Strategische Entscheidungen

Der PV-Markt hat sich in den letzten Jahren exponentiell entwickelt. Dargestellt ist die kumulative installierte Leistung, also nicht der jährliche Zubau, der sich 2010 verdoppelt hatte. Bild: European Photovoltaic Industry Association

Die Energie- und Klimawochenschau: China setzt auf massiven Ausbau der Fotovoltaik, während hierzulande Konservative und Liberale rummäkeln und Tuvalu einen salzigen Vorgeschmack auf den Klimawandel bekommt

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Da mögen hierzulande die Lernresistenten noch so viel meckern (Alles auf Anfang?), das Solarzeitalter ist kaum noch aufzuhalten. In China ist der Markt für Fotovoltaikanlagen nach der Einführung von geregelten Einspeisevergütungen gerade dabei zu explodieren.

Nach einem Bericht von Solarserver sind in der Volksrepublik inzwischen 14 Gigawatt (GW) an Projekten in diversen Solarparks in der Pipeline. Das heißt, diese Anlagen werden bereits errichtet oder sind zumindest für die nächsten Jahre geplant. Die Untersuchung, auf der sich die Meldung stützt, hat nur jene Projekte gezählt, die keine Installation auf Wohnhäusern vorsehen.

Insgesamt wird demnach der Fotovoltaikmarkt in China für 2011 auf über 1,6 GW geschätzt, womit die dort bisher installierte Leistung in etwa verdreifacht würde. In Deutschland dürfte der Markt in diesem Jahr drei GW oder auch etwas weniger umfassen, aber bei der derzeitigen Dynamik könnte die Volksrepublik schon 2012 spätestens 2013 überholen. Damit wäre sie nicht nur der größte Hersteller sondern auch der größte Abnehmer von Solarmodulen.

Mit der Windbranche hat China bereits vorgeführt, dass es innerhalb weniger Jahre eine Entwicklung nachvollziehen kann, die anderswo Jahrzehnte gebraucht hat. Nachdem sich die installierte Windleistung mehrere Jahre in Folge jeweils annähernd verdoppelt hat, drehen sich nun in keinem anderen Land so viele Windräder wie im Reich der Mitte.

Strategische Industrie

Auf jeden Fall lassen die 14 GW an Solarkraftwerken, die sich bereits in Planung befinden, erwarten, dass der Fünf-Jahresplan mal wieder deutlich übererfüllt wird. Der sieht nämlich bisher nur 10 GW bis 2015 vor. Zugleich geht die volkswirtschaftliche Planung davon aus, dass es 2015 in der Volksrepublik Solarmodulhersteller mit jährlichen Kapazitäten von 13 bis 20 GW geben wird. Zuletzt hatte der Weltmarkt 2010 ein Volumen von rund 18 GW, das heißt, wenn die chinesischen Expansionspläne umgesetzt werden und der Absatz nicht weiter kräftig expandiert, dürfte sich der derzeit zu beobachtende Preiskampf noch weiter verschärfen.

Schon jetzt regen sich hiesige Hersteller wie etwa SolarWorld oder auch die US-Solarindustrie über die Unterstützung auf, die ihre chinesischen Konkurrenten von der dortigen Regierung erhalten. Für Beijing (Peking) sind die Erneuerbaren einer von sieben strategischen Industriezweigen, deren Entwicklung mit besonderer Energie vorangetrieben werden soll.

Entsprechend werden zum Beispiel von staatlichen Banken umfangreiche Kreditlinien gewährt, wie das Magazin Forbes schreibt. 2010 waren es umgerechnet rund 32,6 Milliarden US-Dollar, 2011 bisher gut acht Milliarden US-Dollar, heißt es in einer Meldung von Solarserver.

Allerdings werden lange nicht alle Kredite auch wahrgenommen. Außerdem sind die Zinsen, die zum Beispiel laut "Forbes" der chinesische Weltmarktführer Suntech zahlen muss, mit vier bis fünf Prozent deutlich höher, als jene ein Prozent, die seine Konkurrenten in den USA für spezielle Förderkredite bezahlen müssen. Dennoch ist in den USA das Geschrei über vermeintlich unfaire Subventionen groß.

Zum Wachstum hatte China im vergangenen Jahr nur zwei Prozent beigetragen, doch das wird sich schon bald ändern. Bild: Ren21

Weltmarkt expandiert

Unterdessen sind die Aussichten für ein weiteres globales Wachstum bestens. Nach Angaben des letzte Woche veröffentlichten Renewables 2011 - Global Status Report ist der weltweite Fotovoltaikmarkt zwischen 2005 und 2010 im Schnitt um 49 Prozent jährlich, im letzten Jahr sogar um 72 Prozent gewachsen. Das Wachstum der Windbranche hat sich im Vergleich dazu schon etwas abgeschwächt, ist jedoch mit durchschnittlich 27 Prozent jährlich und zuletzt 25 Prozent noch immer ganz staatlich.

Der Bericht vermittelt auch einen Eindruck davon, wie turbulent der Weltmarkt im letzten Jahr wuchs. Die Herstellung der Solarzellen und -module habe sich annähernd auf 23,9 GW bzw. 20 GW verdoppelt. Da die Module aus den Solarzellen zusammengesetzt werden, ist die Diskrepanz zwischen den beiden Zahlen ein Hinweis darauf, dass sich zum Ende des Jahres Lagerbestände aufgebaut haben. Außerdem lag die Produktion der Module um rund drei GW über der installierten Leistung; ein weitere Hinweis auf Überproduktion.

