Griechenland: Täglich grüßt das Murmeltier!

Dauerbild vor griechischen Kameralinsen - Warten vor der Tür des Premiers. Bild: W. Aswestopoulos

Ein surrealer Erlebnisbericht

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Vor nunmehr zehn Tagen wurde den Griechen der Gang zu den Wahlurnen verweigert. Statt einer Parlamentsneuwahl hatte Premier Giorgos Papandreou ein Referendum zur Legitimation des am 26. Oktober beschlossenen Umschuldungsplans vorgeschlagen. Europa stand Kopf, weil allein die Ankündigung des Volksentscheids für milliardenschwere Aktienwertverluste an weltweiten Börsen sorgte. Der Volkswille der Griechen bleibt nicht zuletzt aufgrund des de facto Vetos von Bundeskanzlerin Angela Merkel unbeachtet. Ruhe kehrt trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb - nicht ein.

Gleichzeitig mit der immer intensiveren Krise Griechenlands wird das benachbarte Italien stärker vom Eurovirus erfasst. Bereits jetzt liegen die italienischen Wirtschaftsdefizite und Staatsanleihenzinsen über dem Niveau, das Griechenland im Frühjahr 2010 "als Einbahnstraße" in die Fänge des IWF brachte. Die Italiener diskutieren über eine Regierungsablösung und Neuwahlen.

Eigentlich wurde den Griechen, die seit Monaten um Neuwahlen bitten, verboten, an die Urnen zu eilen, weil dies zu viel Zeit kosten sollte. Neuwahlen müssten innerhalb von dreißig Tagen abgeschlossen sein. Dafür, hieß es, sei keine Zeit. Sofort müsse, so das allgegenwärtige Credo, das griechische Problem vom Tisch. Eine Übergangsregierung mehrerer Parteien sollte bis zum 19. Februar 2012 sämtliche notwendige Verträge unterschreiben und vor allem für Vertrauen innerhalb der EU sorgen.

Dank des von Papandreou ausgerufenen Referendums war die bereits seit September in der Diskussion stehende sechste Kredittranche des ersten Troikakredits erneut "eingefroren" worden. Tatsächlich ist das Land schon lange bankrott. Wenn die fragliche Tranche nicht bald ausgezahlt wird, dass wird dieser Zustand zwangsweise offiziell anerkannt.

Ein Schuldenschnitt wurde beschlossen aber noch nicht durchgeführt. Dennoch fanden sich am Mittwoch noch Investoren, die dem klammen Hellas mit 1,3 Milliarden Euro aushalfen . Die dringend erwartete Kredittranche würde dem Land weitere acht Milliarden Euro frisches Geld bescheren. Die gleiche Summe wurde innerhalb der letzten zwei Wochen aus den griechischen Banken abgezogen. Die Sparer bangen um ihr Geld.

Heute, am 10.November sind bereits vierzehn Tage seit jenem denkwürdigen Beschluss des Schuldenschnitts für Griechenland vergangen. Griechenland erlebt eine immer tiefere Krise. Nie zuvor war das Machtvakuum sichtbarer. Nie zuvor stand das Land näher davor, aus dem Euro und der EU geworfen zu werden. Inwieweit die griechische Instabilität das italienische Finanzproblem verstärkt, haben zumindest die Karikaturisten bereits erfasst).

Doch nicht nur für die französische Le Monde gibt es einen engen Zusammenhang zwischen dem nominellen Sozialisten Papandreou und dem nominell wertkonservativen Berlusconi. Beide Life-Style-Premiers haben vor ihrem angekündigten Rücktritt einen letzten Vertrauensbeweis verlangt. Berlusconi möchte nach der Verabschiedung des Haushalts von 2012 zurücktreten. Berlusconi macht den Papandreou und sorgt so zusammen mit dem Griechen für das währungsgefährdende Duo Papasconi, das Pendant zu Merkozy, die ihrerseits hinter verschlossenen Türen den Euro retten (Eurorettung darf nicht in Geheimgremien abgehandelt werden).

Papandreou erhielt am vergangenen Freitag das Vertrauen des Parlaments, nachdem er angekündigt hatte, er werde direkt nach dem Vertrauensbeweis Platz für eine "Regierung der nationalen Rettung" schaffen. "Wenn Ihr mir Euer Vertrauen aussprecht, dann trete ich zurück", hatte der Premier seiner Fraktion zugesagt. Die Parlamentarier glaubten fest an den paradoxen Schwur.

