Hype oder Klassiker?

Alle Bilder: Square Enix Ltd.

"Deus Ex - Human Revolution" wird von vielen Seiten bereits jetzt als Spiel des Jahres gehandelt - und die Saison hat eben erst begonnen

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Das ursprüngliche, von Ion Storm programmierte Deus Ex wurde im Jahr 2000 von Eidos für den PC veröffentlicht - anderthalb Jahre später auch für die Playstation 2 - und gilt zu Recht als absoluter Meilenstein in der Entwicklung der Computerspiele und speziell des Ego-Shooter-Genres.

Die heute von Außenstehenden oft dümmlich als "Killerspiele" bezeichneten Games waren damals vor allem durch die Arbeiten von id , namentlich Doom und Quake, definiert. Diese frühen First Person Shooter waren vor allem in grafischer Hinsicht revolutionär, das Spielprinzip war dagegen noch denkbar simpel. Neben dem Aufstöbern des einen oder anderen Schlüssels zum nächsten Levelabschnitt galt es nur, auf jede Bewegung mit geballter Feuerkraft zu reagieren.

Deswegen wurde der 1998 veröffentlichte, erste Stealth-Shooter Thief von den Fans wie von der Branche wie eine Offenbarung aufgenommen. Hier musste die nächste Aktion taktisch geplant und mit Fingerspitzengefühl umgesetzt werden, wenn der Spieler sein Ziel erreichen wollte.

Auch Warren Spector, der bereits an namhaften Titeln wie Wing Commander, Ultima Underworld oder System Shock maßgeblich beteiligt war, zeigte sich begeistert. Er erkannte, was der nächste auf Thief folgende Schritt sein musste: Ein Shooter, der dem Spieler erlaubt, seine virtuelle Umwelt je nach Veranlagung in Schutt und Asche zu legen oder aber die Aufgabenstellung durch Raffinesse, Taktik und Tarnung zu lösen.

Dieses Konzept wurde bei Deus Ex so gut umgesetzt, dass es, bis auf eine Ausnahme, während des ganzen Spielverlaufs nicht nötig ist, zu töten. Im Unterschied zu Thief oder späteren Stealth-Klassikern wie der Splinter Cell-Serie bleibt es dem eher nach Blut dürstendem Spieler aber freigestellt, Situationen auf die althergebrachte Weise zu klären und wahre Leichenberge zu hinterlassen.

Ein weiterer Geniestreich Spectors war zweifellos, Deus Ex so anzulegen, dass es dem Spieler möglich ist, seinen Avatar durch Nanotechnologie nicht nur aufzurüsten und weiterzuentwickeln, sondern durch die Auswahl der entsprechenden Naniten seiner eigenen Spielweise anzupassen.

Deus Ex kann man also mit Fug und Recht auch als Riesenschritt in Richtung Realitätssimulation betrachten. Das mittlerweile eigenständige Genre des Taktik Shooters verdankt Warren Spectors Meisterwerk schlicht die Grundlage. Nach der Ende 2003 für die erste Xbox und den PC veröffentlichten Fortsetzung Deus Ex - Invisble War geriet Ion Storm in unruhige Gewässer, da (von den beiden Deus Ex-Titeln und dem vom nicht mehr existenten Studio Looking Glass übernommenen Thief 3 abgesehen) keines der im Vorfeld mit überzogenem Selbstbewusstsein angekündigten Spiele von Publikum oder Fachpresse annähernd positiv aufgenommen wurde. Deshalb ließ Publisher Eidos das Millionengrab im Jahr 2005 endgültig zuschaufeln. Dies bedeutete auch die vorläufige Einstellung der Arbeiten am bereits angekündigten Deus Ex 3.

2007 begann das neugegründete Studio Eidos Montreal mit den Arbeiten an Deus Ex - Human Revolution. Wohl auch wegen der Übernahme des britischen Publishers durch die (vor allem durch die "Final Fantasy"-Serie bekannte) japanische Firma Square Enix dauerte es bis Ende August dieses Jahres, bis das fertige Spiel für Xbox 360, PS 3 und PC veröffentlicht wurde.

Die mit dem Namen verbundenen Erwartungen waren gigantisch. Selten wurden bereits die ersten Trailer zu einem angekündigten Spiel so ausgiebig diskutiert; die einschlägigen Foren weisen ellenlange Threads auf, in denen auch das kleinste Detail jedes Teasers beinahe wissenschaftlich untersucht wurde. Neben der vorherrschenden Euphorie gab es aber auch den einen oder anderen Skeptiker, der sich fragte, ob ein neu gegründetes Studio die Aufgabe stemmen würde, eine derart legendäre Marke ohne die Mitwirkung von Spector oder auch Lead Designer Harvey Smith wiederzubeleben.

