Im Nahen Osten läuft die Propagandamaschinerie auf Hochtouren

Proteste in Saudi-Arabien, China und Russland legen Veto gegen Syrien Resolution ein - und immer kommt das Böse von außen

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Das Regime in Syrien kann aufatmen. Die lupenreinen Demokraten aus Russland und die Kommunisten aus China haben im UN-Sicherheitsrat auch nur die Androhung von Sanktionen, falls die Proteste weiter von der Regierung gewaltsam niedergeschlagen werden, durch eine neue Resolution mit einem Veto verhindert. Angeblich wollten sie so vermeiden, dass die Gewalt im Land zunimmt, auch wenn auf der Hand liegt, dass es dabei um geostrategische und innenpolitische Interessen geht. Brasilien, Indien, der Libanon und Südafrika haben sich enthalten.

Russland will mit dem Veto angeblich den Konfrontationskurs der Nato verhindern, der sich gegen Libyen gezeigt habe. Das syrische Volk wolle eine schrittweise Veränderung, keinen schnellen Umsturz. Allerdings war in dem sowieso bereits weitgehend verwässerten Resolutionsentwurf keine Rede von einer militärischen Intervention. Der syrische Botschafter in Moskau dankte der russischen Regierung für die Hilfe und erklärte, dass die Medien die Vorgänge in Syrien falsch darstellten.

Dass der syrische Präsident Bashar al-Assad während eines Treffens mit dem türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu gesagt haben soll, er würde im Falle eines Angriffs Israel mit Hunderten von Raketen beschießen, wird von russischer Seite als "Akt des derzeit gegen Syrien geführten Informationskrieges" dargestellt. In einem gestern in Moskau veröffentlichten Kommentar des russischen Außenministeriums heißt es weiter: "Dahinter stehen offensichtlich Kräfte, die Syrien und dessen Führung anschwärzen und somit Voraussetzungen für eine Rechtfertigung der geplanten Einmischung in die syrischen Angelegenheiten mit dem Ziel schaffen möchten, das Regime in Damaskus zum Sturz zu bringen."

Auch die iranische Führung, die über die Nachrichtenagentur Fars die Drohung von Assad bekannt gemacht hat, und mit Syrien verbunden ist, macht nicht nur bei den Drohungen mit, sondern versucht in einem ideologischen Spagat, sich einerseits als Avantgarde des arabischen Frühlings in Ländern wie Bahrain, Ägypten, Libyen, Jemen oder Tunesien darzustellen, während die Opposition im eigenen Land und die in Syrien wie üblich als außengesteuerte Subversion gilt. Wiedergegeben wird die offizielle Darstellung der syrischen Regierung, die die Opposition als "gut bewaffnete Gangs" beschreibt. Die Unruhen würden vom Ausland gesteuert, die zahlreichen Toten werden Kriminellen, Saboteuren und Terroristen zugeschrieben. Im Staatsfernsehen würden gefangene Terroristen erklären, wie sie Waffen und Unterstützung vom Ausland erhalten hätten. Anweisungen wären beispielsweise aus Saudi-.Arabien und Jordanien gekommen. Es sei darum gegangen, Menschen zu kidnappen und dann die syrische Regierung zu beschuldigen, die bekanntlich bereits Tausende von Oppositionellen oder solche Menschen, die sie dafür hält, verschleppt zu haben. Dass auch Soldaten zu den Oppositionellen überlaufen und mit diesen kämpfen, findet selbstverständlich keine Erwähnung.

Aus Ausländer hätten sich an Angriffen beteiligt. Schön ist auch die Geschichte, dass Männer, die Essen und Trinken an Demonstranten verteilt hätten, manchmal Geld mit den Lebensmitteln verteilt hätten, aber auch stimulierende Drogen. Darauf war schon Gaddafi fixiert, der auch Banden von Terroristen und von mit Drogen benebelten jungen Menschen als Opposition ausmachte. Der angeblich geständige Terrorist soll auch gesagt haben, es seien Tabletten offen an die Mitglieder der "vom Ausland unterstützten Terrorbanden" verteilt worden, die die Menschen aggressiver gemacht hätten. Anders scheint wohl eine Revolte gegen das syrische Regime nicht vorstellbar zu sein.

Ganz anders werden natürlich die Proteste der letzten Tage in Saudi-Arabien gesehen. Da wird dann schon vom staatlichen Sender Press-TV erklärt, dass in Saudi-Arabien, dem regionalen und vom Westen gestützten Konkurrenten Irans, eine Familie "mit eiserner Faust" herrsche und es sich um eine Diktatur handle. Zudem wird dem saudischen Regime vorgeworfen, zwar den Aufstand in Libyen oder Syrien zu fördern, ihn aber im eigenen Einflussbereich wie in Jemen oder Bahrain mit Gewalt zu unterdrücken.

Dir Propagandamaschinen laufen auf Hochtouren. Daher verwundert es nicht, dass auch das saudische Innenministerium die Proteste im eigenen Land, die mit Gewalt und viel Geld bislang unterdrückt wurden, als ausländische Intrigen verstanden wissen will. Das Böse kommt immer von außen, wenn es um Machterhaltung geht. So sollen auch die Proteste in der Stadt Qatif, im Osten des Landes, irgendwie von außen gesteuert werden, näher will man sich dazu aber nicht äußern, wahrscheinlich soll der Verdacht auf Iran fallen, schließlich fanden die Proteste, bei denen es mindestens 14 Verletzte, darunter 9 Polizisten gegeben haben soll, in der Region statt, in der auch 2 Millionen Schiiten leben, die sich diskriminiert sehen. Es geht natürlich nicht um mehr Freiheit, Reformen oder Gerechtigkeit, sondern nur um Sabotage und das Untergraben der nationalen Sicherheit.

Die Unruhestifter werden aufgerufen, ihre Treue zur Nation, natürlich zu den Machthabern, zu beweisen: "Diese Menschen müssen klarstellen, ob ihre Treue Allah gilt und dann der Nation und ihren religiösen Autoritäten." Die saudischen Machthaber, die gerne auch mit Waffen aus Deutschland versorgt werden, verstecken sich hinter der Religion und der Nation. Angeblich haben die Sicherheitskräfte nun die Situation unter Kontrolle und die meisten Unruhestifter verhaftet. Einige schiitische Scheichs und Geistlichen haben inzwischen ihre Treue zur Nation und zur Regierung bekundet. Ausgelöst wurden die Unruhen angeblich durch die Festnahme von zwei Männern. Es soll zu Protesten vor dem Gefängnis gekommen sein, die Gewalt brach aus, nachdem die Polizei in die Luft geschossen hat.