Heute, fast eine Woche später, ist er immer noch im Amt und hat immer noch das magische Wort "Rücktritt" nicht in den Mund genommen. Seit Papandreous Rückkehr vom G20-Gipfel in Cannes am vergangenen Mittwoch warten jedoch täglich zahlreiche Journalisten auf die Aussprache des Satzes "Der neue Premierminister Griechenlands heißt ….".

Papandreou wird nach seinem Abtritt, wenn dieser denn stattfindet, immer tiefer in der Versenkung landen. Es ist in der medialen, schnelllebigen Zeit kaum zu erwarten, dass sich internationale Journalisten an einen gescheiterten griechischen Premier erinnern werden. Lediglich einen Rekord Papandreous möchte so schnell niemand brechen. Denn der Dynastiespross ist, so er denn tatsächlich zurücktritt, seit 1974 der am kürzesten regierende, gewählte Premier des Landes.

Darüber hinaus wäre Griechenland, das nach den olympischen Spielen 2004 erst 2009 dank der Krise wieder in die internationalen Schlagzeilen geriet, neben dem ökonomisch wichtigeren Italien kaum mehr eine Randnotiz wert. Schließlich wird, so berichtet die internationale Presse, bereits das Ende des Euros diskutiert. Andere, wie der EU-Kommissionschef José Manuel Durão Barroso denken jedoch daran, aus Kostengründen alle EU-Staaten mit dem Euro zu segnen.

Was mit dem souveränen Volk der EU passiert, das schlussendlich den ganzen Eurosalat bezahlen darf, interessiert niemanden der medialen und politischen Hauptdarsteller. Offensichtlich sind auch die Reaktionen der ach so gefürchteten Märkte irrelevant, denn sonst würden die Akteure nicht so oft "geschäftsschädigende" Äußerungen von sich geben.

Bekannte Berufsgeheimnisse

Wie aber kommt die Presse an ihre Nachrichten und Schlagzeilen? Im Fall Griechenland zeigt sich vor allem in den letzten vierzehn Tagen, wie surreal Meldungen entstehen, die unseren Geldbeutel leeren. Um in der chaotischen griechischen Reporterwelt zu überleben, benötigt man ein Smartphone, festes Schuhwerk, soziale Kontakte zu netten Kollegen, etwas Ortskenntnis und vor allem etwas Gefühl, um die Glaubwürdigkeit der jeweiligen Quelle zu beurteilen.

Mit dem Smartphone kann ein Zugang zu Twitter oder dem Email-Account hergestellt werden. Nette Kollegen sorgen dafür, dass sämtliche Schauplätze des jeweiligen Dramas überblickt werden können. So werden Informationen von innerhalb der Präsidentenpaläste nach außen übertragen und umgekehrt.

Die Ortskenntnis schützt vor peinlichen Fehlinformationen und die Kenntnis der Vertrauenswürdigkeit vor der Weiterverbreitung von gezielt gestreuten Enten.

Hollywoodreife Szenarien

Am vergangenen Freitag meinte eine in Deutschland sitzende Kollegin eines öffentlich rechtlichen Rundfunkbetriebs, es sei weise, über Twitter zu verbreiten: "Papandreou ist gerade zurückgetreten". Den Einwand aus Athen, dass das nicht sein könne, ließ sie nicht gelten. Schließlich "wurde es doch gerade so über NET, einen griechischen ÖR-Sender, verbreitet", meinte sie.

Des Pudels Kern war, dass über NET ein "Experte" im Studio den baldigen Rücktritt des Premiers voraussagte. Eine schnelle, platzsparende Übersetzung des Wesentlichen der Aussage zur falschen Nachricht sorgte für den Rest. Ein typischer Fall von "Lost in Translation". Zur Ehrenrettung der Kollegin sei gesagt, dass zusätzlich zur verkürzten Übersetzung der "Expertenaussage" auch zahlreiche Gerüchte von abtrünnigen Parteifreunden Papandreous im Umlauf waren.

