Piraten, Dämonen, Zerg-Schwärme

Diablo 3

Games-Jahresvorschau, Teil 2: Rollenspiele, Strategie, Adventures

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Teil 1: Neue Helden, alte Haudegen

Vieles mag sich ändern, einer bleibt sich immer treu: Deckard Cain. Der Dorfälteste von Tristram ist eine verlässliche Konstante der Diablo-Welt, ein Ruhepol mit Rauschebart und Glatze. Cains berühmter Spruch "Stay awhile and listen" hat es unter anderem in einen Rap-Song und einen Buchtitel geschafft, und auch in Diablo 3 wird er ihn wieder fleißig aufsagen dürfen. Das Action-Rollenspiel zählt zu den meist erwarteten Titeln des Jahres 2012: Die Vorgänger waren überaus populär, liegen aber schon 12 respektive 16 Jahre zurück. Für den Methusalem Deckard Cain mag das keine lange Zeitspanne sein, für Diablo-Fans jedoch hatte die Warterei zuletzt etwas Quälendes.

Um die Qual etwas zu lindern, saugt die Community begierig alles auf, was aus dem Entwicklungsprozess nach außen dringt. Seit dem 21. September läuft die geschlossene Beta-Phase - schon vorher wurden einige Neuerungen bekannt, die für reichlich Diskussionen sorgen. Da wäre zum Beispiel die Tatsache, dass der Solo-Modus eine permanente Verbindung zu den Battle.net-Servern erfordert. Blizzard verteidigt den Online-Zwang: Man wolle ein faires Spielerlebnis garantieren, deshalb würden alle Charaktere auf Servern zwischengespeichert und regelmäßig auf Cheats überprüft. Tatsächlich dürfte es auch um den Kopierschutz gehen - selbst wenn das Unternehmen dies vehement leugnet. Ebenfalls heiß diskutiert wird das geplante Auktionshaus, in dem Spieler Ausrüstungsgegenstände gegen echtes Geld kaufen und verkaufen können. Für Blizzard ist das Modell dank Einstellgebühren und Verkaufsprovisionen lukrativ. Allerdings wird es das aus WoW bekannte Goldfarming nicht unterbinden, sondern nur institutionalisieren - golem.de spricht bereits von einem "Suchtfaktor Taschengeld-Optimierung".

Diablo 3

Ungeachtet dieser Rahmenbedingungen wird Diablo 3 ein Hack'n'Slay-Spektakel erster Güte abliefern. Die Solokampagne bietet nicht nur Katakomben-Keilereien, auch die Verteidigung einer Burg gegen höllische Heerscharen steht auf dem Programm. Die fünf neuen Heldentypen - Barbar, Hexendoktor, Magier, Mönch und Dämonenjäger - spielen sich bereits in der Beta sehr flüssig, ihre Eigenschaften lassen sich mit Runen individualisieren, das Ganze gibt es auch im Koop-Modus. Kritik erntete Blizzard für die Entscheidung, Talentpunkte aus dem Spiel zu streichen: Stattdessen lernt jeder Held alle Fähigkeiten, die auch automatisch stärker werden. Man darf gespannt sein, was sich bis zum Ende der Closed Beta noch ändert. Eine mögliche Alternative zu Diablo 3 ist übrigens Torchlight 2. Das Sequel des Überraschunghits von 2009 wird sich auch offline und im LAN spielen lassen, eine Linux-Version ist zumindest angedacht. Hack'n'Slay-Kompetenz besitzen die Torchlight-2-Macher jedenfalls zur Genüge: Chef des Entwicklerstudios Runic Games ist der Diablo-Erfinder Max Schaefer.

Das erste Torchlight hat sich bis heute mehr als eine Million Mal verkauft und dabei eindeutig vom Diablo-3-Vakuum profitiert. Allgemein ist es für neue AAA-Spiele jedoch schwierig, sich am dichtgedrängten Markt zu etablieren, der Aufbau der Marke erfordert hohe Anfangsinvestitionen. So geht die Firma Electronic Arts denn auch ein gewisses Risiko ein, wenn sie Anfang Februar das Action-Rollenspiel Kingdoms of Amalur: Reckoning veröffentlicht. Das übermächtige Skyrim wird dann gerade einmal drei Monate im Handel sein. Gleichwohl könnte das EA-Spiel mit dem sperrigen Titel einen ordentlichen Marktanteil erobern, kombiniert es doch die schnellen Kämpfe von Darksiders mit der bunten Welt von Fable 3. Hinter Kingdoms of Amalur stecken drei kreative Köpfe: der Game-Designer Ken Rolston Morrowind, der Fantasy-Autor R.A. Salvatore und der Comic-Zeichner Todd McFarlane. Das Trio konnte sich ordentlich austoben - die Zeitschrift GameStar bezeichnet Reckoning als "Skyrim auf Speed". Wer es düsterer mag, wird aber eher noch bis Juni 2012 warten: Dann erscheint Darksiders 2.

