Das nukleare Gleichgewicht

Der NATO-Spion - Teil 2

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Wäre es im Kalten Krieg zu einem militärischen Schlagabtausch zwischen der NATO und den Staaten des Warschauer Pakts gekommen, so hätte dieser unweigerlich in einen Nuklearkrieg gemündet. So sieht es u.a. Rainer Rupp, der während der 80er Jahre aufgrund seiner Position im NATO-Hauptquartier in Brüssel die Planung des Dritten Weltkriegs genau kannte. Gleich, ob man die Strategie der Massive Retaliation, die Mutually Assured Destruction (MAD) gefahren hätte, oder die begrenzte Strategie der Flexible Response, Mitteleuropa wäre in jedem Falle nuklear vernichtet oder zumindest verseucht worden.

Teil 1: Der Krieg der Sterne

Ein mit konventionellen Streitkräften geführter Krieg wäre schon deshalb keine Option gewesen, weil die NATO-Strategen das taktische nukleare Potential ganz bewusst nicht in der strategischen Tiefe des Raums, sondern relativ vorne an der Grenze zu den Warschauer Pakt-Staaten stationiert hatten. Im Fall eines Grenzkonflikts wäre man daher schnell in einen bewusst vorprogrammierten Zugzwang gekommen: "Fire them or loose them". Man hätte natürlich gefeuert.

Bzgl. der atomaren Abschreckung hält der Fachmann das ursprüngliche Konzept der "Massive Retaliation" ("Boston für Berlin") für die geringere Gefahr, denn jeglicher Nuklearangriff hätte dann für beide Parteien den gemeinsamen Untergang bedeutet, wäre also keine Option gewesen. Durch die ggf. auf den Kriegsschauplatz Europa beschränkte "Flexible Response" sei jedoch die Bereitschaft auf US-Seite, die Atomwaffe zur Kriegsführung einzusetzen, deutlich gestiegen. Auch mit den Vorschlägen der Falken um Richard Perle, damals unter Reagan Staatssekretär im Pentagon für Planung und Politik, die sich für eine Strategie eines führbaren, gewinnbaren und beschränkten nuklearen Präventivkrieges gegen die Sowjets mit Hilfe von Enthauptungsschlägen durch die Zerstörung der Kommando-, Kontroll- und Kommunikationszentren von Militär und Partei einsetzten, ist er gut vertraut - eine Strategie, die derzeit wieder von den Neokonservativen gegen Iran propagiert wird.

RYAN

Der Ernstfall kam im Herbst 1983 näher als je zuvor. Aufgrund von Reagans Kriegsrhetorik, dessen SDI-Programm und der beschlossenen Stationierung der Pershing II, einer wegen ihrer extrem kurzen Vorwarnzeit von wenigen Minuten zum Erstschlag prädestinierte Waffe, folgerten Moskaus Strategen, der Westen steuere von der Verteidigungsbereitschaft nunmehr auf einen nuklearen Präventivkrieg zu. Die Sowjets waren von der Erfahrung einer Überraschungsinvasion im Zweiten Weltkrieg geprägt, die 27 Millionen Russen das Leben gekostet hatte. Zudem hatte man von den Plänen der ultrarechten Militärs Anfang der 60er Jahre gehört, die tatsächlich einen präventiven Nuklearkrieg aus dem Hinterhalt gegen die Sowjetunion führen wollten. Für Überraschungskriege waren die USA auch wegen ihrer Invasion in der Schweinebucht bekannt.

Pershing II auf einer mobilen Abschussrampe. Bild: U.S. Army

Ein Jahr nach Amtsantritt von US-Präsident Reagan, der die Entspannungspolitik für tot erklärt hatte, besetzte das US-Militär mit einem Überraschungsschlag die unabhängige Inselrepublik Grenada. Angeblich habe das Eiland gedroht, dem Kommunismus anheim zu fallen. Die Reagan-Administration leitete eine gigantische Aufrüstung mit dem Ziel ein, die Sowjetunion "totzurüsten" und damit das strategische Gleichgewicht zu Gunsten Washingtons zu kippen. Neokonservative wie Richard Perle, damals "Beisitzender Verteidigungsminister für Verteidigungspolitikalarmierende", hatten fertig ausgearbeitete Plänen für den "begrenzten Nuklearkrieg", der für die USA "führbar und gewinnbar" sei. Durch die Stationierung von Pershing II-Mittelstreckenraketen in Europa drohte ein Erstschlagspotential für einen atomaren Überraschungsschlag auf die zivilen und militärischen Kommando-, Kontroll- und Kommunikationszentren der Sowjetunion.