Fast fünfzehn parteiinterne Dissidenten nutzten die Gunst der Stunde, um zu beweisen, dass sie niemals für ungerechte Sparmaßnahmen stimmen würden. Dieses Prozedere ist den ortsansässigen Journalisten wohl vertraut. Sie messen den üblichen Wahlkampfspielchen kaum mehr Bedeutung zu. Für Griechen ist dieses Spiel nichts weiter als ein Sommernachtstraum. Eilig angereiste fliegende Reporter hingegen lassen sich von der theatralischen Dramatik der Dissidenten mitreißen und melden voreilig Umstürze und Parteirevolutionen.

Papandreou trat auch nicht direkt nach dem für 24 Uhr erwarteten und um 1:05 Uhr Ortszeit erhaltenen Vertrauensvotum in der Nacht zum Samstag zurück. Damit verstörte er all diejenigen, die aufgrund des Redaktionsschlusses bereits vor Eins ihren Text in den Redaktionen abliefern mussten und ebendies voreilig meldeten. Erneut lässt sich einiges zur Entschuldigung anführen. Papandreou sprach vor der Abstimmung über eine Dreiviertelstunde lang. Er legte seinen gesamten politischen Werdegang von 1981 dar. Schwermütig erinnerte er sich daran, dass er von seinem ebenfalls premierministeriellen Großvater nur eine Uhr und von seinem lange Jahre regierenden Vater nur den Namen geerbt habe. So etwas klang für ungeübte Beobachter nach einem selbst verfassten Epilog. Geübte Griechen hörten stattdessen eine Art Wahlkampfrede. Merke, griechische Politiker haben alte, schlecht gehende Uhren, lieben lange Reden und neigen zur Dramatisierung. Viel Lärm um Nichts.

Am Samstag wiederholte sich das gleiche Spiel erneut. Seit dem frühen Morgen, der in Griechenland frühestens um Acht beginnt, standen Dutzende Kamerateams vor den wichtigsten Schauplätzen der Hauptstadt. Es galt sowohl den Präsidentenpalast, das Parlament, den Sitz des Premierministers und die Parteizentralen zu überwachen. Gleichzeitig mussten die zahlreichen Fern- und Radiosender des Landes beobachtet werden. Eine Aufgabe, an der eine einzelne Person scheitern muss. Die Information über das, was gerade gesendet wird, hilft zu beurteilen, von wo eine eventuelle Falschinformation gestreut wird.

So hatte am Dienstag der TV-Sender Skai die glorreiche Idee, dem seitens des Sendebesitzers favorisierten Kandidaten für den Posten des neuen Premiers nach Papandreou bereits zum Amt zu gratulieren. Die Meldung, dass der Banker Loukas Papadimos bereits von Papandreou als Nachfolger gesegnet worden sei und auch die Zustimmung der übrigen Parteien erhalten habe, ging um die Welt. In Griechenland ist bekannt, dass viele Medien nach dem Vorbild des Hearst-Imperiums geführt werden. Orson Welles Meisterwerk "Citizen Kane", das proträtiert, wie Randolph Hearst seine Medienmacht zur Politikgestaltung nutzte, ist in Hellas eine landesweite Realityshow. Da Meldungen eines Senders immer auch von den anderen übertragen werden, ist die Kenntnis der ursprünglichen Quelle wichtig.

Je nach Blickwinkel gilt Papadimos für viele als Hoffnungsträger. Wenige erinnern sich daran, dass ausgerechnet Papadimos als Chef der griechischen Notenbank tief in die Geschehnisse der Greek Statistics und der damit verbundenen Euroeintrittserschleichung eingeweiht sein musste. Papadimos wurde weder am Dienstag und erst recht nicht, wie bereits am Sonntag gemeldet, Premier. Er wird es aller Voraussicht nach werden, aber sicher ist dies noch lange nicht.

Der Sonntag, Montag und Dienstag liefen nach ein und demselben Schema ab. Am Morgen wurde versprochen, dass eine Einigung der beiden großen Parteien zur Bildung der "Regierung der nationalen Rettung" kurz bevor stehe. Am Mittag hieß es, der Name des Premiers sei bis zum Abend bekannt und am Abend wurden Gerüchte über Alternativkandidaten präsentiert. Denn bei jedem Kandidaten hatte immer irgendjemand etwas auszusetzen. Den griechischen Politikern gilt ihre eigene Karriere mehr als das Wohl des Landes. Nicht wenige der aktuellen Kandidaten scheitern am Widerstand von Finanzminister Evangelos Venizelos. Dieser möchte gerne Kalif an Stelle des Kalifen Papandreou werden und sorgt sich dementsprechend um sein eigenes politisches Profil.

