Kinderpornografie: Anonymous will Lolita-City unbewohnbar machen

Operation Darknet veröffentlicht eine Liste von Konsumenten "widerlicher Inhalte"

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Sind Daten von Besuchern einer Kinderpornografie-Website besser bei Strafverfolgungsbehörden aufgehoben oder gehören sie in die Öffentlichkeit? Operation Dark Net, wofür das Kollektiv Anonymous mit einem Manifest die Verantwortung übernimmt, veröffentlicht eine solche Datenliste.

Sie ist auf einer pastebin-Seite einzusehen und zeigt screen names, manchmal den mutmaßlichen Realnamen, Alter, Geschlecht, dazu bei einigen auch die IP-Adresse, die E-Mail-Adresse, die Postanschrift, den Skypenamen, die Twitteradresse, Homepage und dazu Webadressen von Bildern und einschlägigen Sites, die sie sich angesehen haben, sowie in mehreren Fällen auch die Zugehörigkeit zu Rape-Foren, Fetischseiten, etc.

Ein Stichprobenversuch mit einer der angebenen Twitteradressen läßt ahnen, was die Aufgelisteten zu befürchten haben, wobei Flames vielleicht noch zu den harmloseren Reaktionen gehören. Angesichts der Vorwürfe, die den Aufgelisteten gemacht werden, könnte man damit argumentieren, dass dies eben der Preis für die Teilhabe am Missbrauch Unschuldiger ist. Doch ist das ein brenzliger Grenzgang, weil er Türen für eine Justiz öffnet, welcher der Rechtsstaat scharfe Grenzen zieht. Nachbarschaftsjustiz bzw. der Justiz von selbsternannten Sittenwächtern sollte man keine Gelegenheiten geben, ihr hässliches Haupt samt Prügelstöcken, Denunziantentum und Ähnlichem zu erheben.

Wie steht es mit der Unschuldsvermutung bei einer solchen Liste? Man muss sehr großes Vertrauen in die technischen Fähigkeiten derer haben, die die Namen ermittelt haben. Ein Gericht verlangt dafür Beweise. "We know who you are", gehört zu den Leitsätzen Anonymous'. Man muss darauf vertrauen, wenn man die Liste liest, muss man, kann man? Ein paar Fragen tun sich da schon auf.

Im Manifest ist die Rede davon, wie angewidert man von den Inhalten war, und das Engagement, das für Anonymous aus dem Sichten der "Lolita-City"-Seiten folgt, erklärt sich von selbst, das Ziel der "großen Jagd" der Operation Darknet ist es, diese Stadt unbewohnbar zu machen für die Glotzer und Nutznießer des Missbrauchs Unschuldiger. Dass man dem nicht mehr tatenlos zusehen will und den Betreiber der Seiten das Leben schwer machen und zur Verantwortung ziehen will, ist überhaupt nicht fragwürdig. Zu streiten wäre aber darüber, warum man die Daten in dieser Form öffentlich macht.

Wer sagt, dass die Namen verlässlich sind, dass sie tatsächlich auf Konsumenten der Kinderpornografieseiten zurückzuführen sind? Was ist mit Möglichkeiten des Identitätsdiebstahls, die damit gegeben werden? Was, wenn es Nicknames gibt, die öfter vorkommen und Möglichkeiten zu Verwechslungen geben? Wie echt ist der Realname? Man kann annehmen, dass Besucher solcher Seiten sehr auf Anonymität achten und sich absichern. Wie verlässlich ist die IP als Identitätsnachweis? Wieso wurden die Seiten von den Bildern mit den widerlichen Inhalten dazu angegeben?