Opiumanbau in Afghanistan nimmt zu

Afghanistan bleibt trotz der zehnjährigen Versuche des militärischen Nation Building das Hauptexportland für Opium, in den Gefängnissen wird systematisch gefoltert

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Im letzten Jahr waren der Anbau und Verkauf von Opium in Afghanistan zurückgegangen, nachdem seit Beginn des Krieges di Opiumproduktion stetig nach oben geklettert ist. Der vorerst einmalige Rückgang war allerdings nicht irgendwelchen Maßnahmen der Isaf-Truppen oder der afghanischen Regierung zu verdanken, sondern trat überraschend ein, weil die Pflanzen von einer Krankheit befallen waren und fast die Hälfte eingegangen war.

Das hat sich in diesem Jahr verändert, die Produktion von Opium schoss nach Angaben der Drogenbehörde der Vereinten Nationen wieder von 3.600 auf 5.800 Tonnen nach oben, obgleich der Kampf gegen den Anbau verstärkt und mehr Opium beschlagnahmt und vernichtet wurde. So wurden Mohnpflanzen auf 3.800 Hektar vernichtet, 65 Prozent mehr als im Vorjahr.

US-Marines in einem Mohnfeld. Bild: Marines.mil

Die Anbaufläche für Mohn wuchs in den letzten beiden Jahren um 7 Prozent von 123.000 auf 131.000 Hektar. Selbst in der Provinz Kabul, also unter den Augen der Zentralregierung, stieg die Produktion wieder an. Mittlerweile wird Opium in 17 von 34 Provinzen angebaut, zuvor waren es 14, weil 3 von Opium befreite Provinzen wieder "rückfällig" wurden. Als opiumfreie Provinzen gelten, wenn dort auf weniger als 100 Hektar Mohn angebaut wird. Möglicherweise auch deswegen, weil die Preise für das Opium gegenüber dem Vorjahr um 47 Prozent angestiegen sind. Das Kilo frisch geerntetes Opium brachte 2011 immerhin 180 US-Dollar ein, pro Hektar sind das mehr als 10.000 US-Dollar.

Afghanistan ist trotz der zehnjährigen Versuche des militärischen Nation Building und der Bekämpfung der Aufständischen das Hauptexportland für Opium, aus dem Heroin gewonnen wird. Eigentlich hat das Land ein Monopol inne, immerhin kommen aus 90 Prozent der weltweiten Ernte. 80 Prozent des afghanischen Opiums werden im Süden des Landes produziert, wo die Lage weiter unsicher ist. 2001 war die Opiumproduktion unter der Herrschaft der Taliban auf 8.000 Tonnen von zuvor 80.000 gesunken. 2002 kletterte die Produktion schon wieder auf 74.000, um 2007 bislang eine Rekordhöhe von fast 200.000 Tonnen zu erzielen.

Ein Hauptgrund für den Anbau ist einerseits die Unsicherheit, die Herrschaft von lokalen Drogenbossen und die korrupte Regierung, sondern auch die hohe Arbeitslosigkeit im Land und die vergleichsweise guten Gewinne, die auch noch die Bauern erzielen können. Vor allem Bauern, die nicht viel Land besitzen, können mit Opium noch einen Lebensunterhalt erzielen. Allerdings soll die Zahl der Haushalte, die in die Opiumproduktion verwickelt sein, um 23 Prozent auf 191.000 gesunken sein, das wären 5 Prozent der aller Haushalte. Das aus dem Anbau und Handel kommende Geld stützt wiederum Korruption, Kriminalität und Aufständische - und vermehrt die Süchtigen, ebenso wächst die Zahl der HIV-Infizierten durch nicht sterile Spritzen. Der Opiumanbau alleine soll etwa 9 Prozent des gesamten BIP des Landes ausmachen (1,4 Milliarden US-Dollar), Herstellung und Handel nicht eingerechnet.

Alles andere als eine Erfolgsmeldung ist auch ein anderer UN-Bericht, nach dem in afghanischen Gefängnissen systematisch gefoltert wird. Die UN Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hat Untersuchungshäftlinge und zu Haftstrafen Verurteilte in zahlreichen Gefängnissen befragt. Fast die Hälfte berichtete von Folter und Misshandlungen bei Verhören. Sie sollten mit Gewalt dazu gebracht werden, die Taten, die man ihnen vorwarf, zuzugeben oder Informationen preiszugeben. Verwendet wurde das übliche Folterset vom Aufhängen an den Gelenken, Schlägen, Elektroschocks, Androhung von sexueller Gewalt, Ziehen von Zehennägeln oder Stresspositionen. Die Täter würden dafür kaum zur Rechenschaft gezogen.

Die Isaf-Soldaten werden aufgefordert, keine Gefangenen mehr in Gefängnisse zu geben, in denen gefoltert wird. Zudem sollen sie die Polizisten und die Verhörleiter in Menschenrechten schulen, ihnen korrekte Haftbedingungen zeigen und ihnen lehren, wie man Verhöre führt. Bislang scheint die Ausbildung durch die westlichen Länder wenig gefruchtet zu haben, Zudem gilt die afghanische Polizei als hoch korrupt.