Israelische Armee arbeitet an Roboter-Einheit

Unmanned Ground Systems (UGS). Bild: IDF

Militärstrategen in Israel und Deutschland melden Fortschritte in der unbemannten Kriegsführung zu Land, zu Wasser und in der Luft

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Die israelischen Landstreitkräfte IDF wollen Firmen damit beauftragen, Teile der Armee zukünftig durch Roboter zu ersetzen. Eine entsprechende Aufforderung zum Einreichen von Vorschlägen ist kürzlich veröffentlicht worden, berichtet die Online-Ausgabe des israelischen Militärmagazins Israel Defense.

Das Projekt firmiert unter dem Code-Namen "Advance Guard" und ist angeblich von den adressierten israelischen Rüstungsfirmen "ernsthaft" aufgenommen worden. "Advance Guard" richtet sich zunächst nur an die Landstreitkräfte, eine Ausweitung auf die Marine käme laut dem leitenden Brigadegeneral Shmuel Yachin aber ebenso in Betracht. Die Systeme sollen laut Yachin Ziele automatisiert erkennen und "aufs Korn nehmen" ("zero in").

Schwarmintelligenz für "Halbautomaten"

Zwar nutzen Armeen weltweit längst immer mehr Möglichkeiten der automatisierten und unbemannten Kriegsführung zu Land, zu Wasser und in der Luft. Eigene Tote oder Verwundete sollen damit reduziert werden, während sich Aufklärungskapazitäten diskreter oder kostengünstiger organisieren lassen. Durch die Implementierung von Ergebnissen der Forschungen zu Schwarmintelligenz sollen die Systeme untereinander kommunizieren, um etwa ein großflächiges Einsatzgebiet optimal abzudecken.

Auch innerhalb der Europäischen Union wird munter an der Wettbewerbsfähigkeit der Rüstungsindustrie im Bereich Robotik und unbemannter Kriegsführung gearbeitet. Zur Förderung der europäischen Robotikindustrie verdoppelte die EU-Kommission die Förderung der europäischen Robotikforschung zwischen 2007 und 2010 auf fast 400 Millionen Euro.

Bislang kommen im militärischen Bereich nur "Halbautomaten" zur operativen Anwendung: wichtige Funktionen der Roboter werden immer noch per Fernsteuerung von Menschen ausgeübt. Auch die Entscheidung, ob ein Ziel beschossen und getötet wird, übernehmen bislang Soldaten. Spätestens, seit der südkoreanische Elektronikkonzern Samsung vor drei Jahren seinen Kampfroboter SGR-A1 vorstellte, wird allerdings nicht nur in der Welt der Militärrobotik über die ethische Zulässigkeit tötender Roboter diskutiert. Das südkoreanische Verteidigungsministerium hatte bereits mindestens testweise Killer-Roboter von Samsung an der Grenze zu Nordkorea stationiert (Kampfroboter zum Schutz von Grenzen, Flughäfen oder Pipelines). Singapur und China arbeiten an ähnlichen Vorhaben für die "urbane Kriegsführung".

Beim israelischen Projekt "Advance Guard" handelt es sich indes um den Aufbau einer militärischen Pionier-Einheit, die auch in die Schlacht ziehen soll. Da der Erstkontakt mit dem militärischen Gegner oft mit hohen Verlusten einhergehe, sollten laut "Israel Defense" gerade hier vermehrt Maschinen zum Einsatz kommen. In Frage kämen demnach sowohl kleine wie große Roboter und unbemannte Fahrzeuge.

Intelligente Systeme sollen die Automaten untereinander vernetzen, damit sie nicht wie gewöhnlich als stumpfe Einzelkämpfer operieren. Damit knüpft die israelische Initiative an das fahrerlose Fahrzeug Guardium an, das israelische Rüstungskonzerne zusammen mit Entwicklern der Armee produzieren (Hightech für Stadtkampf und asymmetrische Konflikte). Der "Guardium" wird beworben als "nahtlos integrierbar" in die vernetzte Operationsführung C4I.

Sehen, ausweichen oder abstürzen

Per Schwarmintelligenz wird auch in Deutschland vor allem an Anwendungen gearbeitet, mittels derer sich die Automaten aus dem Weg gehen bzw. fliegen können. Damit würde das größte Hindernis zur Integration militärischer Drohnen in den zivilen Luftraum wegfallen: Wenn nämlich die Roboter das dort gültige Prinzip "See and Avoid" ("Sehen und Ausweichen") beherrschen und größeren Luftfahrzeugen selbständig den Vorrang ließen.

Dass die fatalen Folgen eines Absturzes militärischer Flugroboter durchaus von deutschen Innenbehörden kalkuliert werden, illustrierte kürzlich eine Großübung von 250 Angehörigen mehrerer Feuerwehren im ostfriesischen Schwege. Angenommen wurde der Absturz einer vom benachbarten Flugplatz Damme gestarteten Drohne, die auf einem Firmengelände Brände, Einstürze, Verschüttungen, das Auslaufen von Gefahrgut und eine Reihe von Personenschäden verursachte.

Dabei sind am derart beprobten Flughafen gar keine militärischen Langstrecken-Drohnen stationiert. Wohl aber zur Zeit im bayerischen Mansching, wo im Juli das erste "Langstreckenaufklärungsluftfahrzeug" für die "Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge" landete.

Ein "Meilenstein in der Luftaufklärung", der "eine neue Ära in der Aufklärung" einläute, tönte hierzu die Hauszeitung der Bundeswehr. Gemeint war die Lieferung des ersten "Euro Hawk" mit einer Länge von fast 15 Metern und einem Abfluggewicht von 14,5 Tonnen. Weitere vier Langstrecken-Drohnen sollen folgen und, nach Ausrüstung mit den nötigen Sensoren des EADS-Ablegers Cassidian im Sommer 2012 an die Luftwaffe übergeben werden. Geflogen werden die Langstrecken-Flugroboter dann durch "Luftfahrzeugführer unbemannter Luftfahrzeuge" vom Aufklärungsgeschwader 51 "Immelmann" im schleswig-holsteinischen Jagel, wo im Mai die Fertigstellung einer eigenen "Instandsetzungshalle" beendet und der Drohnen-Betrieb an "NATO-Standards" angepasst wurde.

Mit einer Reichweite von rund 23.000 Kilometer kann der neue Flieger von Jagel bis nach Afghanistan und wieder zurück fliegen, argumentieren deutsche Militärstrategen, und würde mit einer Flughöhe von 18 Kilometern nur für Starts und Landungen mit dem zivilen Luftraum kollidieren. Doch so weit soll das neue Spähflugzeug gar nicht unbedingt unterwegs sein, ist doch laut Bundeswehr zunächst die Sicherheit des deutschen Luftraums von Interesse.

"Und die Besatzung ist trotz Flugdienst nach ihrem Dienstschluss zu Hause", freuen sich die Militärs. Doch die Transformation der Luftwaffen-Piloten in eine Kampftruppe im Schichtbetrieb geht nicht ohne Kollateralschäden einher: Die Handhabung der ebenfalls vom Boden gesteuerten, kleineren Drohnen "Heron" scheint derart delikat zu sein, dass Bundeswehr-Piloten regelmäßig Kollisionen und Totalverluste melden müssen.