Ebendeshalb sehnen sich die Griechen auch nach Neuwahlen. Für sie ist es paradox, dass sie nun, da sie endlich wissen, wie schlimm die Politprominenz gewirtschaftet hat, nicht für die Ablösung der Missetäter sorgen dürfen, aber andererseits für die Fehler der Politik haften müssen.

Wann ist Abend?

Am Dienstag versprach Papandreou gar hoch und heilig, "bis zum Abend gibt es den Namen des neuen Premiers". Man sollte in Hellas auf den genauen Wortlaut einer Politikeraussage achten, meinte ein Kollege vor dem Parlament. Denn Papandreou erwähnte nicht, welchen Abend er meinte. Schließlich wollte Jakob Haseks Romanheld, der brave Soldat Schwejk, seinen Freund auch "um fünf Uhr nach dem Kriege" treffen. Er ließ sich von seinen Ministern die unterschriebenen Rücktrittsgesuche geben. Mit diesen Schreiben in der Hand kann Papandreou entweder sein gesamtes Kabinett zurücktreten lassen oder aber, falls er seinen Machtpoker gewinnt, sehr komfortabel eine Regierungsumbildung durchführen.

Schließlich sorgte ausgerechnet ein europäischer Einwurf für das Scheitern der Verhandlungen. Währungskommissar Olli Rehn schenkte Papandreou noch weitere Tage im Amt. Denn Rehn verlangte von der größten griechischen Noch-Oppositionspartei schriftliche Garantien zur Eurospardiktatpolitik. Er gab somit eine Steilvorlage für Antonis Samaras. Dieser nutzte die Gelegenheit, sich zu erzürnen. "Wie kann man an meinem Wort zweifeln, nur weil Papandreou sein Vertrauen verspielt hat?", fragte er und verließ erbost den Verhandlungstisch. Es war schlicht eine Frage der Ehre. Bis spät in die Nacht warteten Journalisten auf eine Einigung. Wohl dem, der von gut informierten Kollegen erfuhr, dass sämtliche Angestellte den Präsidentenpalast verlassen hatten.

Der vorletzte Akt?

Am Mittwochmorgen schien endlich alles zu passen. Müde vom tagelangen hin und her beschworen die Parteien "die Rettung des Landes". Für zwölf Uhr Mittag kündigte das Premierministerium den Namen des neuen Regierungschefs an. Kollegen der griechischen Presse witzelten mit Galgenhumor: "Okay, um Zwölf haben wir den Namen. Wann kommt der Nachname?" Aus Zwölf wurde 14 Uhr und die Wartezeit vor dem Präsidentenpalast wurde immer beschwerlicher. Dort erwartete man Premier samt der Rücktrittsschreiben. Danach sollten die an der Koalition beteiligten Parteichefs eintreffen und endlich die neue Regierung präsentiert werden.

Kurze Zeit später verließ Staatspräsident Karolos Papoulias seinen Amtssitz, "zum Mittagessen". Vom Auto aus rief er den Reportern zu: "Es ist beendet." Sprach ‘s, verschwand und kehrte wie versprochen um 17 Uhr zurück. Dabei fiel auf, dass einige der anwesenden internationalen Journalisten keine Ahnung hatten, wo sie sich befanden und wer gerade an ihnen vorbeifuhr.

"Was macht der Premier nun in seinem Amtssitz?"
"Welcher Premier? Das war eben der Präsident. Hier ist der Präsidentenpalast."
"Oh! Sch…. Wo ist denn der Premiersitz?"
"An der anderen Straßenecke."

Was der Kollege seinen Zuschauern vorher erzählt hatte, wurde in Athen nicht bekannt. Für den Rest des Abends war er jedoch außerordentlich bedrückt. Was in internationalen Medien alles verbreitet wurde, lässt sich ebenfalls nur erahnen. Sämtliche mögliche Telefonklingeltöne waren bei den wartenden Reportern zu hören. Aus aller Welt kamen Anrufe mit der Bitte, man möge doch die Wahl von Parlamentspräsident Filippos Petsalnikos zum Premier bestätigen.

