Islam- und Linkengegner pöbeln gegen kritische Medienberichte

"Politically Incorrect" im Kampf gegen die "Politkommissare der DuMont-Stürmer-Blätter"

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Eine Artikelserie über die Szene der Islam- und Muslimfeinde in Deutschland in den Blättern des DuMont Verlags hat besonders deren publizistisches Flaggschiff Politically Incorrect (PI) unter Druck gesetzt. Politiker fordern die Überwachung des islamfeindlichen Blogs und seiner Protagonisten durch Verfassungsschutz und Polizei, die Regierung lehnt dies ab (Bundesregierung hat nach dem Massaker in Norwegen keine Probleme mit islamfeindlichen Gruppierungen).

Die Betreiber und Autoren jener Szene, eine krude Mischung aus Rechtspopulisten, Rechtsradikalen, rechten Querulanten und fundamentalistischen Christen sowie angeblichen Israel- und USA-Freunden fühlen sich abermals von den linken Medien verfolgt. Sie behaupten, nicht gegen das Grundgesetz verstoßen und keine Gewaltaufrufe publiziert zu haben.

Am Mittwoch hatten die "Berliner Zeitung", die "Frankfurter Rundschau" und der "Kölner Stadtanzeiger" in nahezu gleich lautenden Artikeln über Interna von PI und Verbindungen der Autoren und Betreiber zu rechten Splitterparteien wie Die Freiheit, Bürger in Wut und Pro NRW berichtet. Angerissen wurde auch eine Nähe zum europäischen "Chefideologen" jener Szene, Geert Wilders, und anderen rechten beziehungsweise islamfeindlichen Parteien in Europa.

Anhand der in jener Artikelserie publizierten Interna wird deutlich, dass PI-Gründer Stefan Herre, der offiziell mit PI nichts mehr zu tun haben wollte, immer noch als ein Mastermind fungiert. Zudem sei die umstrittene Schweizer Pfarrerin Christine Dietrich entgegen der aus ihren Kreisen selbst verbreiteten Informationen weiterhin in allen "relevanten Führungsentscheidungen eingebunden". Sie sei "nach wie vor als Autorin tätig" gewesen.

Herre wollte offiziell schon seit längerem das von ihm gegründete Blog in andere Hände abgegeben haben - angeblich zum Schutz seiner Person vor Anfeindungen und Gewalttaten. Dass PI indes nun nahezu ohne Impressum fungieren kann und eine presserechtlich verantwortliche Person in Deutschland nicht greifbar ist, dürfte wohl eher der Grund gewesen sein. Wiederholt hatten Personen, Politiker und Institutionen versucht, sich mittels Strafanzeigen oder anwaltlicher Hilfe gegen Diskreditierungen und Verleumdungen auf PI zur Wehr zu setzen. Dass Herres oder Dietrich sich mit einem angeblichen Ausstieg bei PI solchen rechtlichen Schritten entziehen konnten, dürfte wohl auch ein nicht unerheblicher Grund dafür gewesen sein für ihre Angaben.

Unter PI geht derweil ein Autor nicknamens "kewil" auf die Artikelserie ein und pöbelt: "Links versiffte Dumont-Presse greift PI an". Für "kewil" sind die Autoren der Artikel schlicht "linke Geier". In den Kommentarspalten finden User deutlichere Worte: "Das hat nichts mehr mit Pressefreiheit zu tun sondern ist NS-geschulte Presse-Schule vom Feinsten." Ein anderer User hetzt: "Die Propagandamaschienerie der goebbelschen Political Correctness laeuft auf Hochtouren!" Geschimpft wird zudem gegen die "Politkommissare der DuMont-Stürmer-Blätter".

Die sich unschuldig gebenden Pöbler

Ausgerechnet in jenem Blog und dessen Umfeld, bekannt dafür, Kampagnen gegen Gegner, Politiker und Wissenschaftler - die der PI-Meinung nach den Islam zu unkritisch sehen - anzuzetteln, glaubt man offenbar abermals im eigenen Wahn, selbst Opfer einer Kampagne geworden zu sein. Dass PI sowohl in seinem redaktionellen, aber erst recht in seinen Kommentarspalten immer wieder dazu aufgerufen hat, Menschen, Behörden und Redaktionen mit Anrufen, Mail- oder Briefzuschriften einzuschüchtern oder den Kommentarbereich unter Artikel in Onlinemedien mit Hetz-Kommentaren zu überfluten, blendet man dabei wieder galant aus. Wer will auch schon gerne als Webpöbel eingestuft werden, wo man sich doch gemeinhin den Linken und Muslimen intellektuell weit überlegen fühlt?

Ziel solchen Telefon- und Mailterrors waren dennoch wiederholt Politiker und Wissenschaftler, die sich etwa für den Islam ausgesprochen hatten oder Lokalpolitiker, die einen Moscheebau befürworteten. Mobilisiert wurde ebenso gegen Journalisten, die zu kritisch gegen die PI-Klientel und deren Säulenheiligen Thilo Sarrazin berichtet oder wohlwollend über den Islam geschrieben hatten. Entweder, wurde immer wieder auf PI gefordert, müsse man diese Journalisten mit Zuschriften belästigen und deren Arbeit lähmen, oder zu deren Artikeln in Onlinemedien eifrig Kommentare einstellen sowie für die Druckausgaben Leserbriefe schreiben.

