Darstellung von Rauchen in Kinofilmen nur ab 18 Jahren

In Großbritannien wird gefordert, für die Altersfreigabe die Darstellung des Rauchens ebenso streng zu bewerten wie die von Sex oder Gewalt

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In Großbritannien wird darüber gestritten, ob und wie in Filmen Personen gezeigt werden dürfen, die rauchen. Das UK Centre for Tobacco Control Studies wirft dem britischen Kulturministerium und dem British Board of Film Classification (BBFC), der Behörde, die Altersfreihaben für Filme und Computerspiele erlässt, vor, nicht genügend zu tun, um Kinder und junge Menschen vor dem Rauchen zu schützen (Der Krieg gegen die Raucher).

Jeden Tag würden Tausende von jungen Menschen mit dem Rauchen das erste Mal beginnen, was oft zu lebenslanger Abhängigkeit und zu tödlichen Erkrankungen führe. Rauchen in Filmen sei nach internationalen Studien weiterhin ein wichtiger Anschub, um Kinder und junge Menschen zu Rauchen zu verführen. Die Verantwortlichen, die Filmemacher, Politiker und Regulatoren würden aber in Großbritannien wie anderswo nichts ändern wollen. Das Ministerium habe lediglich gebeten, dass die Medienregulatoren und die Filmbranche überlegen solle, was man noch tun könne.

Gefordert wird von Dr. Ailsa Lyons and Professor John Britton vom BBFC in einem Editorial in der Zeitschrift Thorax, die Darstellung des Rauchens ebenso streng bei der Altersfreigabe zu berücksichtigen wie die Darstellung von Sex und Gewalt. Kinder vor dem Rauchen zu bewahren, sei eine staatliche Pflicht. Und die Lösung sei ganz einfach. Es müssten nur alle Filme erst ab 18 Jahren freigegeben werden, in denen geraucht wird, solange es keine strenge gesetzliche Regelung gebe, und zwar unabhängig davon, ob das Rauchen von den Schauspielern in der Sicht der Beurteiler verherrlicht wird, ob für es geworben oder von ihm abgeraten wird. Eine Freigabe erst ab 18 Jahren würde allerdings noch nirgendwo auf der Welt so gemacht werden, müssen die beiden Autoren einräumen.

Mitarbeiter des BBFC sind allerdings der Meinung, dass ihre Richtlinien durchaus angemessen seien. Eine Veränderung würde "eine starke Opposition der Filmindustrie provozieren". Eine Umsetzung sei unwahrscheinlich, wenn die Öffentlichkeit dies nicht wünscht oder das Ministerium dies regelt.

Im selben Heft wurde eine Studie veröffentlicht, die einen Zusammenhang zwischen Rauchen in Filmen und dem Beginn des Rauchens bei Jugendlichen herstellt. Dazu wurden Daten einer Untersuchung von mehr als 5000 15-Jährigen ausgewertet. Die Jugendlichen wurden gefragt, welche von 50 Filmen, die zwischen 2001 und 2005 in die Kinos gekommen waren und in denen die Rauchszenen gezählt wurden, sie gesehen haben und ob sie jemals Rauchen probiert haben bzw. Raucher sind. Auch wenn soziale und familiäre Faktoren, Alkoholkonsum und das Rauchverhalten der Freunde berücksichtigt werden, würden Kinder, die in Filmen häufiger Rauchende gesehen haben, eher mit dem Rauchen beginnen und weiter dem Laster frönen.

Je mehr Raucher die Jugendlichen in Filmen gesehen haben, desto wahrscheinlicher sei es, dass sie selbst das Rauchen zumindest ausprobieren, so die Wissenschaftler. Auch in anderen Studien habe sich ergeben, dass Jugendliche, die viele Filme mit Rauchszenen gesehen haben, angeblich doppelt so oft mit dem Rauchen beginnen als solche, die nur wenige solche Filme konsumiert haben (Schlechter Einfluss). Aus diesem Grund sagen sie, dass die Altersfreigabe ab 18 Jahren die Zahl der Filme für Jugendliche erheblich senken würde, in denen geraucht wird, weswegen dann auch weniger mit dem Rauchen beginnen würden.

Aber es gäbe viel, was man nicht zeigen dürfte, weil es ein riskantes Verhalten ist. Wie steht es beispielsweise um Börsenspekulanten oder Extremsportarten oder um das Verzehren von Fastfood? Sollen auch keine Menschen gezeigt werden dürfen, die Alkohol oder zuckerhaltige Getränke zu sich nehmen? Die einen riskieren Abhängigkeit, die anderen Fettleibigkeit? Und was ist, wenn Kinder und Jugendliche im echten Leben Raucher, Trinker, Schläger und Co. sehen, wenn sie in den Nachrichten erfahren, dass es Kriege, Grausamkeit und Tote gibt? Oder wenn sie gar in Ländern oder an Orte wohnen, wo Gewalt und Krieg herrschen? All das gibt es, das ist die Wirklichkeit, wenn nicht hier, dann woanders. Ist es richtig, Kinder und Jugendliche in einer Scheinwelt aufwachsen zu lassen? Sind Märchen, (Computer)Spiele, Filme oder Erzählungen nicht auch eine Weise, den Kindern, die glücklich ferne von großen Problemen aufwachsen, die Wirklichkeit nahezubringen, die jeder Zeit über sie hereinbrechen kann und die andere Kinder alltäglich erleben?

Und wird, was man nicht zeigt, nicht auch deswegen zur Attraktion? Der Raucher als Rebell.