Irland schränkt das Beichtgeheimnis ein

Priester, die über Kindsmissbrauch schweigen, sollen künftig mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden

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In einer Beichte gesteht eine Person einem Priester unter bestimmten formellen Voraussetzungen Taten und Gedanken, welche die katholische Kirche als Verfehlungen betrachtet. Anschließend werden dem Beichtenden "Reuegebete" auferlegt und er wird von seinen Sünden losgesprochen. Von dieser Lossprechung sind zwar Delikte wie Hostienschändung und Häresie ausgenommen, nicht jedoch Kindsmissbrauch. Der Priester, der solch ein Bußsakrament durchführt, ist danach auch gegenüber Behörden zum Schweigen verpflichtet.

Die neue irische Regierung will in Kindsmissbrauchsfällen nun keine Rücksicht mehr auf dieses religiöse Sonderrecht nehmen. Anlass dafür ist ein im Juli erschienener Bericht des National Board for Safeguarding Children (NBSC) über Geschehnisse in der Diözese Chluana. Das NBSC kommt darin zum Ergebnis, dass neun von 15 Missbrauchsfällen nicht den zuständigen Behörden gemeldet wurden.

Kardinal Seán MacBrádaigh (Bildmitte, mit rotem Kleekorb). Foto: Dean Molyneaux. Lizenz: CC BY-SA 2.0.

Als Konsequenz daraus kündigte die irische Kinder- und Jugendministerin Frances Fitzgerald ein Gesetz an, nach dem zukünftig jeder, der von einen Kindsmissbrauch erfährt und diesen nicht ordnungsgemäß anzeigt, mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft wird. Dies soll auch dann gelten, wenn ein Priester im Beichtstuhl mit solchen Vorgängen konfrontiert wird.

Gegen das Vorhaben regt sich allerdings Widerstand aus dem Klerus: Kardinal Seán MacBrádaigh, der Erzbischof von Armagh und ranghöchster Vertreter Roms in Irland, bezeichnete das Beichtgeheimnis im Rahmen einer Predigt im Wallfahrtsort Chnoc Mhuire als so "unantastbar" und so wichtig für das Sakrament, dass jeder Versuch, es "auszuhöhlen" eine "Kampfansage an die Religionsfreiheit und das Gewissen jedes Katholiken" sei.

Der irische Justizminister Alan Shatter machte nach dieser Kritik des Kardinals noch einmal deutlich, dass die Pflicht zur Anzeige von Kindsmissbrauchsfällen ohne Rücksichtnahmen auf interne Regelungen religiöser Gemeinschaften gelten werde. Einem Sprecher Shatters zufolge verleiteten die alten Regeln nämlich Pädophile zum Glauben, dass sie ihren Neigungen ungestraft nachgehen könnten, was wiederum dazu geführt habe, dass sie Kindern "nachstellten und deren Leben zerstörten".

2003 hatte der ehemalige katholische Priester Michael McA. aus dem australischen Bundesstaat Queensland zugegeben, während eines Vierteljahrhunderts über 1.500 Mal bei etwa 30 verschiedenen Beichtvätern pädophile Handlungen gebeichtet zu haben. Seinen eigenen Angaben zufolge war er nach dem Weggang der Kinder jedes Mal von Reue überwältigt. Die Beichten, bei denen er Bußgebete auferlegt bekam, hätten gegen diese negativen Gefühle "wie ein Zauberstab" gewirkt. Auch der belgische Bischof Roger Vangheluwe, der jahrelang seine Neffen missbrauchte, rechtfertigte sich in einem Fernsehinterview mit dem Sender VT4 unter anderem damit, dass er die Vorgänge regelmäßig gebeichtet habe.

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