GIZ als Sponsor einer Rüstungsausstellung

Wie Dirk Niebel die Entwicklungspolitik militarisiert

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Dirk Niebel ist gerne Bundesminister, aber mit Leib und Seele Bundeswehr-Hauptmann der Reserve. In diesem Sinne macht er sein Ministerium und alles was dazu gehört wehrtauglich (Erschließung von Armutsmärkten und private Sicherheitskräfte). Folgerichtig tritt die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), ehedem zuständig für Entwicklungshilfe, nun als Sponsor einer Rüstungsausstellung auf und schloss eine Art Beistandspakt mit der Bundeswehr.

Kampferprobte Abteilungsleiter

Minister Niebel kleidet sein Haupt nicht nur mit Bundeswehr-Käppis, er umgibt sich auch mit seinen Kameraden aus gemeinsamen Zeiten des Schlammrobbens. Niebel machte Friedel Eggelmeyer, einen ehemaligen Oberst der Bundeswehr, zum Leiter der Abteilung 03 des BMZ und damit zuständig für Nordafrika, Nahost und Afghanistan

Sein Ministerium hat Reservehauptmann Niebel längst auf Linie gebracht, nun gilt es auch im Unterbau aufzurüsten. Folgerichtig schloss die GIZ eine Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr und die GIZ macht einen Stand auf einer Rüstungsshow in Berlin.

Sponsoring für Rüstungsausstellung aus BMZ-Geldern

Der auf deutsch "Berliner Sicherheitskonferenz" genannte 10th Congress on European Security and Defence findet am 8. und 9. November 2011 in Berlin statt. Dort werben allerlei Rüstungsfirmen für ihre Produkte und im Rahmenprogramm treten Außen- Innen- und Verteidigungspolitiker auf. Sinn des Ganzen ist es, "Beschaffer" - also Militärs und Politiker - mit der Rüstungsindustrie "ins Gespräch" zu bringen. In der Eigenwerbung des Veranstalters "Behörden Spiegel" liest sich das so:

Im Laufe der Jahre hat sich dieser Kongress mit mehr als 100 nationalen und internationalen Mitwirkenden (...) zu der größten Veranstaltung für die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik entwickelt.(...) Herausragende Persönlichkeiten aus Politik, Industrie und Militär werden zu Ihnen sprechen und mit Ihnen diskutieren. (...) Zahlreiche nationale und internationale Unternehmen werden zudem ihre Produkte im Ausstellungsbereich präsentieren.

Große Firmen sind mit Referenten und vor allem mit Messeständen vertreten. Doch nicht nur die. Zu den Ausstellern gehören auch bundeseigene Unternehmen, wie etwa die für die Bundeswehr tätige BwFuhrparkService GmbH. Sie bezahlt für ihren Stand 7.800 Euro, wie die Staatssekretärin des Auswärtigen Amtes, Dr. Emily Haber, dem Linken Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko auf dessen Anfrage hin mitteilte. In Einladungsprospekt zur Konferenz wird die BwFuhrparkService GmbH deshalb als "Bronze-Sponsor" aufgeführt.

"Gold-Sponsor" ist beispielsweise der Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS. Ein weiterer Bronze-Sponsor, im Werbeblatt. Ein weiterer Bronze-Sponsor, im Werbeblatt des Kongresses auch noch als solcher aufgeführt, soll nach dem Willen der Bundesregierung zwar weiter sponsern, es soll aber in diesem Fall nicht mehr so genannt werden. Gemeint ist die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Diese GIZ ist der von Minister Niebel verordnete Zusammenschluss der früheren "GTZ" dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED) sowie InWent. InWent war bereits zuvor aus der früheren DSE (Deutsche Stiftung für Entwicklungsländer und der CDG (Carl Duisberg Gesellschaft gebildet worden."

Bundeswehr hilft hungernden Kindern in Afrika

Zum DED gingen früher viele junge Männer, um statt bei der Bundeswehr das Töten zu lernen, einen Friedensdienst in Entwicklungslängern zu leisten. Die optische Nähe zur gut beleumdeten Entwicklungshilfe suchte die Bundeswehr bereits in den 80ziger Jahren. "Die Bundeswehr hilft Kindern in der Dritten Welt", hieß eine der PR-Kampagnen, in deren Rahmen Soldaten in Uniform durch Fußgängerzonen mit der Sammeldose zogen, um für "hungernde Kinder in Afrika" zu sammeln. Einige ihrer Kameraden durften schon damals dienstlich in afrikanische Länder reisen. Natürlich nur zu humanitären Zwecken. Die deutsche Bevölkerung sollte langsam an den Einsatz von Bundeswehr-Soldaten in Afrika - also fern des NATO-Gebietes gewöhnt werden. Einen entsprechenden Verein unterhält das Bundesverteidigungsministerium noch heute. Vorsitzender ist derzeit der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Kossendey, MdB, CDU.

Nun, wo Dirk Niebel Minister im BMZ ist, fallen die Schranken. Die früher des Pazifismus verdächtigten Entwicklungshelfer treten als Sponsoren einer Rüstungs-Ausstellung auf, nichts ist unmöglich.

Zahnlose NGOs

Doch wer nun glaubt, die in VENRO zusammen geschlossenen entwicklungspolitischen Organisationen würden dagegen protestieren, der täuscht sich. Keine der Geldempfänger des BMZ mochte die zunehmende Militarisierung der Entwicklungspolitik kommentieren. Es könnte sich ja negativ auf die von Niebel verteilten Zuschüsse auswirken.

