Müsste Siegfried Kauder das Internet gesperrt werden?

Der CDU-Politiker verwendete in seinen Web-Auftritten möglicherweise fremde Fotos und Grafiken ohne Lizenz

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Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass der CDU-Abgeordnete Siegfried Kauder (der unter anderem als Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände fungiert), der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) innerhalb der nächsten zwei Monate einen Gesetzentwurf versprach. Der sollte festlegen, dass Internetnutzern, die mehrfach einer Urheberrechtsverletzung bezichtigt werden, der Zugang gesperrt wird. Nun scheint es, als ob dieses mittlerweile als "Kauderstrike" bekannte Modell auch ihn selbst treffen könnte.

Alexander Double von Piratig.de präsentiert Kauder in einem Beitrag auf Abgeordnetenwatch nämlich zwei Links auf Fotos von der Johanneskirche in Donaueschingen und der Hornberger Burg, die sich sowohl auf seiner Domain als auch anderswo im Web finden - und zwar mit konkreten Herkunftsangaben, die bei Kauder fehlen. Double fordert Kauder deshalb auf, die Lizenzen für die Nutzung der Bilder vorzulegen und macht ihn darauf aufmerksam, dass bei deren Fehlen eine Urheberrechtsverletzung vorliegen würde. Für diesen Fall macht er dem CDU-Politiker folgenden Vorschlag:

Sie nennen mir [...] alle Ihre Internetzugänge (zu Hause, im Bundestag, in Ihrem Parteibüro, Ihre Handys usw.), ich informiere die von Ihnen geschädigten Urheber, und sie erzwingen, dass alle diese Zugänge für 3 Wochen gesperrt werden, um Ihnen das Internet zu kappen. Ich glaube, Sie als Politiker und Volksvertreter sollten hier mit einem guten Beispiel vorangehen. Oder möchten Sie sich und Ihre Kollegen aus dem Wirkungskreis des von Ihnen propagierten Gesetze herausnehmen? Das Gesetz soll das Volk, gängeln, auf Sie aber nicht zutreffen?

Nachdem Double dies in seinem Blog gepostet hatte, fand ein Leser, der sich Syd Mounep nennt, mit Hilfe der Google-Bildersuche heraus, dass ein Teil von Kauders Header-Grafik möglicherweise ungenehmigt vom Freilichtmuseum Vogtbauernhof und ein weiters grafisches Element von einer Schwarzwald-Touristikseite übernommen wurde. Mounep zog deshalb den Schluss: "Es sieht so aus, als ob die Fotos auf der Seite komplett zusammengeklaut sind".

Kauder war bisher noch nicht für eine Stellungnahme zu den Vorwürfen erreichbar. Dafür verschwanden einige Bilder von seiner Website, die auf Archive.org noch in ihrer ursprünglichen Fassung einsehbar ist und von der ein Nutzer namens Ben vorher einen Screenshot angefertigt hatte. Auch von der CDU war bisher noch kein Kommentar zu bekommen. Am Dienstag hatte Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier getwittert, dass Kauders Internetkappungspläne nicht der offiziellen Parteilinie entsprechen. Von Telepolis damit konfrontiert, warum er dann Vorsitzender des Rechtsausschusses ist, meinte Altmaier, Kauder sei "parteiübergreifend anerkannt" und würde nur hinsichtlich der Strikes "falsch liegen". Die Frage, ob auch seine Vorstellungen zur Einschränkung der Pressefreiheit, zu den Nebeneinkünften von Abgeordneten und zum Ankauf von Steuersünder-CDs Parteilinie der Union sind, blieb bisher unbeantwortet.

Sollten sich die Vorwürfe gegen Kauder als zutreffend erweisen, wäre er nicht der erste Urheberrechtsextremist, der die Erfahrung macht, dass Immaterialgüterrechtsempfinden und Immaterialgüterrechtswirklichkeit mittlerweile sehr stark auseinanderklaffen. So wurden beispielsweise die EU-Parlamentarier Klaus-Heiner Lehne und Toine Manders dabei ertappt, dass die Material rechtswidrig verwendeten und der SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy beschimpfte einen Journalisten sogar, als dieser ihn auf Urheberrechtsverletzungen in seinem Facebook-Profil aufmerksam machte.

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