Der baldige Erstschlag durch die NATO war für etliche Strategen in Moskau eine subjektive Gewissheit. Das geplante NATO-Herbstmanöver ABLE ARCHER von 1983, das diesmal besonders umfangreich durchgeführt werden sollte, hielt Moskau für den als Übung getarnten Einstieg in den Dritten Weltkrieg. Da die Sowjets nicht bereit waren, einen nuklearen Vernichtungsschlag hinzunehmen, ohne diesen zu vergelten, war es zur Reaktion unerlässlich, einen Angriff frühzeitig erkennen zu können. Das zivile KGB und der militärische GRU starteten im März 1981 ihr größtes jemals durchgeführtes geheimdienstliches Programm, die Operation RYAN: "RAKETNO-YADERNOYE NAPADENIE", was soviel wie "Raketenangriff" bedeutet. Im Operationsgebiet sollten die KGB-Agenten jedes auch noch so geringe Anzeichen einer Angriffsvorbereitung sofort nach Moskau melden.

Auf einer Historiker-Konferenz in Odense1 referierte Rupp 2007 seine Eindrücke, auf denen die nachfolgende Darstellung mit freundlicher Genehmigung des Autors zum Großteil basiert.

Pershing II. Bild: U.S. Army

Im Rahmen der Operation RYAN wurde versucht, möglichst umfassende Erkenntnisse über die Alarm- und Kriegsplanung der NATO und ihre Angriffsvorbereitungen in Erfahrungen zu bringen, um auf dieser Basis im Ernstfall rechtzeitig reagieren zu können. Allerdings ging man in Moskau bereits davon aus, dass man auf Grund der in Europa stationierten US-amerikanischen atomaren Präventiv- und Präemptivschlagkapazitäten nur noch 5 bis 8 Minuten Vorwarn- bzw. Reaktionszeit hatte. Bereits bei einem Missverständnis konnte die nukleare Katastrophe drohen, denn die Sowjets waren nicht bereit, den drohenden amerikanischen Erstschlag einfach zu absorbieren, ohne vorher mit gleicher Münze zurückzuschlagen.

In der KGB-Instruktion Nr. 6282/PR/52 vom 17. Februar 1981 hieß es daher:

Die Tatsache, dass der Feind einen beträchtlichen Teil seiner strategischen Streitkräfte in erhöhter Gefechtsbereitschaft hält, […] macht es notwendig, Hinweise für die Vorbereitung eines atomaren Raketenangriffs zu einem sehr frühen Zeitpunkt zu entdecken, noch bevor der Befehl an die Truppen zum Einsatz nuklearer Waffen erteilt wurde.

Daher wurden die sowjetischen Geheimdienstniederlassungen im Ausland angewiesen, auf den kleinsten Hinweis für einen bevorstehenden Atomangriff zu achten. So erhielten die KGB-Residenten am 17. Februar 1983 die Direktive Nr. 374/PR/52, die zwanzig Indikatoren für einen unmittelbaren Kriegsbeginn auflistete, u.a.:

Halte die wichtigsten Regierungsinstitutionen, Hauptquartiere und anderen Anlagen, die an der Vorbereitung eines atomaren Raketenangriffs beteiligt sind, unter ständiger Beobachtung. [...] Bestimme das 'normale Tätigkeitsniveau' dieser Ziele während und außerhalb der Arbeitsstunden, z. B. die äußeren Merkmale ihrer täglichen Aktivitäten unter normalen Bedingungen (Differenzen der Zahl der dort geparkten Autos am Tage und am Abend, die Zahl der beleuchteten Zimmer während und nach der Arbeitszeit und Aktivitäten um diese Ziele herum an arbeitsfreien Tagen). Finde, auf Basis der festgestellten 'normalen Tätigkeitsniveaus', jede Veränderung dieser Merkmale bei Sonderkonferenzen in einer Krisensituation heraus.

