bankiersgeschäft einschlug. In der hier beschriebenen Angelegenheit geriet er inzwischen selbst ins Visier der Justiz: Anfang Juli fand eine Hausdurchsuchung bei ihm statt.

Der Innenminister und der Fraktionschef in kurzen Hosen beim Waffenhändler

Nach dem Wirbel um seine Rückkehr aus Libyen wurde es in der Öffentlichkeit wieder still um den Waffenhändler Takieddine, bis zum 10. Juli dieses Jahres. An jenem Sonntag begann eine längere Serie von Artikeln in der Onlinezeitung des früheren Le Monde-Chefredakteurs Edwy Plénel, Médiapart die allem Anschein nach aus Justizkreisen mit Informationen gefüttert worden ist (siehe den ersten Artikel der kostenpflichtigen Reihe). Bis vergangene Woche erschienen bisher über ein Dutzend längerer Beiträge, Hunderte von Textseiten, mehrere Faksimile-Dokumente und auch für führende Politiker ausgesprochen kompromittierende Fotos.

So sieht man etwa Sarkozy-Vertraute wie seinen früheren Innenminister Brice Hortefeux oder den aktuellen Chef der Regierungspartei UMP, Jean-François Copé, in kurzen Hosen vor der Villa oder auf der Yacht Takieddines posieren. Auch der frühere Vizechef des ersten französischen Fernsehsenders TF1 (welcher der Regierung nahesteht) und jetzige Chefredakteur der konservativen Tageszeitung Le Figaro, Etienne Mougeotte, war bei dem Waffenhändler zu Gast.

Besonders für UMP-Chef Copé ist die Sache nicht nur peinlich, sondern durchaus politisch delikat, weil er drei Jahre lang als Haushaltsminister amtierte und für Steuereinnahmen zuständig war.

Erstaunlicher Vermögenszuwachs

Médiapart publizierte die Steuererklärungen Takieddines für die Jahre 2002 und 2007 sowie 2009 und stellte fest, dass er zumindest in jenen Jahren in Frankreich buchstäblich keinen Cent Steuern bezahlte. Doch in einem Dokument, das er für einen Kreditantrag bei der Bank Barclays ausfüllte, gibt er sein eigenes Vermögen mit 97,2 Millionen Euro an, davon über 40 Millionen in Frankreich, wobei als formale Eigentümer meist Briefkastenfirmen in Steuerparadiesen - von Luxemburg bis zu den Jungferninseln - firmieren. Drei Steuerprüfungen verliefen bislang ergebnislos. Copé als ehemals zuständiger Minister wird seine damalige politische Verantwortung nur schwer abstreiten können.

Doch dies ist beileibe noch nicht die Hauptsache. Denn die Enthüllungen der Onlinezeitung ergeben, dass der politische Clan rund um Sarkozy im zurückliegenden Jahrzehnt gegenüber mehreren arabischen Staaten in ganz ähnlicher Weise verfuhr, wie Mitte der neunziger Jahre gegenüber Pakistan. Takieddine, der vor 1992 eine Skistation in den französischen Meeralpen leitete und ein relativ kleiner Geschäftsmann war, hat im Laufe der diversen Länderkontakte sein Vermögen mit dem Faktor einhundert multiplizieren können. Erstmals hatte er für den Pakistan-Deal in den neunziger Jahren 33 Millionen Euro eingenommen.

Ein erstes Zielland war Saudi-Arabien. Dort hatte Takieddine schon mittels eines - im November 1994 durch Nicolas Sarkozy als damaligem Haushaltsminister genehmigten - Geschäfts über die Lieferung von zwei Kriegsschiffen (Fregatten) unter dem Vertragsnamen Sawari-II, je nach Angaben, zwischen 87 und 130 Millionen Euro an Provisionszahlungen einstreichen können. Auch diesen Deal hatte Präsident Chirac, nachdem er 1995 gewählt worden, als mutmaßliche Geldquelle des rivalisierenden Balladur-Anhängerblocks zu stoppen versucht. Doch Takieddine rief Ende 1996 ein internationales Handels-Schiedsgericht gegen das Ausbleiben der "ihm zustehenden" Provisionszahlungen an und erhielt von ihm Recht; in drei Schüben erhielt er in den Jahren 1997 und 1998 seine Gelder.

Deals mit Saudi-Arabien

Es war dann wiederum Saudi-Arabien, wo der (aus den früheren Balladur-nahen Politikern neu formierte) Sarkozy-Clan im Jahr 2003 aktiv wurde: Er wollte dem mittelöstlichen Königreich ein neues System der "Grenzsicherung" mit Radar, Flugzeugen und Panzerfahrzeugen unter dem Codenamen Miksa verkaufen. Nicolas Sarkozy war damals französischer Innenminister, also rein fachlich überhaupt nicht zuständig. Doch sein damaliger persönlicher Referent Claude Guéant, seit Februar 2011 nun selbst Innenminister, reiste zur Einfädelung des Deals nach Riad.