Um es kurz zu machen: Trotz einiger kleiner Schwächen ist Human Revolution, die Vorgeschichte zum 25 Jahre später spielenden ersten Teil, ein beeindruckendes Spiel. Alleine das Design der Handlungsorte des Jahres 2027 ist atemberaubend:

In Gelb/Grün/Schwarz-Tönen getaucht zeigen sich Städte wie Montreal oder Detroit als grandios umgesetzte Visionen urbaner Zukunft, die an Bilder aus Total Recall, Blade Runner, aber auch Ghost In The Shell oder Akira erinnern. Die erstaunliche Detailfreude, die bei der Gestaltung an den Tag gelegt wurde, lässt wie die mindestens 35-stündige Spielzeit auf eine hochmotivierte Mannschaft in Montreal schließen.

Zusätzlich wurden alle oben beschriebenen Stärken des zum Klassiker gewordenen Originals beibehalten oder gar ausgebaut, so dass man dem neuen Titel attestieren kann, dass er den großen Namen zu recht trägt. Auch diese Fortsetzung lässt sich auf verschiedene Arten spielen, was zu völlig verschiedenen Spielerfahrungen, aber auch zu diversen Enden der Geschichte führen kann. Auch hier gibt es immer mehr als einen Weg, sein Ziel zu erreichen. Das größte Plus des Spiels ist mit Blick auf die Mehrheit der heutigen Konkurrenz im FPS-Bereich aber das geschickt erzeugte Gefühl freier Beweglichkeit und eines nicht linearen Ablaufs, das stellenweise schon an Sandbox-Titel wie GTA 4 oder Just Cause 2 erinnert. Dem Spieler bleibt es im Großen und Ganzen freigestellt, seine Aufträge nicht nur wie, sondern auch wann er will zu erledigen.

Die dazu nötigen weitläufigen Areale bedingen natürlich entsprechend lange Ladezeiten. Dies wird aber durch sehr klug gesetzte Speicherpunkte wett gemacht, die es dem Spieler ersparen, nach seinem Ableben wieder die selben Strecken abzulaufen, wie es leider speziell bei Konsolengames immer noch Usus ist, obwohl gut programmierte Games wie Half-Life 2 bereits auf den Geräten der letzten Konsolengeneration bewiesen hatten, dass es offensichtlich keine technisch zwingende Notwendigkeit dafür gibt.

Hype oder Klassiker? (12 Bilder)

Die einzige echte Schwäche des neuen Deus Ex sind die teilweise ellenlangen Intro- und Einschubfilmchen, die technisch nicht mit der eigentlichen Spielwelt mithalten können und oft recht überflüssig wirken. Zwar finden in diesem Rahmen auch interaktive Gespräche statt - diese sind aber relativ leicht zu durchschauen. Man lässt seinen Charakter einfach sagen, was das Gegenüber wohl am liebsten hören will.

Bewegt man sich jedoch wieder im eigentlichen Spiel, sind solche Details schnell wieder vergessen. Zu beeindruckend und visionär ist das Werk als Ganzes. Natürlich ist es noch viel zu früh, um Deus Ex - Human Revolution bereits zum Jahressieger zu küren. Schließlich sind auch noch einige sehr vielversprechende Titel für die nächsten Wochen und Monate angekündigt. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das Debutwerk von Eidos Montreal aber das bisher ambitionierteste und eindrucksvollste Spiel des Jahres 2011.

Verlosung

Square Enix hat zusammen mit Sennheiser und Radeon vier Preise zur Verfügung gestellt, die sich vier unserer Leser holen können. Voraussetzung dafür ist, dass sie bis spätestens 17. September eine der vier schlüssigsten Antwort auf die (zwischen der Redaktion und Claus Jahnel umstrittene) Frage liefern, ob man Deus Ex - Human Revolution sinnvollerweise als Cyberpunk-Spiel bezeichnen sollte oder nicht. Teilnahmemails bitte einfach an gewinnspiel@telepolis.de senden.

Preise:

1. Preis: 1x Sennheiser Kopfhörer PC 360 Game
2. Preis: Grafikkarte Radeon HD 6870
3. Preis: Spiel Deus Ex: Human Revolution für PC
4. Preis: Fanpaket mit Merchandise und Buch Deus Ex: Der Icarus-Effekt

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