Rupp hielt diese Befürchtungen für unbegründet, schließlich wirkte er selbst an den Planspielen mit und konnte bei seiner Arbeit als Vorsitzender der Current Intelligence Group (CIG) im NATO-Situation Center (SITCEN), dem innersten Sanktum des Bündnisses, wo im Krisenfall alle Informationen zusammenfließen, über das Militärmanöver hinaus keine tatsächlichen Kriegsvorbereitungen erkennen. Denkbar sei allenfalls ein Alleingang der USA gewesen, was etwa gerade auf Grenada erfolgt war. Die NATO jedoch hatte nichts weiter als eine Übung nebst Säbelrasseln im Sinn. Auch Spionagechef Markus Wolf teilte diese Einschätzung, aber es war nicht einfach, dessen argwöhnische Kollegen in der Führungsspitze des KGB zu überzeugen. Es bedurfte kostbarer Zeit, welche die hochgefährliche Krise verlängerte.

KAL 007

Die politischen Spannungen verschärften sich, als am 1. September 1983 das südkoreanische Verkehrsflugzeug KAL 007 über einem hochsensiblen militärischen Sperrgebiet im Fernen Osten Russlands abgeschossen wurde. Die KAL 007 war unter bis heute noch nicht gänzlich geklärten Umständen in den Luftraum der UdSSR eingedrungen, ausgerechnet über einer Region mit Militärinstallationen, die zur strategischen Abschreckung der Sowjetunion gehörten. Der den Abschussbefehl ausführende russische Jagdpilot hielt das Passagierflugzeug, das nicht auf Funk oder Warnschüsse reagierte, für einen US-Spionageflieger des Typs RC-135. Bei beiden Flugzeugen handelte es sich um viermotorige Maschinen; die RC-135 war eine Boeing 707, die KAL 007 eine Boeing 747, die sich zwar in der Größe, kaum jedoch in der Silhouette unterschieden. Für derartige Spionageflugzeuge war die Tarnung als scheinbar ziviles Flugzeug mit Fenstern nichts Ungewöhnliches. Seit Jahrzehnten gehörten Luftraumverletzungen zum festen Repertoire der USA, allein der Luftraum der DDR war mehr als 25.000 mal mit Spionageflügen verletzt worden. Horchapparatur der NSA war häufig in zivilen Flugzeugen installiert, die regulär etwa Berlin anflogen.

Modell einer Boeing 747 als Korean Airlines Flight 007. Bild: Anynobody. Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Unstreitig befand sich in jener Nacht wieder routinemäßig eine RC-135 von See her in Höhe des hochsensiblen sowjetischen Sperrgebiets im Anflug auf die sowjetische Küste. Normalerweise drehte das amerikanische Spionageflugzeug dann kurz vor dem sowjetischen Luftraum nach Süden ab, um im internationalen Luftraum entlang der sowjetischen Grenze zu fliegen und mit Mitteln der elektronischen Aufklärung, mit denen die RC-135 vollgestopft war, in das Sperrgebiet hinein zu "horchen" und zu "sehen". Durch den angetäuschten Anflug in Luftraum über fremdem Hoheitsgebiet sollten etwa versteckte Radarstationen zur Aktivität provoziert und hierdurch enttarnt werden. Das war für die Sowjets lästig, jedoch nach internationalem Recht erlaubt.