Der damalige Präsident Jacques Chirac bekam von der Sache Wind und verbot Sarkozy am 12. Dezember 2003 in aller Form, selbst nach Saudi-Arabien zu reisen. Im März 2004 wurde das ganze Geschäft, aus dem Takieddine 350 Million Provisionszahlung hätten zufließen sollen, durch Chirac annulliert. Einer noch nicht definitiv bestätigten Information zufolge soll das damalige Staatsoberhaupt zuvor über den General Philippe Rondot als Mittelsmann eine Teilung der Beute - 50 % für das Chirac-, und 50 % für das Sarkozy-Lager - angeboten haben.

Es wird im Übrigen angedeutet, dass ein mutmaßlicher (als Autounfall mit einer Reihe von Merkwürdigkeiten getarnter) Mordversuch an Ziad Takieddine, der am 20. April 2004 auf einer Karibikinsel stattfand, im Zusammenhang dazu stehen könnte. Takieddine selbst suggeriert dies zumindest in einem Interview mit der Sonntagszeitung JDD vom Mai 2010, auch wenn er es nicht unmittelbar ausspricht, sondern bei indirekten Andeutungen bleibt.

Deals mit Libyen

Stärkeren Erfolg hatte der Clan unterdessen in Libyen, wo die Politikergruppe rund um Sarkozy in den Jahren 2005 bis 2009 intensive Aktivitäten entfaltete. Im Herbst 2005 bereisten Sarkozy, Claude Guéant und Brice Hortefeux das Land, wiederum völlig außerhalb ihrer institutionellen Kompetenzen: Sarkozy war damals in der französischen Regierung offiziell für "Innere Sicherheit", Hortefeux als Staatssekretär für Städte und Gemeinden zuständig.

Kaum war Nicolas Sarkozy im Mai 2007 zum Präsidenten gewählt, intensivierten sich die Kontakte, und es erfolgte eine offizielle Einladung. Offiziellen Anlass zum Ausbau der Beziehungen lieferte die Freilassung von fünf bulgarischen Krankenschwestern und eines palästinensischen Arztes, die seit 1999 in libyscher Haft saßen, angeblich weil sie für das Auftauchen des AIDS-Virus in Bengasi die Schuld tragen sollten.

Doch schon damals hatte die französische Öffentlichkeit sich kaum täuschen lassen, denn beim Besuch Sarkozys in Tripolis und Syrte am 25. Juli 2007 war nicht nur die 24 Stunden zuvor erfolgte Freilassung der sechs unrechtmäßig Inhaftierten gefeiert worden. Vielmehr wurden auch Verträge über die Lieferung eines Atomkraftwerks, über Kampfflugzeuge und weiteres Kriegsgerät unterzeichnet.

Sarkozy hatte die "Affäre um die bulgarischen Krankenschwestern" damals als angebliches Symbol einer neuen, vordergründig interventionistischen und "menschenrechtsorientierten" Außenpolitik inszenieren wollen: Weil er international auf den Tisch gehauen habe, habe er ihre Freilassung erwirken können. Doch nur wenige ließen sich wirklich täuschen.

Ziad Takieddine und Abdallah Senoussi

Die Pariser Presse berichtete damals, in Wirklichkeit stünden die engen persönlichen Beziehungen zwischen Sarkozys damaligem Präsidialamts-Chef Claude Guéant (von 2007 bis Anfang 2011) und dem Libyer Moussa Koussa im Hintergrund des Deals um die "Auflösung der Krankenschwestern-Affäre". Moussa Koussa war damals Chef des libyschen Geheimdiensts, und wurde 2009 nach fünfzehn Jahren in diesem Amt Außenminister des Landes. Inzwischen floh er, im Zusammenhang mit dem seit März dieses Jahres anhaltenden Krieg und Bürgerkrieg, aus Libyen und hält sich in London auf.

Doch die neuen Enthüllungen brachten zwei weitere, bislang unbekannte, aber für den Deal noch wichtigere Akteure ans Tageslicht: den Waffenhändler Ziad Takieddine einerseits und den libyschen Geheimdienstkoordinator Abdallah Senoussi andererseits.

Abdallah Senoussi war in Frankreich bereits bekannt, da er dort im März 1999 in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden war. Er soll eine maßgebliche Rolle beim Absturz einer Maschine der französischen Fluggesellschaft UTA über Niger im September 1989 gespielt haben. Auf diese war ein Bombenattentat verübt worden, weil das Gaddafi-Regime einen libyschen Oppositionellen fälschlich an Bord glaubte.

Senoussi, der auch ein Schwager Muammar Gaddafis ist, hat - zu dieser Erkenntnis kam ein Geschworenengericht in Paris - den Anschlag entscheidend organisiert. Takieddine stand in direktem Kontakt zu ihm. Und mehr noch: Er gab in den Jahren 2007 und 2008 rund eine Million Euro für dessen Sohn Mohammed Senoussi aus, der damals in London sein Unwesen trieb. Takiedinne bezahlte für Gerichts- und Detektivkosten, die nötig geworden waren, weil Senoussi und ein Kumpan zwei Prostituierte in der britischen Hauptstadt zusammenschlugen - beide zogen später ihre Klage zurück, weil sie Morddrohungen erhielten, wie eine von ihnen jüngst in Médiapart erläuterte. Ferner spendierte Takieddine ihm den Aufenthalt in einer Luxusvilla im Londoner Stadtteil Chelsea, Spritztouren auf Yachten und in teuren Autos.

