Viele Köche verderben den Brei

Die Energie- und Klimawochenschau: Auf der Weltklimakonferenz in Durban zeichnet sich jetzt doch ab, dass es weitergehende völkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen der Industriestaaten auch nach dem Auslaufen des Kyoto-Abkommens geben wird

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Die ersten Regierungschefs reisen an und die Durban Konferenz geht in ihre Schlussphase, das heißt, Ergebnisse müssen her, damit die Granden zum Abschluss der Konferenz etwas präsentieren können. China machte den Anfang. Der chinesische Verhandlungsführer Xie Zhenhua erklärte die Bereitschaft seines Landes an einem neuen weltweiten Klimaschutzabkommen nach 2020 – unter bestimmten Bedingungen.

  • Die reichen Industrieländer sollen sich weiter zu einer Reduzierung ihrer CO2-Emissionen bekennen.
  • Die bereits beschlossenen Klimaziele aus dem Kyoto Protokoll müssten erreicht werden.
  • Das neue Abkommen müsste mit milliardenschweren Hilfen für arme Länder verbunden sein.

Bislang fühlte sich China einfach nicht angesprochen, wenn es um das Thema Emissionsminderung ging, da man sich selbst als Entwicklungsland definierte und daher nicht an Klimabeschlüsse gebunden sei. Eine absurde Vorstellung, das Land mit den weltweit größten Treibhausgasemissionen aus industrieller Produktion sieht sich nicht als Industrieland.

Aber zugegeben, da ein Großteil dieser Emissionen bei der Produktion der Konsumgüter für den Export anfällt, könnte man den "Carbon-Footprint" der chinesischen Produkte auch den Zielländern anrechnen. Im Umkehrschluss könnte Maschinenbau-Exportweltmeister Deutschland dann aber die Emissionen seiner Produktion ebenfalls den Zielländern anrechnen.

Und noch weiter gefragt: Wem sollten die Emissionen des weltweiten (Flug-) Tourismus angerechnet werden? Den ungemütlich kalten Ländern im Norden und ihren daheim fröstelnden Bewohnern oder doch auch den Zielländern, den Urlaubsdestinationen im Süden? Würden dann die Malediven, als vielzitiertes Opfer des Klimawandels, das bald den steigenden Meeresfluten anheimfallen könnte, vom Opfer gar zum Klimatäter in Sachen Pro-Kopf-CO2-Ausstoß?

Diese Frage könnte schon jetzt bei der Durban-Konferenz einigen Ländern die Rechnung vermiesen, die auf viel leichtverdientes Geld für den Kauf sauberer Technik oder einfach nur die Ausweisung von Waldschutzgebieten gehofft hatten. In jedem Fall wird sie 2013 ohnehin aktuell werden, wenn der Flugverkehr (und vielleicht auch bald der Straßenverkehr) mit in den Emissionshandel einbezogen wird.

G20-Klimaverhandlungen statt Monsterveranstaltung

Der fehlende Wille vieler Regierungen zu Klimaschutz, unabhängig von eigenen finanziellen Vorteilen, ist das, was viele Beobachter frustriert. Ähnlich wie bei der Schuldendiskussion in Europa gibt es auch in Sachen Klimaziele daher den Vorschlag, den Teilnehmerkreis auf eine "Allianz der Überzeugten" zu verkleinern. Auf diejenigen, welche die Emissionsminderungen auch wirklich wollen, sei es aus Prestigegründen ("Wir sind die Guten!") und/oder tatsächlich aus Überzeugung und Verantwortungsbewusstsein, dass die Emissionen gesenkt werden müssen, weil es sonst zu unabsehbaren und unkontrollierbaren Folgen durch den anthropogenen Klimawandel kommt.

Solch eine Verkleinerung des Teilnehmerkreises fordert etwa der Klimaforscher Ottmar Edenhofer. Seiner Meinung nach macht die aufgeblähte UN-Klimakonferenz in ihrer jetzigen Konstellation kaum noch Sinn. Es sei sinnvoll, den Teilnehmerkreis auf die größten Industrienationen und die Schwellenländer zu verkleinern. Denn 20 Staaten verursachen zur Zeit 80 Prozent aller Emissionen. Daher sei es einfach nicht sinnvoll, dass man jetzt versucht in Verhandlungen mit 194 Staaten Klima-Kompromisse auszuloten.