In dieser fatalen Nacht jedoch schien alles anders zu sein. Für die Sowjets sah es aus, als ob die RC-135 diesmal nicht abdrehte, sondern in das Sperrgebiet über der Halbinsel von Kamtschatka hineinflog, der erste Zwischenfall dieser Art in dem fraglichen Gebiet. Später bei der Aufarbeitung des Unglücks kam dann heraus, dass sich vor der Küste von Kamtschatka noch im internationalen Luftraum die Flugbahnen der KAL 007 und der RC-135 gekreuzt hatten. Die KAL 007 befand sich auf dem Heimweg von den USA und flog gewöhnlich die Polarroute, also von Norden kommend entlang der sowjetischen Grenze in Richtung Süden nach Seoul. Auch die aus dem Osten kommende RC-135 drehte gewöhnlich in der Nähe des sowjetischen Luftraums in Richtung Süden ab. Aber nachdem sich für einen kurzen Moment in dieser Schicksalsnacht die Radarschatten von KAL 007 und RC-135 gekreuzt hatten, waren die beiden Flugzeuge auf den Radarschirmen nicht mehr von einander zu unterscheiden.

U.S. Air Force Boeing RC-135. Bild. USAF

Auf den Schirmen der russischen Flugüberwachung sah es so aus, als ob die von Osten kommende RC-135 ihren Kurs beibehielt und unbeirrt das sowjetische Sperrgebiet ansteuerte. Tatsächlich war es aber die RC-135, die nun auf der Route der KAL Richtung Süden flog. Aus bis heute nicht geklärten Gründen hatten die Piloten des koreanischen Passagier-Jumbos ihren Kurs in Richtung sowjetisches Sperrgebiet geändert. Seltsam ist auch, dass die koreanischen Piloten weder auf die Versuche, sie per Funk zu erreichen, noch auf die international üblichen visuellen Warnungen und Zeichen reagierten, mit denen die russischen Kampfjets die Piloten der vermeintlichen RC-135 unter Drohung zum Abdrehen aufforderten. Der Abschuss wurde von den USA propagandistisch benutzt, um die Sowjets als aggressive Barbaren darzustellen - was erst 1988 abrupt endete, als die USA ihrerseits versehentlich ein iranisches Verkehrsflugzeug abschossen.

PSYOPS

Mit der Geheimdienstwelt der NATO und der USA vertraut, bezweifelt Rupp die offizielle Version, die KAL 007 sei versehentlich und ohne verdeckte Absichten in das hochsensible Sperrgebiet der strategischen Abschreckung der Sowjetunion eingedrungen. Rupp verweist in diesem Zusammenhang auf die Veröffentlichungen von Ben Fisher, ehemals hochrangiger Mitarbeiter der CIA und inzwischen deren offiziell bestellter Historiker. In seinen Abhandlungen über die Able-Archer bzw. RYAN-Krise räumt Fisher ein, dass mit dem Amtsantritt der Reagan-Administration 1980 eine hochgefährliche Periode begann, die extrem provokative Verletzungen des sowjetischen Hoheitsgebiets zu Lande, zu Wasser und in der Luft beinhaltete. Die Operationen fanden zumeist in militärisch besonders sensiblen Regionen statt, um auf diese Weise systematisch die Abwehrreaktion der Gegenseite zu testen, z.B. wie die ersten Alarmmeldungen über welche elektronische Knotenpunkte verarbeitet werden und aus welchen Hauptquartieren mit welcher Zeitverzögerung dann die Befehle zu Gegenmaßnahmen kamen.

Sowjetische SS-20 Mittelstrecken-Rakete. Bild: Igor Bollmann

Dank der damals bereits weit fortgeschrittenen elektronischen Fernaufklärung, z.B. über Spionagesatelliten, konnte das Pentagon auf diese Weise immer mehr Koordinaten der militärischen und politischen Kommando-, Kontroll- und Kommunikationszentren (C3) erhalten, die für die strategische Abschreckung der Sowjetunion von kritischer Bedeutung waren. Zugleich passte es zu der neuen Strategie eines "führbaren und gewinnbaren begrenzten Atomkriegs", die von den Falken in führenden Positionen der Reagan-Administration wie z.B. Richard Perle propagiert wurde. Als für den Erfolg dieser Strategie unablässig galt die Zerstörung der sowjetischen C3-Zentren in einem Überraschungsschlag durch den Einsatz taktischer Nuklearwaffen, sodass die "mächtige Rote Armee nach dem Erstschlag ohne Befehle, Kommunikation und Kontrolle wie ein Huhn mit abgeschlagenem Kopf über einen russischen Bauernhof läuft". Das seien im Originalton damals die Vorstellungen der US-amerikanischen eiskalten Krieger gewesen, so Rupp, der die Ereignisse der KAL-007 in diesem größeren Zusammenhang sieht.