Zwischenzeitlich hatte Papandreou angekündigt, dass er sich um 16:30 mit einer Ansprache an die Griechen wenden wolle. Der Premier begann seine im Fernsehen übertragene Ansprache erst nach 17 Uhr. Der liebe Zeitplan war dahin. Erneut lobte Papandreou seine bisherigen Erfolge und erwähnte zwar, dass er der künftigen Regierung nur mit Rat und Tat zur Seite stehen wolle. Das Wort Rücktritt kam ihm nicht über die Lippen.

Schwupps, weg war er - Papandreou samt Gefolge im Laufschritt. Bild: W. Aswestopoulos

Papandreou eilte kurz danach aus dem Seiteneingang seines Amtsgebäudes zu Fuß zum Präsidentenpalast. Einheimische Kamerateams hatten sich vorher geteilt. Denn Sicherheitskräfte unterbanden jeden Versuch der Reporter, dem zügig voranschreitenden Premier zu folgen. Nach dem üblichen Hickhack darum, wer denn nun in den Palast herein durfte und wer diesmal außen vor warten sollte, durften knapp fünfundzwanzig Journalisten ins Gebäude.

Dort sollte eine Koalitionskonferenz zwischen Papandreou als Parteichef der PASOK, Antonis Samaras als Vorsitzendem der Nea Dimokratia und dem Parteiführer Giorgos Karatzaferis von der rechten LAOS stattfinden. Als Garant für die Gespräche sollte Staatspräsident Papoulias dienen.

In der Tat erschien überaus pünktlich Giorgos Karatzaferis als erster Parteichef im Foyer des Saals, in dem die Konferenz stattfinden sollte. Lächelnd begrüßte er die ebenfalls dorthin bestellten Reporter. "Ich hoffe, dass wir auch lächeln, wenn wir wieder herauskommen", sagte er, während seine Begleiter, der Parteidirektor Georgios Georgiou und Fraktionschef Makis Voridis, draußen vor blieben. Die Zeit verging. ohne dass sich einer der weiteren Gesprächsteilnehmer zeigte.

Karatzaferis (Mitte) schreitet in den Saal. Bild: W. Aswestopoulos

Georgiou entging es nicht, dass Fotoreporter mit Teleobjektiven durch eine geöffnete Tür einen weiteren Saal beobachten konnten. Dort saßen Samaras, Papandreou und Papoulias offensichtlich intensiv diskutierend. Georgiou eilte in den Saal, in dem sein Chef zusammen mit zwei Protokollführerinnen wartete und kam zusammen mit seinem erbosten Parteiführer heraus. "Gute Nacht, Kinder", sprach dieser und verschwand. Vor dem Präsidentenpalast gab es Interviews für die dortigen Kollegen. "Eine Unverschämtheit", befand Karatzaferis, der sich vor den Kopf gestoßen fühlte.

Lange Rede, kurzer Sinn. Denn täglich grüßt das Murmeltier. Am Donnerstagmorgen geht es ab 10 Uhr mit dem dann erneut erscheinenden Karatzaferis weiter. Wie die Debatte ausgehen wird und welcher Grund erneut für einen Eklat sorgen kann, ist unklar. Sicher ist nur, dass der derzeit einzig wirklich zur Diskussion stehende Nachfolger Papandreous Papadimos heißt und Bedingungen stellt. Der Banker möchte weit reichende Vollmachten und am liebsten ohne großen Parlamentseinfluss regieren. Er wünscht einen späteren Termin für die Neuwahlen und er möchte sich all dies schriftlich bestätigen lassen.

Auf geht ’s in die nächste Runde! Nach der Bekanntgabe des neuen Premierministers muss ein Kabinett gebildet werden. Danach folgt eine dreitägige Debatte für ein Vertrauensvotum. Am 17. November steht dann in Griechenland der mit Demonstrationszügen gefeierte Erinnerungstag für den Studentenaufstand von 1973 auf dem Programm. Dieser Aufstand sorgte einst für den Fall der Militärjunta. Für dieses Jahr sind angesichts des politischen Chaos bereits Randale angekündigt.