Stattdessen schlägt Edenhofer eine Art "G20-Klimaverhandlungen"vor, um sich in diesem Rahmen auf Maßnahmen zu einigen. Als ganz wichtigen Punkt nennt er in diesem Zusammenhang die Abschaffung von Subventionen für die fossilen Energieträger, denn zur Zeit wird jede Tonne CO2 weltweit mit durchschnittlich neun Euro subventioniert.

Auch die Internationale Energieagentur (IEA) fordert den Abbau von kontraproduktiven Subventionen für fossile Energieträger. IEA-Direktorin Maria van der Hoeven mahnt eine weltweite Modernisierung der Erzeugertechnik dringend an, stattdessen finde zur Zeit sogar noch eine Ausweitung der Subventionen für konventionelle Energieträger statt. Bis 2020 könnten, wenn die Politik ihren konservativen Kurs beibehalte, die weltweiten Subventionen für fossile Energieträger von 409 auf üppige 660 Mrd. Dollar/Jahr steigen. Eindeutig zu viel Geld um das Klima zu ruinieren.

Energiebedingte CO2-Emissionen von heute bereits existierender Infrastruktur und Spielraum für CO2-Emissions-Minderungen in den nächsten 25 Jahren. Wenn der Wandel der Erzeugerkapazität wie im IEA-Szenario in der nächsten Grafik stattfindet. Grafik: IEA World Energy Outlook
Die IEA sieht den Ausbau der weltweiten Kraftwerkskapazität vor allem bei den Erneuerbaren und der Nutzung von Erdgas, aber auch eine Zunahme der Nutzung von Kohle und Atomenergie. Grafik: IEA World Energy Outlook

Scheitern als Chance – der grüne Klimafond bleibt leer

Und noch ein weiteres, von der Klimakonferenz 2010 in Cancún/Mexiko überkommenes Junktim könnte in Durban aufgelöst aufgelöst werden: der grüne Klimafonds (Green Climate Fonds). Mit leichter Hand war damals versprochen worden, es solle ab dem Jahr 2020 ein Fonds mit jährlich 100 Mrd. US Dollar aufgelegt werden, um "Entwicklungsländern" finanziell zu helfen, sich besser an den Klimawandel anzupassen, deren Wirtschaft klimafreundlich aufzubauen, mehr erneuerbare Energien zu nutzen und neue Projekte in der Landwirtschaft zu starten. Das Geld dafür sollte aus Steuergeldern der Geberstaaten stammen und auch der internationale Luft- und Schiffverkehr sollte für den Fonds zur Kasse gebeten werden.

Kein Wunder, dass so viel Geld große Begehrlichkeiten weckt. Zuletzt hatte der Sprecher der afrikanischen Gruppe Seyni Nafo sogar gefordert, der Klimafonds solle auf 500 Mrd. Dollar aufgestockt werden. Bescheidener äußerte sich Stefan Krug, der politische Leiter von Greenpeace Deutschland. Er zeigte sich schon mit der angekündigten Einzahlung von 30 Mrd. Dollar bis 2013 zufrieden, wie sie in einem Finanzplan der Industrieländer angedacht sei zufrieden.

Doch noch ist der Topf leer und Zahlungen könnten ganz ausbleiben. Die klammen Industrieländer zahlen nicht. Denn in der Zeit seit Cancún ist die Finanzkrise das dominierende Thema in Europa geworden und damit genau in der Region, die verantwortliche Klimapolitik anmahnt, nach bisherigen Plänen aber auch am meisten in den Fonds einzahlen sollte. Nach diesem Reality Check wird der Fonds zur Finanzierung von Klimaschutz nun neu verhandelt - und das könnte bedeuten, dass es nach der Klimakonferenz in Durban keinen grünen Klimafonds mehr geben wird. Das ist eine Chance für den Klimaschutz, denn nur, wenn verbindliche Ziele in den jeweils eigenen Ländern der Hauptverursacher auch umgesetzt werden, ohne gekaufte Klimakompensationsgeschäfte mit armen Ländern, hat das Klima eine Chance auf Abkühlung.