Kingdoms of Amalur

Das deutsche Entwicklerstudio Piranha Bytes ist durch seine Gothic-Reihe weltweit bekannt geworden. Nach der Trennung von Publisher Jowood im Jahre 2007 führte Piranha Bytes die Gothic-Grundidee mit Risen fort. Für seine offene Spielwelt und die lebendigen Charaktere erhielt "Risen" viel Lob, hatte aber auch mit technischen Mängeln zu kämpfen. Das Sequel Risen 2: Dark Waters (27.4.) versetzt uns in eine stimmungsvolle Piratenwelt: Mit Augenklappe und eigenem Schiff segelt der namenlose Held von Insel zu Insel, immer auf der Suche nach Schätzen und Abenteuern. Selbst lenken darf der Spieler das Boot allerdings nicht - stattdessen markiert er das gewünschte Reiseziel auf einer Seekarte. In Gefechten bekommt der Risen-Held Unterstützung von Steuerfrau Patty und ihrem Vater, dem waschechten Freibeuter Stahlbart. Die Waffen passen zum Piratenszenario - seien es nun Duellpistolen oder ein Kriegspapagei, der auf Kommando Feinde angreift. Auch grafisch macht Risen 2 einen sehr ordentlichen Eindruck.

Risen 2

Ein weiteres Rollenspiel-Highlight steht bereits am 8. März an. Mass Effect 3 schließt die spannende Weltraum-Saga ab, die 2007 ihren Anfang nahm. Im großen Finale attackieren Reaper-Aliens die Erde - Commander John Shepard und Kollegen stellen sich ihnen zur alles entscheidenden Schlacht entgegen. Wichtigste Neuerung in "Mass Effect 3" ist der Multiplayer-Modus: Bis zu vier Spieler treten kooperativ in Missionen an, die mit der Haupthandlung verknüpft sind. Dafür erschaffen sie spezielle Multiplayer-Charaktere, die auch nicht-menschlich sein dürfen - zum Beispiel Kroganer, Salarianer oder Asari. In den Koop-Missionen fühlt sich "Mass Effect 3" wie ein taktischer Third-Person-Shooter an: Das wohlbekannte Ringmenü fehlt, stattdessen kommen maximal zwei Waffen und drei aktive Skills zum Einsatz. Laut Producer Casey Hudson wird die Solo-Kampagne aber weiter im Mittelpunkt von "Mass Effect" stehen. Wer fleißig Koop-Missionen absolviert, trägt jedoch dazu bei, die Bereitschaft der Bündnisstreitkräfte für die finale Reaper-Schlacht zu erhöhen. Verbessern lässt sich der Mobilisierungsgrad auch dadurch, dass man begleitende Apps auf dem Smartphone, in Facebook oder in Google+ zockt. Ob die Casual-Option auch Core-Gamer fesselt, bleibt indes abzuwarten.

Mass Effect 3

Äußerst spannend dürfte 2012 das Rennen bei den MMORPGs werden. "World of Warcraft" ist zwar noch immer klarer Marktführer. Weil aber die Nutzerzahlen stagnieren, wittert die Konkurrenz Morgenluft. Ende 2011 erschien Star Wars: The Old Republic - Analysten zufolge könnte es WoW zwischen 900.000 und 1,6 Millionen User abjagen. Größter Rivale im Fantasy-Genre ist Guild Wars 2, das von der US-Firma ArenaNet entwickelt wird. Auf der GamesCom 2011 zeigte ArenaNet eine Live-Demo, die bereits einige Stärken des Spiels andeutete: Neben einer exzellenten Grafik bietet Guild Wars 2 hochgradig dynamische Boss-Kämpfe und einen PvP-Modus, der - ähnlich wie so mancher Shooter - nach dem Kontrollpunktesystem funktioniert. Eine besondere Rolle wird in "Guild Wars 2" das Meer spielen: Rund 30 Prozent der Fläche liegen unter Wasser, der Spieler kann sich dort mit seiner Atemmaske uneingeschränkt bewegen. Aktuell befindet sich "Guild Wars 2" in der Closed Beta, ein Veröffentlichungstermin steht noch nicht fest. Eine interessante Alternative zur arg strapazierten Mittelalter-Fantasy ist The Secret World: Das MMORPG der Firma Funcom mischt antike Mythen, Themen der Popkultur und Verschwörungstheorien zu einer vielschichtigen Story, erster Schauplatz ist ein von Zombies überranntes Städtchen an der Küste Neuenglands. Auch sonst schert sich The Secret Life nicht um Genre-Konventionen: Hier gibt es weder Klassen noch Levelaufstiege.