Bei einem Treffen zwischen dem damaligen Leiter des Präsidialamts im Elysée-Palast, Guéant, und Takieddine, das Médiapart zufolge am 16. Mai 2009 stattfand, wurden Möglichkeiten für eine Straffreiheit des Vaters Abdallah Senoussi auf französischem Boden erörtert. Ziad Takieddine wollte dem erkrankten Gaddafi-Schwager die Möglichkeit eröffnen, sich in Frankreich medizinisch behandeln zu lassen: In Libyen ist das Gesundheitssystem zwar offiziell für alle kostenlos (wie die libysche Staatspropaganda auch nicht müde wird zu betonen), doch von ziemlich schlechter Qualität.

6,9 Millionen Euro vom französischen Ölkonzern Total

Doch Guéant blieb skeptisch, was eine Aufhebung des Urteils einer Geschworenenjury betraf. Zuvor hatte es, im Herbst 2005, Kontakte von libyscher Seite zum französischen Anwalt Thierry Herzog gegeben. Er war damals der persönliche Anwalt Nicolas Sarkozy - und ist heute, offiziell, jener des französischen Präsidenten. Es wurden Überlegungen darüber angestellt, das Urteil wegen "ausgebliebener Benachrichtigung des Verurteilten" revidieren zu lassen, doch blieben sie ergebnislos.

Am Donnerstag vergangener Woche hat Médiapart nun erläutert, wie Takieddine ferner einen persönlichen finanziellen Anteil am französischen Erdölgeschäft in Libyen erhielt. Im Jahr 2009 erhielt der Waffenhändler demnach 6,9 Millionen Euro vom französischen Ölkonzern Total - dem größten börsennotierten Unternehmen des Landes -, nachdem Sarkozys Berater und jetziger Innenminister Claude Guéant dafür persönlich grünes Licht erteilt habe.

Baschar al Assad auf der Ehrentribüne

Es war ferner auch Ziad Takieddine, der den Staatsbesuch des derzeit durch die blutige Repression in seinem Land ins Gespräch geratenen syrischen Diktators Bascher al-Assad in Paris am 13. und 14. Juli 2008 einfädelte. Rund um den Gründungsgipfel der durch Sarkozy lancierten "Mittelmeerunion", an ihr nimmt Syrien als "Partner" teil. Al-Assad saß in jenem Jahr bei der Militärparade zum französischen Nationalfeiertag auf der Ehrentribüne.

Takieddine organisierte auch den zweitägigen Gegenbesuch Sarkozys in Damaskus von Anfang September 2008. Médiapart veröffentlichte zahlreiche, durch den Waffenhändler verfasste Protokollnotizen dazu. Die Rede war damals auch von der Lieferung eines Atomkraftwerks und von Kampfflugzeugen, die Sarkozy Syrien ebenfalls andrehen wollte.

Libyen und Frankreich: viel Schmutz unter dem Teppich

Man ging schon bislang davon aus, dass Nicolass Sarkozy im März dieses Jahres gegenüber Libyen deswegen einen besonders energischen militärischen Kurs gegen Libyen - nach der gewaltsamen Niederschlagung von Demonstrationen durch das Regime und ersten Kämpfen mit bewaffneten Rebellen - einschlug, weil das offizielle Frankreich etwas zu verbergen habe. Man dachte damals aber vor allem an die Aktivitäten von Patrick Ollier, eines führenden französischen Libyen-Lobbyisten - daneben amtierender Minister für die Beziehungen zwischen Regierung und Parlament sowie Lebensgefährte der Ende Februar dieses Jahres geschassten, früheren Außenminister Michèle Alliot-Marie.

Nun stellt sich heraus, dass das offizielle Frankreich in Sachen Kontakte zum libyschen Regime noch sehr viel mehr Schmutz unter den Teppich zu kehren hatte. Ihn versucht man nun durch besonders forsches Auftreten zu verbergen. Und wenn umgekehrt die USA von Anfang an relativ zurückhaltend in Sachen militärische Intervention in Libyen vorgingen, dann vielleicht auch deswegen, weil ihnen bekannt war, dass das libysche Radarsystem durch das US-amerikanische Überwachungssystem Echelon nicht abgehört werden kann.

Dank der Verschlüsselungstechnologie des französischen Elektronikkonzerns i2e, welche 2007 an Libyen geliefert worden ist - durch die Vermittlung von Ziad Takieddine, der dafür 4,5 Millionen Euro an Provision kassierte. Im April 2007, also keinen Monat vor der letzten französischen Präsidentschaftswahl. Ob und an wen dabei "unter dem Tisch" noch mehr Geld geflossen sein könnte, muss dagegen vorläufig Gegendstand von Spekulationen bleiben.