Einen erheblichen Beitrag zu dieser für die Hersteller nicht gerade komfortablen Situation hat sicherlich die hitzige deutsche Diskussion über Absenkung der Einspeisevergütungen geleistet. Diese führte gegen Jahresende zu einem erheblichen Zuwachs der Installationen. Die Käufer wollten noch möglichst die höheren Vergütungssätze mitnehmen, weil zum 1. Januar die Vergütungen gesenkt wurden. Da hiesige Abnehmer im vergangenen Jahr einen Anteil von 44 Prozent am Weltmarkt hatten, dürfte in ihrer Jahresendralley auch der Grund zu suchen sein, dass über die ganze zweite Jahreshälfte 2010 weltweit die Hersteller meist ein Vierteljahr im Voraus ausverkauft waren.

Preise purzeln weiter

Die Frage ist, wie es in den nächsten Monaten weitergeht. Derzeit leidet die Industrie offensichtlich noch unter ihren Überkapazitäten. Dies dürfte einer der Gründe für den anhaltenden Sinkflug der Preise sein. Seit Jahresbeginn haben diese bereits zwischen 22 und 33 Prozent nachgegeben. Ende des Jahres gab es weltweite Fotovoltaik-Fertigungskapazitäten von etwa 27 GW. Knapp 50 Prozent davon entfielen auf China, 15 Prozent auf Taiwan und zehn Prozent auf die EU. Der einstige Marktführer Japan ist aufgrund seiner konservativen, bisher ganz auf AKW setzenden Industriepolitik inzwischen mit unter zehn Prozent Weltmarktanteil deutlich zurückgefallen.

Hierzulande haben sich offensichtlich die FDP und der Wirtschaftsflügel der Union ein Vorbild an dieser Politik genommen. Ihre wiederholten Ausfälle gegen die Einspeisevergütung für Solaranlagen haben für erhebliche Verunsicherung bei den hiesigen Herstellern gesorgt, die sich nur mit Mühe im verschärften Konkurrenzkampf behaupten. Aber immerhin profitieren von dem rasanten Ausbau der Solaranlagenproduktion in China auch deutsche Maschinenbauer, die die Fertigungsanlagen liefern.

Und für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energieträger ist die erhebliche Verbilligung der Solarmodule, die im Großhandel inzwischen meist weniger als ein Euro pro Watt kosten, sicherlich von Vorteil. Langsam mausern sie sich zu einer der wichtigsten Sparten, wenn es um den Zubau neuer Erzeugungskapazitäten geht. Von den 194 GW, die 2010 weltweit an die Netze angeschlossen wurden, waren nach den von zahlreichen Instituten und Ministerien aus aller Welt zusammen getragenen Daten rund die Hälfte erneuerbare Energieträger. Mit einem Plus von 39 GW wuchs Wind am schnellsten, danach kommen die Wasserkraft mit 30 GW und die Fotovoltaik mit knapp 17 GW. Nicht ganz 20 Prozent des Stroms wird inzwischen mit Erneuerbaren erzeugt, allerdings liefern das Gros davon - 16,1 Prozent - die Wasserkraftwerke.

Bild: Ren21

Versalzene Zukunft

Fazit. Es tut sich was, aber es müsste noch schneller gehen. Die kleine Inselnation Tuvalu bekommt nämlich zum Beispiel dieser Tage schon einen Vorgeschmack darauf, was der Klimawandel für sie wie für viele andere Länder mit sehr begrenzten Ressourcen bedeuten kann. Seit rund sechs Monaten hat es keinen Regen mehr gegeben und die Trinkwasserreserven für die rund 11.000 Insulaner neigen sich dem Ende zu. Australien und Neuseeland haben daher begonnen, Ausrüstungen für Meerwasserentsalzungsanlagen auf die Inseln zu schaffen, die knapp unterhalb des Äquators bei etwa 179 Grad Ost also unweit der Datumsgrenze liegen.

Nach einem BBC-Bericht hat die Regierung inzwischen den Notstand ausgerufen. Die Lage sei auch deshalb prekär, weil es kein trinkbares Grundwasser auf den nur wenigen Metern aus dem Meer ragenden Inseln mehr gäbe. Das steigende Meer habe dieses inzwischen versalzen. Tuvalu News berichtet, dass auch für die nächste Zeit nicht mit ausreichend Niederschlag zu rechnen sei. Auch benachbarte Inselgruppen wie Samoa, Tokelau und Tonga hätten Probleme.

Nicht so ungewöhnlich

Ein paar tausend Kilometer weiter nördlich haben japanische Wissenschaftler inzwischen festgestellt, dass das Erdbeben, das am 11. März Teile Nordost-Honschus erschütterte, einen katastrophalen Tsunami und im AKW Fukushima Daiichi eine dreifache Reaktor-Havarie auslöste, nicht ganz so ungewöhnlich wie zunächst angenommen gewesen ist. Aus der Energie des Bebens und den Spannungen, die die sich in dieser Region gegeneinander verschiebenden Krustenplatten binnen eines Jahres aufbauen, schlossen sie, so die Zeitung The Mainichi Daily News, dass ein Beben dieser Stärke etwa alle 438 Jahre vorkommen sollte.

Unterdessen werden, wie die gleiche Zeitung schreibt, sieben Monate nach Erdbeben und Tsunami noch immer über 3.900 Menschen vermisst. Annähernd 16.000 Todesopfer sind mittlerweile bestätigt, aber unter den Trümmern sowie vor allem im Meer werden noch immer Leichen gefunden.