Verschwörung der Linken und Muslime

Ein Autor namens "Frank Furter" - der laut der DuMont-Autoren in der Partei "Die Freiheit" mitmischt - hat unterdessen nicht jenes dubiose Treiben seiner Mitstreiter bei PI kritisiert, sondern die "dubiosen Artikel" des DuMont-Verlags als "Frontalangriff auf die Meinungsfreiheit" eingestuft. Die Interna, so "Frank Furter", die in den Beiträgen wiedergegeben worden seien, müssten wohl von einem "Judas" stammen - ein erstaunlich klerikal-antisemitisch aufgeladener Begriff in einem Blog, das gemeinhin pro-israelisch sein will. "Frank Furter" stellt als Replik auf Politikerforderungen zur Überwachung der rechten Blogger auch fest: "Gewaltaufrufe gab es [bei PI] nie, gibt es nicht und darf es auch nicht geben."

Wirklich nicht? So meldete PI wohlwollend eine Aktion, die "Michael Mannheimer" (Islamhasser Mannheimer, die Kirche und sein Internetpranger) ankündigte, nämlich "den Aufbau einer 'Hall of Shame' [...], wo alle Leugner und Unterstützer der Islamisierung bald namentlich genannt werden". Der Blogger hat Berühmtheit erlangt wegen seines Aufrufes zum Widerstand, in dem er seinen Mitstreitern rät: "Vertreibt das herrschende Establishment aus seinen Ämtern und Schreibstuben und stellt die Verantwortlichen vor ein Gericht! [...] Greift zu den Waffen, wenn es keine anderen Mittel gibt!"

Mannheimer wird zudem mit dem Internet-Pranger "Nürnberg 2.0" in Verbindung gebracht ("Nürnberg 2.0"). Ziel des Projekts - auf das auch PI verlinkt hat - soll es sein, "Rechtsverstöße [bei einer Islamisierung und Multikulturalisierung Deutschlands] zu erfassen, die Verantwortlichen zu benennen und sie zu einem geeigneten Zeitpunkt öffentlich dafür, nach dem Muster des Nürnberger Kriegsverbrecher-Tribunals von 1945, mit rechtstaatlichen und demokratischen Mitteln zur Verantwortung zu ziehen". Zu jenen Mitteln der Alliierten gehörte auch die Todesstrafe. Die Islamhasser wiederum drohen derlei indirekt auf jener Homepage Politikern wie Joschka Fischer und Renate Künast (beide Grüne), Gerhard Schröder und Franziska Drohsel (beide SPD), Armin Laschet und Ruprecht Polenz (beide CDU) sowie Wissenschaftlern wie Udo Steinbach und Wilhelm Heitmeyer oder dem Staatsanwalt Winfried Hassemer an.

Ähnlich, wie man sich selbst zum Opfer der linken politischen Korrektheit stilisiert und anderen, siehe oben, vorwirft, sowohl Stalinisten ("Politkommissare") als auch die wahren neuen Nazis ("DuMont-Stürmer-Blätter") zu sein, wettert man bei PI in einem Tonfall gegen Muslime, der aus der Geschichte her bekannt ist. Ausgerechnet jene angeblichen Freunde Israels hetzen gegen den Islam als Religion und Muslime als Menschen in einen ähnlichen Duktus, wie es die Nationalsozialisten gegen Juden taten. PI ist in solchen Fällen der NSDAP-Hetzpostille "Der Stürmer" und den Reden Hitlers weitaus näher, als es den Betreibern und Autoren lieb sein dürfte. Ähnlich wie die Nazis wittert man bei PI eine Weltverschwörung gegen ihresgleichen, natürlich eine solche der linken politischen Kräfte, flankiert durch die Medien.

Gegen eine solche hetzten auch die Nazis einst, allerdings wähnten sie hinter all dem als treibende Kraft eine jüdische Weltverschwörung. Bei PI oder in deren politischem Umfeld sind es heute indes nicht die Juden, sondern der Islam und alle Muslime, die mittels einer Art Verschwörung gemeinsam mit den "linken Faschisten" und deren Medien die Weltherrschaft an sich reißen wollen. Und nicht selten trifft man dann beim Fußvolk jener "Neuen Rechten" auf Aussagen, die eher an die Frühzeiten der NSDAP erinnern. Da äußerten sich Kommentatoren etwa, "Deutsche, die zum Islam konvertieren", müssten "ins Arbeitslager eingewiesen" werden.

Ein User beschimpfte unter PI eine von einem Rassisten erstochene Muslima als "verschleierte Kopftuchschlampe". Ein Anderer schrieb: "Die Messer werden weiter gewetzt! Wir haben erst begonnen!" Dennoch glaubt "Frank Furter": "Gewaltaufrufe gab es [bei PI] nie, gibt es nicht und darf es auch nicht geben."