Nach Bundesinnenminister Friedrich besteht die Gefährdung durch islamistischen Terrorismus "nach wie vor"

Für ihn sind die Einzeltäter derzeit am gefährlichsten, weil man diese schwer entdecken könne, weswegen man offenbar Vorratsdatenspeicherung und andere Sicherheitsvorkehrungen benötigt

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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) billigte in einem Bild-Interview die Tötungsmission der Seal-Eliteeinheiten unter Leitung der CIA, die US-Präsident Obama mit seiner Mannschaft live im Weißen Haus mitverfolgt hatte. Gefragt ob es sich um Rache oder eine Polizeiaktion gehandelt habe, meinte Friedrich, die Vorstellung sei für viele ein Albtraum gewesen, dass Bin Laden "ungestraft und frei herumlief". Er habe daher "Verständnis dafür, dass bei dem Einsatz gegen einen international gesuchten Hassprediger und Top-Terroristen die Sicherheit der Einsatzkräfte Vorrang hatte". Das ist schön formuliert, schließlich ist ziemlich unstrittig, dass die Soldaten Bin Laden töten sollten, um eine Gefangennahme zu vermeiden, während man seine Leiche auf hoher See entsorgte.

Friedrich ist anlässlich des 10. Jahrestags der Anschläge auch der Meinung, dass die Gefahr durch islamistischen Terrorismus "nach wie vor" besteht. Er streicht vor allem heraus, dass "Terrorzellen" heute schneller entdeckt würden, während die sich in Deutschland vorbereitenden Attentäter um Mohammed Atta "gut integriert" gewesen und den "Behörden nicht aufgefallen" seien. Da könnte man fast den Schluss ziehen, es sei besser, wenn die Islamisten nicht integriert sind, weil man sie dann besser beobachten kann.

Der Innenminister hebt allerdings auf die nach dem 11.9. eingeführten Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen ab. Obgleich die Gefahr weiterhin groß sei, würden Vorbereitungen, wie sie die Terrorzelle in Hamburg durchgeführt hat, heute durch die "Vielzahl neuer Sicherheitsvorkehrungen" auffallen, verspricht Friedrich: "Unsere Ermittler gehen mit modernsten technischen Mitteln und im ständigen Austausch mit internationalen Kollegen gegen Terror-Netzwerke vor." Er nutzt die Gelegenheit natürlich auch, um die im Kabinett beschlossene Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze und die von der Union gewünschte Vorratsdatenspeicherung zu legitimieren, ohne allerdings näher Gründe dafür anzugeben. Auch an den Körper-Scannern, die sich bislang als untauglich erwiesen haben, will Friedrich weiter festhalten und suggeriert, dass man mit solchen Techniken die Beeinträchtigungen etwa am Flughafen "reduzieren" könne, während sie damit nur immer mehr werden. Schließlich kann sich durchaus fragen, warum die Antiterrorgesetze, die meist auch nicht nur zur Terrorbekämpfung genutzt oder nur unter diesem Deckmantel eingeführt und dann nachhaltig verteidigt werden, weiterhin ausgebaut werden müssen, wenn doch die Sicherheitsbehörden jetzt schon wissen, wie Friedrich sagt, "wer die Leute sind". Der Innenminister spricht von 1000 "möglichen islamistischen Terroristen" in Deutschland, wovon 128 "Gefährder" seien, die "erhebliche Straftaten" begehen könnten, 20 davon seien "eindeutig" in einem Terrorcamp gewesen. Die Unterscheidung zwischen Terroristen und Gefährdern - sind Terroristen nicht immer auch Gefährder? - ist nicht wirklich eingängig oder falsch formuliert, Friedrich stellt aber heraus, dass sich der Terrorismus, wenn man es so ausdrücken mag, durch den Ausbau der Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen verändert hat (was nicht nur den islamistischen Terror betrifft, wie man an Breivik sehen konnte). Der Innenminister sagte: "Die größte Gefahr geht heute eher von Einzeltätern aus. Sie sind schwer zu entdecken."

Das könnte zweierlei bedeuten: entweder lassen sich Einzeltäter mit der "Vielzahl neuer Sicherheitsvorkehrungen" nicht aufspüren oder, was bei Sicherheitspolitikern wahrscheinlicher ist, sie müssen weiter vielleicht in einer Dauerrastungsfahndung mit der Sammlung und Auswertung möglichst vieler Daten ausgebaut werden, um auch jeden Einzelnen zu entdecken, der irgendwie auffällig ist und im Geheimen etwas ausbrüten könnte.