Die Griechenland-Falle

Die Eurogruppe schreckt vor dem GAU zurück. Griechenland soll erstmals kein frisches Geld erhalten, Pleite gehen soll das Land aber auch nicht

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Nun ist die Falle zugeschnappt. Was sich Kanzlerin Angela Merkel so hübsch ausgedacht hatte - Geld für Griechenland gibt es nur gegen "strikte Konditionalität" - schlägt auf die Geldgeber in der Eurogruppe zurück. Bei ihrer Sitzung gestern Abend in Luxemburg konnten sich die Euro-Finanzminister nicht auf neue Hilfszusagen für Athen einigen. Denn Athen hat die Bedingungen der Troika nicht erfüllt. Weder werden die Sparziele 2011 und 2012 erfüllt, noch gehen Privatisierungen und Entlassungen im Öffentlichen Dienst so schnell voran, wie gedacht. Auch am 13. Oktober, beim eigens angesetzten Krisentreffen der Eurogruppe, wird noch kein grünes Licht der Troika erwartet. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker blies dieses Treffen denn auch kurzerhand ab.

Nun hängt alles in der Luft - die Regierung in Athen, die Eurogruppe und natürlich auch die so genannte Euro-Rettung, die ohne Klärung in Griechenland undenkbar ist. Weil Griechenland die Konditionen nicht erfüllt, sind auch die Bedingungen für die Rettung des Euro nicht erfüllt.

Bravo! Die "strikte Konditionalität" schlägt auf ihre Urheber zurück - und die geben sich ratlos. Eigentlich müssten sie Griechenland nun pleitegehen lassen. Denn, so hieß es bisher, ohne EU-Hilfe sei die Regierung in Athen Mitte Oktober bankrott. Doch scheinbar zögern Juncker & Co. vor dem GAU noch zurück. "Wir werden alles tun, um eine Pleite zu verhindern", sagte der Luxemburger. Niemand habe sich für einen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone ausgesprochen.

Jetzt rächt es sich, dass die Eurogruppe keinen "Plan B" erarbeitet hat - oder besser: dass dieser noch nicht fertig ist. Hinter den Kulissen basteln die Minister ja schon eifrig an einem Super-Euro-Rettungsschirm, der selbst einen Zahlungsausfall in Athen abfangen könnte. Über einen "Finanzhebel" soll der existierende Rettungsschirm EFSF auf Billionengröße aufgeblasen werden, so dass die Eurogruppe nicht nur griechische Banken rekapitalisieren, sondern auch mögliche Schockwellen in Italien und Spanien abfedern kann. Auch gestern in Luxemburg wurde über diesen "Hebel" diskutiert, natürlich streng vertraulich. Schließlich muss Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit Rücksicht auf seine Wackel-Koalition in Berlin so tun, als sei das alles gar kein Thema.

So lange der Hebeltrick nicht funktioniert, wird die Eurogruppe Griechenland weiter unter die Arme greifen müssen. Auch dafür wurden gestern offenbar die Weichen gestellt. Zum einen sollen die Banken einen größeren Beitrag zur "Rettung" des Landes zahlen, als beim Euro-Krisengipfel am 21. Juli vereinbart. Die Lage habe sich seitdem verändert, so Juncker. Zum anderen prüfen die 17 Euro-Finanzminister nach einem Bericht der britischen FT, die Sparvorgaben für Athen so umzumodeln, dass die Regierung sie doch noch erfüllen kann.

Aus der "strikten Konditionalität" würde so ein "reset", und die längst fälligen 8 Mrd. Euro Hilfskredite könnten doch noch ausgezahlt werden. Allerdings reichen sie bestenfalls bis Ende November. Danach geht das Spiel wieder von vorne los.