Tepco will erneut radioaktiv belastetes Wasser ins Meer leiten

An vielen Stellen läuft radioaktiv verseuchtes Wasser aus den Gebäuden. Bild: Tepco

Ein von der Regierung eingesetzter Ausschuss zweifelt die von den AKW-Betreibern aus durchsichtigen Gründen angeführte Behauptung an, dass die Schäden in Fukushima nicht durch das Erdbeben, sondern nur durch den Tsunami verursacht worden seien

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Tepco, der Betreiberkonzern des AKW Fukushima 1, hat angekündigt, erneut radioaktiv kontaminiertes Wasser aus den havarierten Reaktorgebäuden 1-4 ins Meer zu leiten. Schon im April wurde zum Ärger der Fischer und der benachbarten Länder 10.000 Tonnen radioaktives Wasser aus dem AKW in das Meer geleitet, um Platz für stärker belastetes zu erhalten.

Tanks zum Speichern von leicht radioaktiv verseuchtem Wasser auf dem Gelände von Fukushima 1. Bild: Tepco

Für die Reaktoren und Abklingbecken, in denen teils Kernschmelze eingetreten ist, wird weiterhin Kühlwasser in großen Mengen benötigt. 400 Tonnen Grundwasser gelangen täglich in die Anlage. Der Plan, das Wasser zu reinigen und wieder zu verwenden, ist bislang gescheitert. Nach Tepco reichen die Speichermöglichkeiten - angeblich haben 100.000 Tonnen Wasser Platz - höchstens noch bis März. Zwar ist erneut die Rede, das Wasser vor dem Einleiten ins Meer zu dekontaminieren, gleichzeitig wird aber gesagt, man werde nur leicht radioaktiv belastetes Wasser unterhalb der Sicherheitswerte ablassen. Im April war das Wasser noch hundertmal stärker als der Grenzwert belastet.

Die japanischen Fischereiverbände protestieren gegen die Pläne. Wenn wieder belastetes Wasser ins Meer gelange, dann würde erneut vor dem Verzehr von Fisch gewarnt werden, zudem würde es auch wieder zu Protesten aus dem Ausland kommen. Korea und China hatten sich über die Einleitung im April beschwert.

Allerdings gelangt schon jetzt immer wieder belastetes Wasser in die Umwelt. Gerade musste Tepco einräumen, dass mit Strontium verseuchtes Wasser ins Meer geflossen ist. Insgesamt sollen Wasser und Materialen seit dem Unglück mit einer Belastung von 26 Milliarden Becquerel ins Meer gelangt sein.

Tepco beharrt aus durchsichtigen Gründen weiter darauf, dass das Unglück in Fukushima nicht durch das Erdbeben, sondern durch den Tsunami verursacht wurde. Schon länger ist bekannt, dass bereits das Erdbeben zumindest in Reaktor 1 erste Schäden verursacht hatte, die dazu geführt haben, dass Kühlwasser auslief ([Link auf 2/149849 ]). In Reaktor 1 ist eine Kernschmelze eingetreten. Das AKW war nicht auf solch ein schweres Erdbeben ausgelegt gewesen, obgleich Tepco noch im Dezember vor der Katastrophe vor der Gefahr gewarnt wurde, die von Erdbeben und Tsunamis ausgehen könne. Der Konzern hatte auch immer wieder Sicherheitsprüfungen nicht durchgeführt.

Auch Mitglieder eines von der Regierung eingesetzten Ausschusses, der einen Bericht über das Unglück in Fukushima erstellen soll, zweifeln an der Version von Tepco, dass die Schäden nur durch einen unvorhergesehen starken Tsunami entstanden seien. Das sei lediglich eine Hypothese, so Ausschussmitglied Hitoshi Yoshioka, der Vizedirektor der Universität von Kyushu ist. Viele der Mitglieder würden an Tepcos Version zweifeln und überhaupt der Darstellung des Konzerns misstrauen. Nach der Zeitung Asahi wird der Bericht, der Ende des Monats veröffentlicht werden soll, die starke Vermutung äußern, dass das Erdbeben schon eine große Leitung zerstört hatte, bevor der Tsunami kam.

Dabei handelt es sich um Problem für die gesamten Atomkonzerne des Landes. Wenn nämlich nicht der Tsunami, sondern schon das Erdbeben zu schweren Schäden führte, dann wären auch andere AKWs vor solchen mit dieser Stärke nicht geschützt. Und dass in Japan schwere Erdbeben nicht ausgeschlossen werden können, hat man zwar schon vor Fukushima gewusst, aber nun ist es allen klar geworden. Immerhin ist Japan eines der am stärksten durch Erdbeben gefährdeten Länder. 10 Prozent aller Erdbeben ereignen sich hier.

Bislang wollen die Betreiber der abgeschalteten Atomkraftwerke diese wieder anfahren, nachdem sie höhere Sicherheitsanlagen vor Tsunamis gebaut haben. Gut möglich also, dass mit dem Bericht die Atomkraftwerke auch gegen stärkere Erdbeben als bislang gesichert werden müssten, was zu erheblichen Kosten führen und den Atomstrom verteuern würde. Allerdings lag am 11. März das Beben bei Reaktor 1, in dem eine Kernschmelze eintrat und sich die erste Wasserstoffexplosion ereignete, noch innerhalb des Sicherheitsrahmens. Es war also auch für Beben bis zur Stärke von 8,25 nicht ausgelegt. Nur bei den Reaktoren 2 und 3 soll das Beben stärker gewesen sein.