Im Bundestag richteten die Abgeordneten Ute Koczy (B90/Grüne) und Andrej Hunko (Die Linke) Anfragen an die Bundesregierung. Beide erhielten von der Parlamentarischen Staatssekretärin Gudrun Kopp, MdB, eine fast wortgleiche Antwort, in der es heißt:

Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH ist von den Ausrichtern der 10. Berliner Sicherheitskonferenz angefragt worden, sich mit ihren Erfahrungen aus der Internationalen Zusammenarbeit an zwei Podiumsdiskussionen im Rahmen der Konferenz zu beteiligen. Panel I 'Civil Security - a future Key European Market' und Panel VI 'Security Governance - Development Policy as a key factor in supporting State Building.' Die GIZ hat ihre Beteiligung zugesagt.

Der GIZ ist angeboten worden, sich als Bundesunternehmen mit einem kleinen Stand auf der Konferenz darzustellen. Dort sollen v.a. die Erfahrungen der GIZ in der Durchführung von Bauaufträgen für das Bundesministerium der Verteidigung und das Auswärtige Amt in Südosteuropa und Afghanistan präsentiert werden. Die GIZ ist kein Sponsor der Veranstaltung, sondern entrichtet für den Stand eine Nutzungsgebühr, deren Höhe abhängig sein wird von der noch zu bestimmenden Größe des Standes. Im Konferenzprogramm, welches im Internet veröffentlicht ist, wird die GIZ fälschlicherweise als Sponsor der Kategorie Bronze genannt. Der Veranstalter hat auf einen entsprechenden Hinweis der GIZ hin zugesagt, die falsche Darstellung im Programm und auf der Website zu beheben und die GIZ nicht länger als Sponsor aufzuführen.

Gudrun Kopp

Dazu erklärte die entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Ute Koczy, gegenüber Telepolis:

Schuster bleib bei Deinen Leisten. Wenn die GIZ sich zunehmend als Dienstleister auch im Sicherheitssektor verdingt, verliert sie ihr klares Profil. Die bundesdeutsche Entwicklungs-GmbH muss ihrem entwicklungspolitischen Auftrag treu bleiben, denn es gibt viel zu tun.

Ute Koczy

Andrej Hunko, MdB Die Linke, wurde deutlicher. Er bezeichnet es als "einen Skandal, dass die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH als Sponsor für eine Verkaufsmesse der Privatwirtschaft auftritt". Nichts anderes sei der als "Sicherheitskonferenz" präsentierte 10. Kongress zur Europäischen Sicherheit und Verteidigung. Hier würden - "ähnlich dem 13. Polizeikongress im Februar dieses Jahres" - ein weiteres Mal Steuergelder verwendet, "um eine Messe zur Ankurbelung der Rüstungsindustrie zu unterstützen". Hunko forderte die Bundesregierung auf, "unverzüglich die Unterstützung derartiger Verkaufsmessen der Rüstungsindustrie einzustellen".

GIZ sucht Videoüberwachungspersonal für Saudi Arabien

Gleichzeitig wurde bekannt, dass die GIZ in einer Stellenanzeige Videoüberwachungsspezialisten für das Innenministerium Saudi-Arabiens anwirbt.

Bereits im Juni dieses Jahres wurde bekannt, dass das Bundesverteidigungsministerium mit der GIZ eine Kooperationsvereinbarung geschlossen hat. In dem dem Autor vorliegenden Text wird eine enge Zusammenarbeit in fast allen Bereichen vereinbart. Damit werden die bisherigen "Entwicklungshelfer" zu Spitzeln und Zuträgern des deutschen Militärs. So heißt es in Paragraph 2 (Fachliche Zusammenarbeit) Ziffer 1:

Austausch von Informationen zu Einsatzgebieten und zu Regionen bzw. Ländern, in denen die Bundeswehr zukünftig voraussichtlich stärker gefordert sein wird.

Auf die Frage der Linken Abgeordneten Heike Hänsel nach "entwicklungspolitisch relevanten Verbesserungen, die das BMZ durch die Kooperationsvereinbarung erwarte, erklärte die Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Kopp:

Die Bundesregierung erwartet, dass durch ein kohärentes Zusammenwirken von militärischen und zivilen Akteuren friedensgestaltende und stabilisierende Maßnahmen effizienter und nachhaltiger gestaltet werden und damit entwicklungspolitische Wirkungen erreicht werden.

Gudrun Kopp

Künftig wird, auch das steht im Kooperationsabkommen, die Bundeswehr den GIZ-Mitarbeitern auch die Mitnutzung an der "Feldpostversorgung für gemeinsame Einsatzgebiete" ermöglichen. Damit die Heimatfront auch pünktlich ihre Post erhält.

Update: Die GIZ legt Wert auf die Feststellung, dass auf der Berliner Sicherheitskonferenz - entgegen früherer Ankündigungen - kein Stand angemietet wird und dass dies bereits Ende August entschieden aber offenbar mangelhaft nach außen kommuniziert wurde. Die Gesellschaft wird danach an der Konferenz lediglich auf zwei Podiumsdiskussionen vertreten sein. Darin wird es um die Themen „Civil Security“ und „Development Policy as a Key Factor in Supporting State Building“ gehen. Neben der Teilnahme an den Podiumsdiskussionen gibt es keine weiteren Aktivitäten. Daher, so die GIZ gegenüber Telepolis, sei sie kein Sponsor und werde in zukünftigen Publikationen der Konferenz auch nicht als solcher genannt.

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