Guild Wars 2

Für Strategiefans war 2011 ein durchwachsenes Jahr: Zu den wenigen Highlights zählten Anno 2070, Tropico 4 und Shogun 2: Total War. Weil Strategiespiele sich schlechter verkaufen als Action-Titel, investieren viele Publisher nun lieber in Browsergames. Löbliche Ausnahme ist Blizzard mit Heart of the Swarm, der ersten Erweiterung zu StarCraft 2. Auf der Blizzcon im kalifornischen Anaheim stellte das Unternehmen die Kampagne und die neuen Einheiten für den Mehrspielermodus vor. Im Mittelpunkt stehen diesmal die wehrhaften Zerg, die sich selbst widrigsten Bedingungen durch Mutation anpassen können. Angeführt wird der Parasitenschwarm von der macht- und rachdurstigen Sarah Kerrigan, die einst als Terranerin von den Zerg entführt und in ein Mischwesen verwandelt worden war. Heart of the Swarm soll mit 20 Missionen erheblich kürzer werden als Wings of Liberty: Die 29-Missionen-Kampagne des Vorgängers hätten zahlreiche Spieler als zu lang empfunden, so Blizzard.

StarCraft 2

Point-and-Click-Abenteurer werden 2012 reichlich mit Nachschub versorgt. Los geht's schon am 17. Januar - dann nämlich veröffentlicht Daedalic Entertainment ("Edna bricht aus", "Harveys neue Augen") das Adventure Deponia. Die romantische Science-Fiction-Komödie spielt auf einem Müllplaneten: Schrotthändler Rufus verliebt sich in die Oberschicht-Dame Goal, deren Gehirnimplantat bei einem Sturz vom Himmel Schaden nimmt - was wiederum zu allerhand Verwechslungen und Verwirrungen führt. Laut Creative Director Jan Müller-Michaelis verzichtet Deponia auf soziale und ökologische Botschaften, wiewohl der Müllplanet dafür allerhand Gelegenheit böte: "Mir geht es um das Einzelschicksal, das sich im Rahmen der gesamten Handlung entfaltet."

Deponia

Daedalic Entertainment wird 2012 auch "Das Schwarze Auge: Satinavs Ketten" veröffentlichen. Ursprünglich als Pen-and-Paper-Rollenspiel gestartet, hat DSA eine lange Tradition - Satinavs Ketten ist die erste Point-and-Click-Umsetzung überhaupt. Einen ganz eigenen, sehr poetischen Stil pflegt das Prager Entwicklerstudio Amanita Design: Machinarium (2009) war ein anrührendes Abenteuer um einen kleinen Roboter, die bevorstehenden Titel Botanicula und Samorost 3 versprechen ähnliche Highlights zu werden. Damit ist das Adventure-Jahr aber noch lange nicht zuende: Angekündigt sind unter anderem Jack Keane 2, Asylum und The Lost Chronicles Of Zerzura.

Journey

Auch 2012 wird es wieder einige Games geben, die sich nur schwer in Deutungsschubladen stecken lassen. Gerade wegen ihrer Rätselhaftigkeit und Interpretationstiefe gehören sie aber oft zu den schönsten Spielerlebnissen. In Journey sucht ein namenloses Wesen seinen Weg durch eine endlos scheinende Wüste - der Verzicht auf jegliche Art von Storytelling lässt den Spieler die Einsamkeit der abstrakten Landschaft nur noch stärker spüren. Schöpfer von "Journey" ist Jenova Chen, der schon mit "Flow" und "Flower" zwei sehr meditative Titel veröffentlicht hat.

The Last Guardian

Große Gefühle wird auch The Last Guardian von Fumito Ueda ("Ico", "Shadow of the Colossus") bieten: Das Adventure erzählt die Geschichte eines Jungen, der sich mit einem riesigen, greifenartigen Fabelwesen anfreundet - gemeinsam versuchen sie, den Ruinen einer gigantischen Festung zu entfliehen. "The Last Guardian" behandelt Themen wie Einsamkeit, Freundschaft und Mut - der Trailer fängt die Grundstimmung gut ein. Ebenfalls sehr vielversprechend sieht The Witness aus: Braid-Schöpfer Jonathan Blow schickt die Spieler auf eine Insel voller Rätsel.