"Durchschlagender Erfolg"

Für seine Sicht bietet Rupp ein gewichtiges Indiz: Einige Monate nach dem Abschuss sei im Rahmen seiner Arbeit im NATO-SITCEN ein Intelligence Memorandum (IM) von der vom militärischen US-Nachrichtendienst DIA eingegangen, in dem von einem jüngst gelungen "durchschlagenden Erfolg" bei der Aufklärung der sowjetischen C3-Zentren im russischen Fernen Osten geprahlt worden sei. Es sei ein tragisches Nebenprodukt des KAL 007-Abschusses gewesen, aber eine offizielle Verbindung der USA zu dieser Tragödie wurde natürlich nicht hergestellt.

Bis heute wird über die Gründe spekuliert, welche die koreanischen Piloten der KAL-007 ausgerechnet zu dem Zeitpunkt zu der verhängnisvollen Kursänderung bewogen haben, zu dem sich ihr Radarschatten mit dem der RC-135 kreuzte. Schon damals wurde von Anfang an nicht ausgeschlossen, dass die koreanischen Piloten für dieses verhängnisvolle Manöver von US-Geheimdiensten bestochen worden waren, allerdings unter der Annahme, der "Irrtum der KAL 007 ende nicht in einer Tragödie. Wenn die Sowjets in dem Eindringling eine Passagiermaschine erkannt hätten, wäre es - so Rupp - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu dem Abschuss gekommen. Die koreanischen Piloten hätten sich für ihre versehentliche Kursänderung entschuldigt, niemand wäre zu Schaden gekommen - außer Moskau, denn wegen des Eindringlings wären die sowjetischen C3-Zentren ohnehin alarmiert und so vom militärischen US-Nachrichtendienst DIA identifiziert worden. Ein solches Szenario könnte die Kursänderung der KAL 007 zwar plausibel erklären, aber handfeste Beweise dafür gebe es nicht, und wenn, dann lägen sie tief in den Geheimtresoren des Pentagon vergraben.

Fehlalarm

Es stand zu befürchten, der Vorfall könne die Stimmung zur Akzeptanz eines Weltkriegs beeinflussen. Angesichts der Nervosität der russischen Staatsspitze bestand ein gewisses Risiko, dass ein "Gegenschlag" aufgrund eines Fehlalarms hätte eingeleitet werden können. Ein solcher Fehlalarm etwa ereignete sich im September 1983, kurz nach dem KAL 007-Zwischenfall, als die russischen Spionagesatelliten irrtümlich die Starts von fünf Interkontinentalraketen meldeten. Da der diensthabende Offizier Stanislaw Petrow der Bodenstation davon ausging, ein westlicher Nuklearschlag würde mit dem gesamten Potential auf einmal durchgeführt werden, schloss er, fünf Raketenstarts seien eher nicht der Dritte Weltkrieg, und wartete mit seiner Lagebeurteilung 20 Minuten auf die Radarbestätigung - die jedoch ausblieb.

Stanislaw Petrow. Screenshot 'The Man Who Saved The World'

Bald nach diesem bis 1998 vertuschten Zwischenfall wurde der Kalte Krieg in ebenso geheimer Weise durch das nun beginnende Manöver ABLE ARCHER 83 heiß, dessen Gefährlichkeit u.a. Gorbatschow später mit der Kuba-Krise verglich, freilich mit dem Vielfachen an nuklearem Potential. Nachdem sich Journalisten und Historiker lange der Existenz und Brisanz des sich 1983 hinter den Kulissen entsponnenen Dramas verschlossen hatten, wurde die RYAN-Krise 2011 nun auch von konservativen Historikern wie Guido Knopp als hochriskante Episode des Kalten Kriegs anerkannt.

Teil 3: War Games